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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 10
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Reiter, Joseph: Gedanken über die porta clausa
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Mayer, Franz Xaver: Beschreibung der Stiftskirche in Comburg, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0086

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merksamen Forschung noch manche Thore,
namentlich bei den Biarienkirchen, er-
schließen werden. Sehr interessant will
es uns Vorkommen, daß in der Stadt-
pfarrkirche An Ravensburg, welche Maria
iiub Andreas zu ihren Patronen zahlt,
an dem Chorgestühl daselbst ein Brustbild
des Propheten Ezechiel 511 sehen ist, welcher
in einer Hand das Modell einer geschlos-
senen Thüre tragt. Es ist das ein An-
klang an jene Darstellung am Portale des
Münsters 511 Freiburg, wo 51t den Füßen
Mariä der Prophet Ezechiel schlafend ab-
gebildet ist, welchen! die verschlossene Pforte
im Traume gezeigt wird.

Wir wollen diese Darstellungen nicht
weiter verfolgen, dagegen noch daran er-
innern, daß Maria von der Kirche nicht
bloß als poiia clausa, sondern auch als
pervia coeli porta gepriesen wird, als
die goldene Pforte an der Morgenseite,
bei welcher die Gnade des Weges ist, und
durch welche wir zn Christus konunen,
wie Christus durch sie zn uns gekonunen
ist. Auch dieser Gedanke hat in unseren
Kirchen Gestalt gewonnen, indein über den
Portalen (Christus allerdings im vollen
Sinne des ostium) vielfach das Bild
Mariens angebracht ist, wie ja auch
der hl. Karl Borromäns eine hieraus be-
zügliche Anordnung getroffen haben sott.

Beschreibung der Stiftskirche in (Lomburg.

Von F. X. Mayer, Pf. iit Ludwigsburg.

Ilm die Beschreibung der Sehenswürdigkeiten
und Alterthüiner in Coiuburg abzuschließen, er-
übrigt uns noch, die g ro ß e S t i ftsk i r ch e da-
selbst den Lesern des „Archiv" vor die Augen
zu führen. Dieselbe bietet durch ihre Größcuverhält-
nisse und Höhe soivohl von 'Außen als Junen einen
gewaltigen Anblick. An ihrer Stelle stand vorn
11. Jahrhundert bis 1706 eine romanische Pfeiler- !
basilika. Da die Nordwand derselben baufällig
wurde im Lauf der Jahrhunderte, wurde diese
dreischifsige Basilika in eine dreischiffige Hallen-
kirche im Barockstil 1707—1715 umgebaut und
erhöht. (Accord für den Umbau clr. „Archiv"
1897 S. 26.) Am 15. September 1715 wurde
dieselbe eiugeweiht von Johann Philipp
v. Greisfenklau, dem 70. Bischof von Würz-
burg (1699—1719) unter großem Zulauf der
Gläubigen. Dies geschah unter dem 17. Propst
Georg Heinrich v. Stadion (1685 1716)

und dem 18. Dekan Will). Ulr. v. Guttenberg
(1695—1736). Die drei romanischen Thür ine
von der alten Kirche blieben beim Umbau steheii
und sind im „Archiv" (1897 S. 26) beschrieben.
Die U h r im Nordthurm des Chors trägt die
Inschrift: Melchior Doser Elw. 1735. Sie

hat ein Zifferblatt auf dem südlichen Chorlhurm
nach Süden xntb eine Uhrentafel auf dem Nord-
thurm nach Norden (der Schauseite der Kirche).
Letztere Tafel hat die Jahrzahl 1736 und trägt
die Wappen von Coiuburg und des Fürstbischofs
S ch ö n b o r n von Würzburg oben, und das des
18. Propstes Veit von Würzburg (1716
bis 1756) und des 19. Dekans Joh. Phil.
H e i n r i ch von E r t h a l (1736—70) unten.

Die Glocken in diesen drei Thürmen waren
neun an der Zahl und harmonisch klingend.
Heute sind es noch acht. Sie können durch
steinerne Wendeltreppen im nördlichen Chor-
thurin bis zum Dachboden der Kirche und von
da durch Holztreppen erreicht werden.

Im südlichen Chorthurm hängen drei
Glocken:

1. Die älteste mit der Jahrzahl 1521 und
der Aufschrift (in Minuskeln): osanna heis ich,
in unsrer Fraun er leut ich, bernhart lachaman
gos mich. 1. O. Z. I. Die Inschrift aber lautet
(in Majuskeln): Wan es wart nie so noth, Herre

S. Nieoelaus! uns berot (— berate).

2 Die größere der beiden andern hier han-
genden Glocken trägt die Aufschrift: ad per-
peiuam memoriam me fecit leonhardus Lü.v;
laudate deum in cymbalis bene sonantibus.
ao 1630.

3. Die kleinere: Bechtold meslang zu heil-
pronn gos mich. 1582.

Im nördlichen T u r in hängt

4. eine Glocke vom Jahr 1630;

5. eine ohne Jahrzahl, aber nicht alt, und

6. eine dritte von 1582 (zwei davon werden
nicht geläutet, sondern nur zum Schlagen für die
Uhr benützt). Auf einem Glockenstuhl fehlt die
neunte Glocke.

7. Ganz im Helm oben ist die kleinste
Glocke, nur zum Schlagen verwendet mit der
Aufschrift: In Gottes'Namen. Johann Leonhard
Lösch 1740 von Morspach nach Coiuburg ins
Stift. Auf dieser Glocke ist ein sehr schönes
Basrelief: Christus am Kreuz mit Maria und
Johannes unter demselben und das Erthal'sche
Wappen mit der Umschrift: Johann Philipp
Heinrich von und zu Erthal, Decanus Coiuburg.
1740.

8. JinWestthurm hängt die größte Glocke
von 1772 mit dem Wappen des 20. und letzten
Dekans Joh. Gottfried Lothar Franz Freiherr
v. Greisfenklau (1771 — 1803).

D a s A e u ß e re der Kirche
bietet einen imposanten Anblick durch die Höhe
und Länge. Der hohe Sockel um die ganze Kirche
und die Lisenen zwischen den Fenstern wurden
beim Umbau eingefügt. Die neun Nundbogeu-
fenster auf jeder Seite mit Skulpturiverk dar-
über sind durch eine steinerne Mittelsäule ge-
teilt, welche oben in Maßwerk auslauft, und von
mächtiger Höhe. Das Dach darüber ist sehr-
steil, mit Schiefer gedeckt und über dem Chor
mit einem schmiedeisernen Kreuz mit schönen
Blumen und dem Nanienszug Mariä versehen.
Um das Unschöne dieses steilen Daches nach
Westen etwas zu mildern, wurde die Westfayade
über das Dachgesims erhöht. (Bei der alten
 
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