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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 8
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Reiter, Joseph: Nachklänge zu den Artikeln über Schlußsteinfragen
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Mayer, Franz Xaver: Die Wandgemälde der Gottesackerkirche in Nußdorf, OA. Vaihigen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0071

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6

Anblick heftig erschüttert, wollte den Vor-
fall verbergen, raffte das Korporale zu-
sammen mib schob es, als sich das Volk
ans der Kirche entfernt hatte, unter einen
aufgehobenen Stein des Altars mit dein
Entschluß, von beut Vorgefallenen niemals
Offenbarung zu machen. Als aber später
Priester Otto gefährlich krank wurde, fiel
es ihm schwer, von der Welt 51t scheiden,
ohne feinen Frevel zu sühnen; er rief
seinen Gewiffeusrath und erzählte ihm
alles, was ihm bezüglich des heiligen
Sakraments begegnet sei, und bat ihn,
nach feinem Tode das Korporale 31t er-
heben und den Gläubigen zu zeigen, da-
mit sie im Glauben an dieses heilige Ge-
heimnis; bestärkt würden. Nach Priester
Otto's T od wurde das mit dem gekreuzigten
Christus 1111b den übrigen Veronikaange-
sichtern bezeichnete blutige Korporale un-
versehrt aufgefuudeu, als Heiligthum sorg-
fältig bewahrt itnb von den Gläubigen
ehrfurchtsvoll verehrt. Hub als später im
Laufe der Zeit dieses Wunder von Wall-
dürn verschiedene andere Wunder hervor-
rief, wurde das Korporale nach Rom ge-
schickt mib dein Nachfolger des hl. Petrus
über alles gewissenhafter Bericht erstattet.
Papst Eugen IV. bestätigte nach sorg-
fältiger Prüfung der mitgeschickte;! Akten
das geschehene Wunder und sandte das
Korporale mit einem erlheilteu Ablaß für
die Besucher der Kirche zu Walldürn —
und zwar für die Fronleiehnamsoktav
jeden Jahres — zurück. Die Bulle ist datiert
vom 30. April 1445. Seit jener Zeit
mehrten sich die Wallfahrten nach Wall-
dürn, es ivnrden die Wunder, welche da-
selbst geschahen, immer mehr bekannt, und
so läßt es sich, um ans unsere Bilder zu-
rückzukommeu, recht leicht denken, daß das
Ereignis; von Walldürn dieselben außer-
ordentlich beliebt geiuacht habe, so daß sie
allenthalben, namentlich aber auf den
Altären, Tabernakeln und Schlußsteinen
angebracht wurden. Unsere Verinuthnng
wäre zur Gewißheit erhoben, wenn eine
Untersuchung den Nachweis führen könnte,
daß die Veronikabilder vor 1445 weniger
erscheinen, und daß sie namentlich in Süd-
westdeutschland eine besondere Rolle spielen.

Aber ob so oder so, es bleibt dabei,
von den heiligen Wölbungen her hallt es
oftmals wider das frohe Sangeswort:

„Er, der holden Mutter Sprosse — Krönt
mit wundervoller Stiftung Seiner schönen
Tage Schluß."

Das die Nachklänge! Wir wissen recht
wohl, daß auch sie die Frage, was die
Schlußsteine sagen, nicht ganz lösen können,
aber ein Beitrag zur Lösung derselben
dürften sie immerhin genannt werden.
Als neue Aufgabe für den Forscher möchten
wir diesesmal bezeichnen die Prüfung des
Satzes von Krenser („Christl.Kirchenban" II,
S. 732):

„In den Bauten der Steinmetzenbrüder
kann noch jeder leicht bemerken, wie die
Gewölbeschlnßsteine in dein Laienschiff un-
bedeutend sind, im Chore aber an Umfang
und Schmuck wachsen, bis sie am Altäre
im Oberchore ihre höchste Größe und
Schönheit erhalten."

Sie Wandgemälde der Gottesackerkirche
in Nußdorf, DA. Vaihingen.

Voir F. X. Mayer, Pfr. in Ludwigsburg.

Van der Station Vaihingen führt der Weg
durch die Oberamtsstadt V a i h i n g e n mit seinem
hochgelegenen Schlosse, jetzt als Arbeitshaus ver-
wendet. Nachdem man die Enz überschritten,
muß man über eine Anhöhe in ein Nebenthälchen
nach Aurich niedersteigen, um wieder bergair
bis N u ß d 0 r f aus seiner luftigen Höhe zu gelangen.

In dem neu ausgebauten Schloß der Herrn
v. Reischach ist ein großer Neichthum an alten
Glasgemälden, Statuen, Möbeln von dem kleinsten
bis zum größten, der gerne den Besuchern gezeigt
wird. Was uns aber besonders anzog, war die
den: Schloß gegenübergelegene Gottesacker-
kirche oder zum hl. Kreuz, mit ihren Wand-
malereien aus dem Jahre 1482.

Diese Kirche ist erbaut 1482, hat einen gothi-
schen, aus dem Achteck geschlossenen hohen Chor
mit Strebepfeilern außen, Maßwerkfenstern und
einem Sterngewölbe im Innern. Der Thurm
ist nördlich au das Chor angebaut, geht oben in
das Achteck über; im Untergeschoß hat er ein
Kreuzgewölbe. Das Langhaus der Kirche ist
ganz einfach, hat neun Fenster und ist gedeckt
mit einer Holzdecke. Air der Nordwand des
Schiffes befindet sich ein altes Wandgemälde:
Die Verurtheilung Christi vor Pilatus, mit der
Inschrift: johannes truttwin, pfarrer sin goth.
Minuskeln). Links und rechts von: Triumph-
bogen sind noch Altarciborien zu sehen mit
eigenen kleinen Fensterchen und Kreuzgewölben
auf Freipfeilerchen. Unter dem auf der Epistel-
Seite ist eine gothische Figur in Holz erhalten:
Kreuzträger. Ein kleiner Wandtabernakel:
eine kleine Nische mit einem dreieckigen Giebel,
der einen Dreipaß einschließt, ist an der Chor-
wand.

Was aber besonders unsere Aufmerksamkeit
fesselt, das sind die Wandmalereien des
 
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