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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 10
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Rohr, Ignaz: Die christliche Kunst auf den Ausstellungen im Glaspalast und dem königl. Kunstausstellungsgebäude zu München, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0082
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— 74 —

Angehörigen legt sie vor dem Kruzifix ihre
Krone ab.

Die A b t h e i l u n g f ü r P l a st i k
bietet für unfern Zweck geringe Ausbeute.
Tüchtige Arbeiten sind einige Portrüt-
biisten von Geistlichen, darunter auch die
von Döllinger. Die voll Acsgr. Winge-
rath lvirkt etwas blöde lind pessimistisch.
Vielleicht denkt er gerade all Grupps
Recension seines Schutzkntechismus ans
den 80er Jahren. Daß das Modell
zum Standbild Vater Klieipps etwas mas-
sig wirkt, ist liicht die Schlild des Künstlers.
Eilien neuen Schmuck erhält die Lieb-
frallellkirche zu Müllchen in dem Cpi-
taphinnl des seligen Erzbischofs Thoina
(2454): eillFlügelaltärcheii von Wadere;
in der Mitte der Verstorbene im volleli
Ornat, links sein Patron, der hl. Antoniils,
rechts Maria mit beut Kinde. Dell beiden
Flügelbilderir lilöchte man etwas lnehr
Charakter mtb Jlidividnalität wünscheli.

Der Gesichtsansdruck des die Jllsnk
haltendeli Bischofs (2446) ist etwas in- j
dolent. V all der Etappell hat in seinem
„Verlorenen Sohn" (2199) die Erinnerrilig
an das verscherzte Glück des Elternhauses '
zll sprechendenl Allsdrnck gebracht. Von;
ungleichent Werth ist das Bild des hl. Fraliz ^
v. Assisi voll Bi olidi (2211) nlld das von
N o s i g ll o l i (2397); jenes hager, ruppig
gekleidet, mit emporgestreckten Händen liach
obeli strebend, als wollte er sich an den Wolken
sestkrallen, dieses eine liebliche Gruppe. ;
Christs Judith (2249) steht auf gleichem
Niveau mit Hjortzbergs Paultls lind im
Widerspruch mit der biblischen Darstellung.
De Haells hl. Georg (2265) fönute ebenso
gilt eilien röln. Legionär darstellen. Jera-
c e s „Myriam" (2326) entspricht beut Bilde
derselben bei Moses B u s e t t is Christosoro
(2237 b) geht all, ebenso Roncas „Mönch in
Gedanken" (2396). Calionicas Christus-
kopf (2244) ist lvie der voll Ceccarelli
(2248: ernst, wehmüthig edel, mit Dornen
gekrönt) eine tüchtige Arbeit. Ein seines
psychologisches Stimmlingsbild ist Elchs
Eva (2277). Schulz hat in feinem
Agnus Dei (2422) ein gelungenes Relief
ansgestellt, ebenso Kru se in seinen Bronze-
plaketten (Christus am Oelberg, die Füchse
haben ihre Höhlen re., ecce homo, mater
dolorosa). Anmuthig ist Akerillanns
Madonna mit Kind (2187).

Nun wäre noch beit Sez e s s i o n i ste it
eill Besuch zu machen. Zwar sind sie im
Glaspalast in stattlicher Anzahl vertreten,
lind die für unsere Zwecke in Frage kom-
lnenden Werke haben wir bereits charakte-
risirt, allein sie haben im Knnstaus-
stellungsgebäude noch eine besondere Aus-
stellung veranstaltet. Wer ihre Leistnngen
bisher verfolgt hat, der ist, zuntnl auf
kirchlichem Gebiet, aus Ueberraschnngen
gefaßt, aber so groß lvie diesntal, waren
dieselben noch nie. Der Katalog trägt
aus dem Umschlag dasselbe Emblem, wie
die früheren. Schlügt man ihn aber ans,
so begegnet mall Duimen wie Cimabne,
Bronzino, Dürer, Cranach, Amberger rc.
„Wie konlmt mein alter Flügelmann in
solche Compagnie?", möchte Ulan da mit
dem seligen Rodensteiner fragen. „Und
wo steht denn geschrieben zu lesen,
daß die Sezessionisten seien gewesen?"
Null belehrt uns allerdings der Katalog,
daß wir eine „Ausstellung von Meister-
werken der Renaissance ans Privatbesitz"
vor Nils haben, veranstaltet vom Verein
bildender Künstler Münchens „Sezession",
und man lvird beit Sezessionisten dank-
bar sein, daß sie diese dem Privatmann
int Original nicht gerade leicht zngüng-
lichen Kunstwerke der öffentlichen Betrach-
tungen erschlossen haben, und der Knnst-
frenild wird namentlich den ziemlich reich
ausgestellten Werken christlicher Kleinkunst
(Kelche, Emailarbeit, Elsenbeinschnitzereien)
seine Anfmerksamkeit znwenden.

Für den Berichterstatter genügt es, ans
sie hingewiesen und daran erinnert zu
haben, daß sie vornehmlich den Eichstädter
und Augsburger Diözesanmuseeu uttb der
Sammlung iil Sigmaringen entstaiilmeil.
Aber eine Frage darf man ivohl ans-
wersen: warum greift die Sezession ans
frühere Jahrhunderte zurück? Vielleicht,
um ihre Jünger bei denselben in die
Schule zu schicken? — schaden könnte
es gerade ihnen am welligsten — oder
um durch die Werke der Vergangenheit
die Mängel der Gegenwart zil verdecken?
Auch da wäre das Unglück llicht groß;
denn nach allein, was man bisher voll
der Sezession zu genießen bekam, kann
man sagen: Je ferner sie der christlichen
bleibt, um so besser.
 
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