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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 6
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Bickel, Fr. A.: Das Bild "Mariä Verkündigung": in der Pfarrkirche zu Hörbranz in Vorarlberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0072

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delte grazie«, angefleht umvbe, welchen
'Jiaiimt es heute noch hat. Bald wurde
der Zndräilg sa groß, daß das bescheidene
Oratorium die Alenge nicht mehr fassen
konnte und immer erweitert und erweitert
werden mußte. So entstand nach lind nach
die prachtvolle Kirche Maria Verkündigung
oder Annunziata, der Pins VlI. den Titel
Alma Basilika -gab.

Die Tradition über die Entstehung des
Gnadenbildes führt sich noch heutigen Tages
von Mund zu Mund fort und wird von
den Toskanern heilig gehalten. „Unsere
wundervolle, liebe Madonna"! rufen sie
alle und die Augen vieler sind voll Thrä-
nen, wenn sie zum Bilde aufblickeu. Männer
und Frauen, Greise und Kinder sieht man
da in Andacht versunken die Hilfe der
Mutter Gottes anflehen.

Der Gelehrte Bocchi erzählt, daß
Michelangelo Buanorotti, als er von dem
damals in Florenz regierenden Herzog
Alessandro de Medici gefragt wurde, was
seine Meinung über das Bild Maria
Annunziata in der Kirche gleichen Namens
sei, antwortete: „Das Antlitz der heiligen
Jungfrau auf diesem Bilde ist nicht das
Werk menschlicher Kunst, es kann nur
durch göttliche Al acht hervorgebracht sein".
Die Meinung des Königs der Maler
dürfte wohl maßgelend sein und kann den
wundervollen Eindiuck erklären, den das
Bild ans den Beschauer macht.

Bon diesem Bilde findet man viele
Kopien in Italien und Deutschland, aber
keine ist wohl mit solcher Meisterschaft
ansgeführt wie die in Hörbranz, da
diese das Original weit übertrifft.

lieber die Entstehung dieser Kopie gibt
Herr Benefiziat Engel in Hall in Tirol
folgende Aufklärung.

Drei Töchter des Kaisers Ferdinand I.,
nämlich Magdalena, Margarethe und He-
lene gründeten mit Erlaubnis; ihres kaiser-
lichen Vaters das Damenstift in Hall,
traten selbst dort ein, führten in strenger
Zurückgezogenheit von der Welt ein be-
schauliches' Leben und starben im Rufe
der Heiligkeit.

Zwei Nichten, Christierua und Eleo-
nora, Töchter des Herzogs Karl von
Steiermark, der ein Sohn des Kaisers
Ferdinand I. war, folgten ihren kaiser-
lichen Tanten und traten im Jahre 1607

ebenfalls in das Damenstift zu Hall ein.
Eine ihrer Schwestern namens Magdalena
war vermählt mit dem Großherzoge von
Toskana, der zu Florenz residirte, Eleo-
nora, die jüngere Schwester war sehr be-
dacht auf die Ausschmückung der Stifts-
kirche. Auf ihr fortgesetztes Betreiben ge-
lang es ihr auch, eine Kopie von jenem
wunderbaren Bilde Mariä Verkündigung
zu Florenz durch Vermittlung ihrer Schwester
Magdalena zu erlangen.

Hippolptus Guarinoni, Leibarzt und
Biograph der Eleonora, schreibt in seinen
im Pfarrarchiv zu Hall aufbewahrten Auf-
zeichnungen über dieses einst in Hall, jetzt
in Hörbranz sich befindliche Bild im hol-
perigen Stile des 17. Jahrhunderts wört-
lich Folgendes: „Als unter Anderem die
in der ganzen Christenheit bekannte ge-
waltige Andacht des verwunderlichen und
durch himmlische Hand gemalten Contre-
feit Unserer lieben Frau Verkündigung-
Bild in der namhaften Stadt und Groß-
herzogthum Florenz bei den Durchlauchten,
den Stiftsdamen Christierua und Eleo-
nora , wohlbekannt und der Zeit gute
Gelegenheit daselben Frau Schwester Erz-
herzogin Magdalena, Großherzogin zu
Florenz, hatten, däuchte es denselben eine
erwünschte Gelegenheit zu sein, eine ge-
naue und gerechte Copie des gewaltigen
Bildes (so man sonst vom Original keines-
wegs herabbekommen kann) zu abermaliger
Entzündung neuer Andacht zu überkom-
men, zumal deren Frau Schwester und
Herr Schwager Ihrer Durchlaucht, der
Großherzog, solches nicht abschlagen konn-
ten und benannter Großherzog auch nebst-
hin sehr begierig gewesen, beiden Erz-
herzoginnen hierin ganz völlig und voll-
kommen zu willfahren und mit einem
solchen Werk, daß unter den Augen des
ganzen Deutschland wird bestehen mögen.
Daher hat er zu solcher Abkopierung vom
Original einen der Zeit durch ganz Italien
iveit berühmten Maler Bronzino (?) l) ver-

>) Brvnzino, Angiolo, wäre 1502 zu
Florenz geboren und 1572 gestorben; er war
ein Schüler des Jacopo Carrncci, genannt Pon-
tormo (1493—1556), dem er bei einem großen
Theile seiner Arbeiten und zuletzt noch bei seinen
Freske» in St. Lorenzo zu Florenz, die er nach
dessen Tode vollendete, hnlfreiche Hand leistete
und den er auch zum Verwechseln ähnlich nach-
ahnien konnte. Er war hauptsächlich zu Florenz
 
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