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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 4
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Rohr, Ignaz: Die kirchliche Kunst in der "Württemb. Metallwaarenfabrik" und der galvanoplastischen Kunstanstalt in Geislingen a. St.
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0048

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39

sichtlich von ihm beeinflußt ist der von
Matt, ebenso die von Pohlmann und
Nösch. Eine ergreifende, auch für Kirchen
verwendbare Gruppe ist die über lebens-
große Pieta von Kramer - München. Eine
zweite, etwas kleinere Pieta (Katalog
Nr. 670) eignet sich gleichfalls ftir beide
Zwecke. Daran schließt sich eine ganze
Reihe von Engelsfiguren, Genien, Frauen-
gestalten, in denen alle Stimmungen zum
Ausdruck kommen, die das Grab um-
schweben: Schmerz, Trauer, Klage, Er-
gebung, Hoffnung, frohe Zuversicht.

Die Christusbüste, die Bilder der Apostel-
fürsten, von Maria und Joseph, der Auf-
erstandene mit der Osterfahne, je mit ent-
sprechendem Sockel, oder die Reliefs der
dritten und fünften Kreuzwegstation, in
einen entsprechenden Stein eingelassen,
sind ein durchaus würdiger und sehr dauer-
hafter Schmuck, der später, wenn der
Todte allenfalls ansgegraben wird, der
Kirche vermacht werden kann und ihr noch
auf Jahrhunderte zur Zierde gereicht. Grab-
platten für Gottesackernischen, Mausoleen-
und Kirchenwände werden von: Adel mit Vor-
liebe bestellt. Die allerliebsten Kinder und
Engelsfigürcheu für Kindergräber dürfen
nicht übergangen und die Urnen und
Embleme (Kränze, Palmen, Symbole für
Glaube, Hoffnung und Liebe) müssen gleich-
falls erwähnt werden.

Der beste Beweis für den künstlerischen
Werth der genannten Werke sind die vielen
Bestellungen nach München, und ein Gang
auf den Gottesacker daselbst lehrt, welch'
angenehmen Eindruck sie machen.

Ein monumentaler und dauerhafter
Schmuck für den Friedhof als solchen ist
die Kalvariengruppe: Christus am Kreuz
mit Maria und Johannes zu seinen Fiißen.
Dasselbe gilt mehr oder weniger von den
ca. 24 verschiedenen Christuskörpern in
diversen Größen für Gottesacker-, Chor-
bogen- und Feldkreuze. Fast alle Stiin-
mungen kommen in ihnen zuiu Ausdruck,
welche in den sieben letzten Worten nieder-
gelegt sind.

Beim

K i r ch e u s ch m u ck

im engeren Sinne handelt es sich um
Architekturtheile, sowie auch um größere
Einrichtungsgegenstände. Zu den erstereu

gehören vornehmlich Kapitäle. Solche
wurden (zehn Stück) gefertigt für die
katholische Kirche in Bern. Auch zu
einem Altar der neuen Elisabetheukirche in
Stuttgart wurden die Kapitäle hier ge-
gossen. Aus der Schweiz wurdeil der
Fabrik Modelle für die Stationen zur
Ausführung in Hohlgalvano übergeben,
welche es wohl verdienten, der Oeffent-
lichkeit zugänglich gemacht zu werden.

Die Krone aller kirchlichen Arbeiten
dürfte der Aufsatz des Hochaltars für die
neue Roseukranzkirche in Steglitz - Berlin
sein, entworfen von dem Geh. Regierungs-
rath Christoph Hehl, Professor an der
technischen Hochschule zu Charlottenburg.
Die Altarretabel ist in Hohlgalvano, der
Ciborienaufsatz in Kerngalvano ausgeführt,
ebenso vier freistehende Engel auf Säulen,
welche sich um den Altar gruppiren, und
den Stangen für Teppiche als Träger
dienen. Der Altar ist nach mehr als einer
Seite bemerkenswerth. Denkt man sich die
von hohen Säulen gehaltenen und von
kerzentragenden Engeln überragten Vor-
hänge weg, so erscheint er für seine Breite
unverhältnißmäßig hoch. Durch die Draperie
und die Engel jedoch wird das richtige
Berhältniß wieder hergestellt und der Ge-
sammteindrnck der Dimensionen ist ein
harmonischer. Die Mensa ist sehr einfach,
aber doch vornehm. Der Altaraufsatz be-
deutet wieder einmal etwas Neues gegen-
über den: nachgerade stereotyp werdenden
Nischensystem. Der Tabernakel mahnt in
seiner schlichten Anlage an das Grab des
Herrn; aber das Bild des oberhalb des-
selben thronenden Christus bringt uns
sofort zuiu Bewußtsein, daß der Herr Tod
und Grab überwunden — und ebenso,
daß der in der unscheinbaren Brodsgestalt
Verborgene in: Himmel thront in Herr-
lichkeit und dereinst die ganze Welt um
seinen Richterstuhl versammeln wird. Das
obere Drittel der beiden Retabelhälften
links und rechts vom Tabernakel nehmen
die Brustbilder der zwölf Apostel ein;
nicht in byzantinischer Steifheit und Ruhe,
sondern miteinander sich besprechend und
ihre Rede mit Aktionen nach dem Mittel-
punkt hin begleitend. Die unteren zwei
Drittel haben das Abendmahl und die
Hochzeit zu Kana, gleichfalls Reliefs, aus-
j genommen. Auch hier herrscht Leben, und
 
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