Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Bach, Max: Die angeblichen Bilder Holbein des Aelteren im Dom zu Augsburg, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0050

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
41

und Stoedtner noch einer weiteren genauen
Prüfung unterzogen hat, kommt der Name
unseres Künstlers erstmals 1494 vor mit
der Beifügung, daß er in diesem Jahr
nichts bezahlt hat. Stoedtner begründet
das durch Belege, denen zu Folge Holbein
in diesem Jahre geheirathet habe und da-
her, wie es damals üblich war, von der
Steuer befreit gewesen sei. Ter Vater
unseres Hans, Michel Holbein zahlt seine
Steuern bis 1482, wo er gestorben zu
sein scheint. Im Jahr .1472 finden wir,
ganz ähnlich wie bei seinem Sohn, im
Steuerbuch den Eintrag „Michel Holbain
nihil". Hier ist nun allerdings ein wunder
Punkt in den Ausführungen Stoedtners;
wenn Michel schon 1451 Steuer bezahlte
und später, wie aus den Registern her-
vorgeht, in drei oder gar vier verschie-
denen Straßen Häuser besaß, so kann er
nicht erst 1472 geheirathet haben, schon
deshalb nicht, weil er nach dem Eintrag
„Vom Diepolt" schon ini Jahre 1478
eine verheirathete Tochter besaß. Wenn
nun Stoedtner noch weiter beizieht, seit
1477 tauche außer dem Namen Michels
noch eine „phleg Holbains" auf, welche
eine bedeutende Summe entrichte, die 1505
nach dem Tode der Mutter des Hans auf-
höre, so weist das auf eine Trennung der
Ehegatten, was noch dadurch wahrschein-
lich wird, daß 1478 Mann und Frau in
verschiedenen Quartieren wohnen. 1483
finden wir das Ehepaar wieder beisammen
in ihrer alten Wohnung „zum Schlächten-
bad", 1484 steht unter „vom Bilgrim-
hus" Michel Holbain; hier dürfte aber
schon seine Wittwe darunter zu verstehen
sein, indem darauf folgt: „Anna ir

Tochter" und gleich darauf „Michel Hol-
bainin". Michel muß demnach schon vor
1484 gestorben sein, als sein Sohn Hans
erst ein Alter von kaum zehn Jahren
erreicht haben konnte. Das entspricht nicht
den gegebenen Verhältnissen, wir dürfen
hier nicht das Jahr 1472 als das Jahr
seiner Verheirathnng ansehen und können
somit auch nicht bei seinem Sohn den
entsprechenden Eintrag von 1494 als das
Jahr seiner Verehelichung bestimmen. Es
müssen diese Einträge irgend einen andern
Grund haben, der uns vorerst verborgen
bleibt.

Nun haben wir aber noch weitere Argu-

mente, denen zufolge man auf das Lebens-
alter Holbein des Aelteren Schlüsse ziehen
kann, nämlich die Porträts. Stoedtner
legt darauf keinen Werth und behauptet,
der Versuch, auf Grund von einigen Por-
träts eine Zeitbestimmung git geben, sei
völlig mißglückt. Er sagt uns nicht wa-
rum und aus welchen Gründen die daraus
gefolgerten Schlüsse unhaltbar sind. Meines
Wissens ist das Porträt Holbeins mit
seinen beiden Söhnen auf dem Gemälde
der Paulusbasilika von 1504 noch nie-
mals bestritten worden, ich wüßte auch
nicht, welche andere Familie hier in Be-
tracht kommen könnte. Bekanntlich gehört
dieses Bild zu dem Cyklus von Gemälden,
welche die Nonnen des St. Katharinen-
klosters in Augsburg seit 1490 bei ver-
schiedenen namhaften Künstlern der Stadt
bestellt haben. Die Basilika des hl. Paulus
wurde nach den Klosterannalen von Ve-
ronika Welser gestiftet, welche 1503 Priorin
war und gleichzeitig auch noch ein anderes
Bild „von heilig Creiz" Herstellen ließ,
welches Burgmair 1504 gemalt hat.
Sandrart erwähnt das Bild ebenfalls und
theilt eine Inschrift mit, welche ans der
alten Rahme gestanden haben soll; sie
lautet: „Praesens opus complevit Jo-
hannes Holbein civis Augustanus".
Wir dürfen hier Sandrart vollen Glauben
schenken, da zu seiner Zeit Jnschriften-
fälschungen noch nicht gebräuchlich waren,
und auch Paul von Stetten im Jahr 1765
die Inschrift bestätigt l).

Die Urheberschaft Holbeins ist also hin-
länglich dvkumentirt und wird durch das
Anbringen seines Porträts vollends zur
Gewißheit. Eine Frage ist nur die, wel-
ches Alter man dem Künstler und seinen
Söhnen beilegen will. Ist Holbein der
Aeltere erst nach 1472 geboren, so kann
er ans dein dargestellten Porträt höchstens
32 Jahre sein, was unmöglich ist, beson-
ders auch in Anbetracht des weiteren Por-
träts, was wir von ihm haben, auf dem
Sebastiansaltar von 1515, wozu man
eine gleichzeitige Studie hat, welche mit
dem Namen des Künstlers versehen ist2).
Diesem Porträt ist mindestens ein Alter
von 50 Jahren beiznmessen. Holbein muß

') Siehe dagegen unten (nächste Nummer).

2) Weltmann I. S. 41 und a. a. O.
 
Annotationen