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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 1
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Rohr, Ignaz: Philipp Veit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0009

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lserausgegcbcu und rctncjirt wen Pfarrer Detzcl in ft. Lhristina-Ravcnsburg.

Verlag des Rottenburgcr Diözesan-Iknnstveretus;
Aommissionsverlaa der Dänischen Buchhandlung (Friede. Silber) in Ravensburg.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für Al. 1.95 durch die nnirttembergischen, Al. 2.02
- ^ durch die bayerischen mrd die Reichsposlanstalten, Kronen 2.54 in Oesterreich, Fres. 3.40 in

Jm' T der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden auch angenommen von allen Allchhalidlungen

sowie gegen Einsendung dec; Betrags direkt von der Tornschen Verlagsbuchhandlung in S
Ravensburg (Württemberg) zuln Preise von Al. 2.05 halbjährlich.

Philipp Veit.

Von vr. I. Rohr, Stadtpfarrer in Geislingen
n. d. Steig.

Der Besucher der Berliner Notioiml-
gallerie kann sich eines Gefühls der Er-
nüchterung nicht erwehren, wenn er von
den Bildern Bvcklin's herkoiilmt mit der
Realistik ihrer Darstellung und der Leucht-
kraft ihrer Farben, und dann Halt macht
vor den Fresken ans der Casa Bart-
hordy mit der Einfachheit ihrer Anord-
nung und der Anspruchslosigkeit ihres
Kolorit's.

Sie muthen einen an wie die schlichten
und doch so gemüthsinnigen Märchen der
Rinderzeit, und man hat das Gefühl,-als
müßte man wieder zum Kinde werden,
um eine volle, ungetrübte Freude an ihnen
zu haben. Man usird durch dieselben aber
auch thatsächlich mitten hineinversetzt in
das Kindesalter der neueren deutschen
Kunst, und es geht einem wie dem fein-
sinnigen Grafen Raszynski: man ineint
vor der Krippe zu stehen, ans der einem
das in Armuth geborene, aber i>n heiligen
Geiste reiche Kind, die neue deutsche Kunst,
mit lebensvollem Auge entgegenlächelt.

Bei oberflächlicher Betrachtung muthen
die Bilder an, als stammten sie alle vom
selben Meister. Bald aber zeigen gewisse,
konstant wiederkehrende Vorzüge und
Mängel, daß inehrere Hände thütig waren,
und daß cs ein Kollektivwerk einer von
denselben Idealen getragenen, aber doch
auch wieder durch persönliche Eigenthümlich-
keiten, starke wie schwache Seiten indivi-
dualisirten Schule ist: Wir stehen vor der
Hanptleistung derNazarener. Eine Schwäche

haftet ihr in allen ihren Theilen an: die
Nüchternheit der Farbengebung; nur die
Bilder zweier Meister kranken an diesem
Gebrechen nicht so, wie die der andern:
der eine derselben ist Philipp Veit.*)

*) Die folgenden Ausführungen lehnen sich,
soweit es sich nicht um die Wiedergabe persön-
licher Eindrücke bei der Betrachtung der dem
Verfasser erreichbaren Werke Veit's int Original
handelt, hauptsächlich au die soeben als Bauv 51
der von H. Knacksuß redigirten Künstlermono-
graphien (Leipzig, Velhagen und Klasing 1601,
gcb. M. 0.—) erschienene Arbeit von M. Spahn
an. Dieselbe ist mit ebeitsoviel Wärme und Be-
geisterung, als Sachkenntnis; tind Gründlichkeit
geschrieben. Sie liest sich leicht, gibt in den
Abbildungen fast das ganze Lebcnswerk Veit's
wieder, zeichnet in kurzen, aber scharfen Zügen
die wechselnden Zeitverhnltnisse, unter denen Veit
sich entwickelte, wie die Kunstrichtungen, mit
denen ec sich, sei es sympathisch, sei es auti-
pathisch, berührte und führt spielend in das Vcr-
ständniß der Prärafaeliten ein. Es ist darum
nicht lediglich die Pietät gegen einen Mann oder
vielmehr Männer, die Geist von unserem Geist
waren und die christliche Kunst wieder zu Ehren
brachtet;, sondern es ist vor allem die Gediegen-
heit des Inhalts, welche die Schrift empfiehlt.
Sie zeigt den bereits als Historiker bekannten
Verfasser von einer neuen Seite und weckt den
Wunsch nach mehr dergleichen. Es war ein guter
Griff der Redaktion, daß sie die Behandlung Veit's
einem überzeugten Katholiken übertrug. Möchte
sie ihm doch auch die übrigen, 'noch nicht behan-
delten Nazarener überlassen. Gewisse Richtungen
auf unserer Seite werden die eine oder andere
Aeußerung des Verfassers mißbilligen und sich
durch dieselben au die Preßcrörterungen der letzten
Wochen erinnert fühlen. Sie mögen jedoch nicht
vergessen, das; einfach Thatsachen registrirt oder
Urtheile von Zeitgenossen angeführt werden. Auch
der schärfste Kritiker wird Spahn die Anerkennung
nicht versagen dürfen, daß er den Fehler so
mancher Monographie, die unbegrenzte und un-
bedingte Verherrlichung des Gegenstandes, glück-
lich vermieden hat und ein feines Kunstvcrftäud-
 
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