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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 1
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Rohr, Ignaz: Philipp Veit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0010

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Das Leben wie die Kunst Veit's bewegt
sich nicht in einer geraden, auf ein Ziel
lossteuernden Linie, sondern in Windungen,
in Hebungen und Senkungen. Ans einer
unglücklichen jüdischen Ehe abstanunend
(gcb. 1793), gehörte er schon von Geburt
aus jenem intelligenten, aber lockeren Kreis
an, den seine Mutter Dorothea Veit,
Moses Mendelssohn's Tochter, mit ihren
Freundinnen um sich zu bilden wußte.

Bald folgte sie mit ihrem Sohn Philipp,
nach vollzogener Auflösung ihrer Ehe, dem
„Götterbnben" Friedrich Schlegel nach
Jena, dann nach Paris, hierauf nach Köln,
n>o Schlegel und Dorothea znm Katholi-
zismus übertraten. Da rief den kleinen
Philipp (1806) sein jüdischer Vater wie-
der zurück, entließ ihn aber 1808 nach
vielen vergeblichen Versuchen, ihn für den
Glauben seiner Väter zu retten, zu seiner
Aiutter nach Dresden. 1811 siedelte
Philipp nach Wien über, nachdem er 1810
schon vorübergehend dort geweilt hatte,
um sich durch Clemens Hoffbauer auf die
heilige Taufe vorbereiten zu lassen. 1813
schließt er sich mit Eichendorff dem
Lytzow'schen Freicorps an und avancirt zum
Schwadronschef für den erkrankten Fouqne.
Im Sommer 1814 treffen wir ihn in
Berlin, im Januar 1815 wieder in Wien,
im Sommer in München und dann in
Oberitalien, endlich im November in Rom
als Genossen der Nazarener. Dort ver-
mählt er sich (1821) mit der Tochter sei-
ner Hauslente. Im Herbst 1829 erhält
er einen Ruf als Vorstand für das
Stndel'sche Institut in Frankfurt. Als
solcher behauptet erst sich bis 1843, wo
er sich veranlaßt sieht, seine Stelle nieder-
znlegen. Doch kann er sofort eine eigene
Schule gründen in Sachsenhansen. Im
Jahre 1854 siedelt er nach Mainz über.
Der Tod rafft ihn dahin am 18. De-
zember 1877.

Ist so sein äußeres Erdendasein ein
Wandern, so ist noch viel mehr sein Innen-
leben ein beständiges Werden. Verhältniß-
mäßig früh hat er sich dem katholischen
Glauben zngewandt und ihn sich schließlich

»iß und eins Kenntnis; des kunsthistorischen Details
in einem Maße besitzt, wie sie ans unserer Seite
nicht allzu oft sich finden. Eine jugendliche
Kraft hat sich erstmals auf einem neuen Gebiet
versucht. Mögen noch viele solche Versuche folgen.

geradezu erstritten; aber mühsam mußte
er ihn sich dann erst innerlich zil eigen
machen und behaupten. Hub noch viel
heißer war sein Ringen um die Meister-
schaft in der Kunst. Sie war nicht schon
seine Genossin von früher Jugend an,
sondern unerwartet, plötzlich entschied er
sich für sie. Jena, Paris und Köln lagen
bereits hinter ihm. Während der Kämpfe
um den neuen Glauben fragte ihn sein
Bruder, ein angehender Maler, dem er
gerade Farben rieb, im Scherze, ob er
wohl auch Künstler werden möchte. Er
sagt ja, und damit war die Bernfsfrage
erledigt. Sein Lehrer wurde Matthäi in
Dresden. Mit wahrem Feuereifer nlachte
sich der fünfzehnjährige Kunstjünger daran,
seiner Muse ihre Geheimnisse abzulauschen,
und Hand in Hand mit seiner beruflichen
Ausbildung ging die gesellschaftliche. Für
die eine wie für die andere hatte die Natur
wie die Erziehung eine gute Grundlage
gegeben. Das Interesse für die Kunst
wuchs mit bem Können, und dem schönen,
frühreifen, gewandten jungen Mann mit
den sprühenden Augen, den wallenden
Locken, dem nie versiegenden Humor und
bem soliden Wissen öffneten sich alle Kreise
mit Freuden. So blieb es zwei Jahre,
während welcher er hauptsächlich im Zeich-
nen sich geübt hatte. Da begann er auf
einmal, sich einznreden, auch das rein
Technische könne blos bis zu einem ge-
wissen Grade gelehrt und gelernt werden.
Die Vollendung aber müsse von innen
quellen, und so sagte er denn Dresden
und dem Lehrer Valet und reiste in die
Kaiserstadt an der schönen blauen Donau,
ivo sein Stiefvater eine Anstellung erhalten
hatte.

Mt ein bischen Sehnsucht nach dem,
was er hinter sich zurückgelassen hatte,
mit recht viel Hoffnung bezüglich dessen,
was die Zukunft ihm bringen könnte,
stand er nun vor der Staffelei, zeichnete,
porträtirte, und zwar mit gutem Erfolg,
seine nächsten Bekannten, pfiff sein Lied-
lein, machte dann und wann auch schon
Versuche auf dem Gebiet der Farben, und
wartete zukunftsgewiß, wann einmal die
Vollendung von innen heraus quellen
würde — aber sie quoll eben nicht. Da
und dort machte sich noch das Ungenü-
gende seiner zeichnerischen Schulung fühl-
 
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