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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 4
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Bach, Max: Die angeblichen Bilder Holbein des Aelteren im Dom zu Augsburg, [1]
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Schön, Theodor: Die Glockengießerkunst, [1]: in den Reichsstädten Biberach, Hall, Heilbronn, Ravensburg, Reutlingen und Rottweil
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0052

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43

meiitirt und die Taufe auf seinen Namen !
beruht zumeist auf Fälschungen von In-
schriften, Monogrammen, ja sogar Urkun-
den, wie ich, horribile dictum, jetzt erst
erkennen muß. (Forts, folgt.)

Die Glockengießerkunst

in den Reichsstädten Biberach, Hall,
Heilbronn, Ravensburg, Reutlingen

und Rottweil.

' Von Theodor Schön.

Während des ganzen Mittelalters und auch
in den folgenden Jahrhunderten lag die Pflege
der edlen Kunst des Glockengusses in Schwaben
und Franken in den Händen der Reichsstädte.
Des Glockengusses in den Reichsstädten Ulm und
Eßlingen ward in dieser Zeitschrift in den Jahr-
gängen 17, S. 97 — 99, 103—106, 18, S. 6—8,
35—40, 101—107 gedacht.') Aber auch in
andern, jetzt zum Königreich Württemberg ge-
hörigen Reichsstädten blühte die Glockengießer-
tunst.

1. in Biberach.

Bereits frühzeitig wird hier ein Glockengießer
erwähnt. Die Reihe eröffnet Oswald Kißling.
Die große Glocke in Langenau, OA. Ulm, hat
die Umschrift: O * maria^ * gvtes * celle *
Hab * in * huot * was » ich * überschelle *
Osanna * Hais * ich * maister * oswalt * von
bibrach * gos * mich * anno * domini *
MCCCCLXVI. Luz, Biberach, S. 75 meldet:
anno 1476 hat Meister Oßwald Kisling von
Biberach den Memmingern ihre große Glock für
deren Liebfrauen Kirch gegossen. Man gab ihm
vom Zentner zu gießen 1 Gulden und hat die
Glock ein Geivicht von 75 Centner 9 Pfund.
Nach Ostermayer, Biberach S. 117 geschah dies
1474. Die Glockengießer genossen in Biberach
hohes Ansehen. Am 19. Sept. 1485 ward be-
stimmt : jeglicher Bürger, welcher des Geschlechtes
Gesellschaft incorporirt ist, mag fall haben
Glocken-Speyse (Luz, Biberach, S. 14 78). 1497
lebten in Biberach Oswald und Martin Kis-
ling als berühmte Glockengießer (ebenda S. 82).
Marx Hill er von Biberach goß angeblich 1520
die große 123 Zentner schwere Glocke im großen
Thurm der Stiftskirche in Stuttgart. Doch ist
Hitler wohl Lesefehler für Kißling. Rach andern
Nachrichten goß nemlich Martin Kißling von
Biberach 1520 die große oder Guldenglocke auf
dem großen Stiftskirchenthurm und die große
Glocke ans dein kleinen Thurm, welche die Namen

') Zu Jahrg. 1900, S. 103 ist noch nachzu-
tragen : das; Pantlion Sydler von Eßlingen
1497 eine Glocke zu Hohenstaufen, OA. Göppingen,
gegossen hat, auf welcher steht:

fulminis emittas cirille vernula cristi.
procul sagittas ne nos ledant necce tristi.
Zu Jahrgang 1899, S. 97 ist noch nachzu-
tragen, daß 1439 vorkommt Hans Glocken-
gießer, Bürger zu Ulm und sein Sohn Caspar
(Prof. Mills, Nürnberg. Münzbelast. B. IV,
Stück XXXIV, Seite 324).

Osanna uicd Singerin bekamen. Jene wiegt
123 Centner 13 Pfund, der Schwengel l Centner
90 Pfund, diese 73 Centner 97 Pfund, der
Schwengel 1 Centner 72 Pfund. Die große
Glocke auf dem großen Stiftskirchenthurm hat
die Umschrift: „Jesus, Maria mater gratiae,
mater misericordiae, tu nos ab lioste protege,
in hora mortis suscipe. Mater virgo virginum
deposce nobis omnium remissionem criminum,
tuum placabo filium" und „Osanna heiß ich,
der böse Feind fleucht mich;" ganz unten aber:
Ich bitt Herr Christ am Kreuz fron. Du wollst
gesegnen meinen Ton, Daß er all Ungewitter
vertreib Und bhüt Menschen Seel und Leib Durch
Fürbitt der Mutter diu, dann im Feur ich gossen
bin, Im 1520 Jahr das geschah durch Marx
Hillern (wohl Lesefehler für Martin Kißling) aus
Biberach. Ein Martin Billing, der die Heilig-
kreuz- oder Salve-Glocke im kleinen Thurm der
Stiftskirche in Stuttgart gegossen habe, ist
natürlich auch obiger Martin Kißling und Bil-
ling nur Lesefehler. Die Umschrift dieser Glocke
lautet: 8alvator mundi salva nos, qui per
crucem et sanguinem redimisti nos, auxiliäre
nobis. Te deprecamur Deus nester. Darunter
steht die Jungfrau Maria mit dem Jesuskinde,
von Strahlen umgeben und weiter unten: Haylgcn
Cretzesglock ich genannt bin Und han eben meiner
Schwester Osanna Sinn, Daß wir mit einander
gossen sind. Wir wollen Ungewitter und Wind
mit Gottes Hülsf vertreiben gar. Martin Bil-
ling von Biberach goß mich och. Eine weitere
Glockengieherfamilie in Biberach waren dieVol-
mar. Auf dem Thurm der Kirche zu Ditt-
linqen hängt eine (die größte) Glocke, die nach
dem Brande derselben von König Friedrich 1. von
Württemberg aus der früheren Kirche zu Alt-
dorf (Weingarten) geschenkt ward und die 'Um-
schrift hat:

Anno domini 1572 ihesus nazarenus rex
indaeorum miserere nobis.

Aus dem Feuer bin ich geflossen, Joachim
und Felix Folmer Gcbrieder von Biberach haben
mich zu Altdorf auf dem Kirchhof gossen.

Am untern Glockenrnnd steht:

Do man zeit 1672 jar
dise glogg erneuert war.

her iohann hablitzel npt zu Weingarten, michel
miller Pfarrer. Adam Buler Aman zu Altdorf
waren. Baltes Guldi Hans Rosenheuser Hail-
gepfleger. Gott geb uns Allen ain gnadreich
leben. Felix Vollmar starb vor 1575, in
welchem Jahr seine Wittwe Amalie Loche r den
Wundarzt, Senator und Stadtbaumcister Ludw.
Schopp er heirathete. Joachim und Walter
Vollmer, Glockengießer aus dem Geschlecht der
Kupferschmid, gossen 1585 die 0 Glocken in der
Pfarrkirche zu Biberach. Am 10. Mai 1584
hatte nemlich der Blitz in den Thurm geschlagen
und waren 6 Glocken ein Raub der Flammen
geworden. Joachim Vollmer in Biberach goß
1586 die große Glocke nach Thanheim (wohl
Thannheim, OA. Leutkirch), ebenso 2 Glocken in
Gldern (?) für den Abt von Ottobeuern. Auf
der zweiten Glocke in Neusra, preuß. OA. Gammer-
tingen, steht: Sebastian und Lucas Vollmer in
Biberach 1591. Die erste Glocke in Leverts-
 
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