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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 10
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [18]
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Reiter, Joseph: Gedanken über die porta clausa
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0085

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(Reihenfolge des Hymus „6e ouruibus
sanctis"). So malte sie Tizian, so ein
Glasfenster in Notre Dame 51t Bron mtb
der Skulptnrencyklus in der Kathedrale
zn Rouen, wo die Räder ihres Wagens
den Tod und die Häresie zermalmen, so
malte sie ferner Lncas Cranach in das
Gebetbuch Kaiser Maximilians, so Rubens
ltnb noch in der neuesten Zeit Joseph
von Führich.

Dieses Thema nun aber finden wir
auch noch fortgesponnen in unseren Varock-
nnd Zopfkirchen und manche Kirchenpla-
fonds dieser Spütstile enthalten, wenn
auch in mehr oder weniger veränderten
Kompositionen, diesen Triumph der Kirche
über ihre Feinde. Und so haben wir auch
mit Plafond des Mittelschiffes unserer
Kirche in K i ß l e g g in großer und siguren-
reicher Darstellung nichts anderes zu sehen
als eben diesen Triumph der Kirche
über die Häresie. (Forts, folgt.)

Gedanken über die porta clausa.

Von Pfarrer Reiter.

Wir haben uns neulich mit zwei Schluß-
steinen der Horber Liebfrauenkirche be-
schäftigt, heute mochten-wir Hinweisen auf
eine andere Eigentümlichkeit der genannten
Kirche, welche bisher weniger beachtet wor-
den zn sein scheint. Wir meinen das
innen zngemauerte frühgothische Portal
an der Nordseite des Chores. Allerdings
wird dasselbe in den einschlägigen Tüchern
erwähnt, so z. B. in den „Kunst- und
Alterlhnmsdenkmalen" von Di\ Paulus,
welcher auch eine Abbildung desselben
bringt. Allein cs will uns bedünken, daß
das gedachte Portal nicht bloß für die
Baukunst, sondern auch für die Symbolik
in Betracht komme.

Dasselbe ist ziemlich hoch gelegen, und,
nwllte man es benützen, so müßte man
erst eine Reihe von Staffeln bauen, mit
zu ihm zu gelangen. Aehnlich mochte es
schon in den früheren Jahrhunderten ge-
wesen sein. Bedenkt man nun aber weiter,
daß der Chor ehedem Burgkapelle der
Burg „Herrenberg" war, dann darf man
mit Recht annehmen, daß die Pforte von
den Bewohnern der Stadt kaum benützt
werden durfte, selbst wenn man sie ohne;
Schwierigkeiten hätte benutzen können.

Sv treffen also zwei Umstände zusam-
men, welche uns den Gedanken aufdrängen,
daß das fragliche Portal nicht praktischen,
sondern anderen, und zwar symbolischen
Zwecken zn dienen bestimmt gewesen sei,
daß wir es hier höchst wahrscheinlich mit
einer sogenannten porta clausa zn thnn
haben. — Was hat man unter derselben
zu verstehen?

Die zngemauerte Thüre oder das durch
Manerwerk geblendete Portal (wohl auch
bisweilen eine Thürnische?) in den Kirchen
des 11. bis 15. Jahrhunderts nennt man
die porta clausa. Der Name kommt
daher, weil damit sinnbildlich das für den
'Menschen seit dem Sündenfall verschlossene
Paradies angedentet werden soll. Damit
ist aber die Bedeutung der porta clausa
noch nicht erschöpft. Wie die Kirche im
Hinblick ans Ezechiel 4P 2 Maria selbst
als verschlossene Pforte bezeichnet, durch
welche nur der Herr, Israels Gott, hin-
dnrchging, so sollte auch die porta clausa
au den Gotteshäusern ans Maria hin-
denten und sie als jungfräuliche Mutter
feiern. Im Wesentlichen stimmt also das
Bild von der porta clausa mit dem
hortus conclusus (Hoheslied 4, 12)

überein.

Unsere obige Vermnthnng aber dürste
um so mehr gerechtfertigt sein, als es
sich in Horb um eine Kirche handelt,
welche der Mutter Gottes geweiht ist.

Fragt man nach dem Ort, wo die
porta clausa gewöhnlich angebracht oder
angedeutet ist, so muß zwischen den Kirchen
romanischen und gothischen Stiles unter-
schieden werden. Im Allgemeinen läßt
sich die Wahrnehmung machen, daß die-
selbe bei romanischen Kirchen meistens
innerhalb, bei gothischen dagegen meistens
außerhalb derselben erscheint und zwar
im Chor, im Langhaus und besonders
gern im Qnerschiss. Dabei ist sie in der
Regel nach Osten (Ezechiel 44, 1) oder
Norden gekehrt, wie ja auch in Horb
die Nordseite das geschlossene Portal
zeigt.

Außer der Liebsranenkirche zu Horb be-
sitzt unseres Wissens auch noch die Kirche
zn Alpirsbach die porta clausa und zwar
im Langhaus ans der Nordseite, gegen
; den Chor hin. Es ist aber mit Sicher-
| heit anzunehmen, daß sich einer ans-
 
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