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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0082

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Handbuch, „in welchem der Geistliche für sämmt-
liche Zweige der kirchlichen Kunst und für deren
einzelne Schöpfungen in übersichtlicher Zusammen-
stellung kurz die Anschauungen der Kirche, die
Vorschriften der Kirche und die Praxis der Kirche
kennen zu lernen im Stande ift" (S. XV). Allein
diese praktische Tendenz, „sämmtliche Zweige der
kirchlichen Kunst", also außer der bildenden Kunst
auch die kirchliche Poesie, Gesang und Musik für
den Gebrauch der Geistlichen in einem Buche
vereint zur Darstellung zu bringen, konnte nur
auf Kosten der Einheitlichkeit des Werkes dnrch-
geführt werden und mußte überdies den Ver-
fasser verleiten, Gegenstände aufzunehnien, die
wohl in ein lithurgisches Handbuch gehören, die
aber mit der Kunst lediglich nichts zu thun haben.
Andererseits aber muß anerkannt werden, daß
gerade die praktische Seite, die Zusaimnenstellung
der verschiedenen kirchlichen Bestimmungen über
die einzelne» lithurgischen Geräthe und die aus
einem Schatz reicher Erfahrung geschöpften Winke
für deren Anschaffung und Behandlung dem Buch
auch heute noch einen Werth verleihen, und es
wäre nur zu wünschen gew sen, daß diese Par-
thien, losgelöst von dem in der gebotenen Form
beinahe werthlosen kunstgeschichtlichenBallast, allein
für sich in einem handlichen Büchlein unter an-
derem Titel zusammengestellt worden wären.
Außer diesem praktischen Werth hat das Buch
»och ein besonderes lokales Interesse für die An-
gehörigen der Diözese Regensburg, deren kirch-
liche Kunstdenkmäler im Text und in den Tafeln
die weitgehendste Berücksichtigung gefunden haben.

Dr. Fuchs.

Sozialismus und moderne Kunst.
Von Franz Walte r. Gr. 8° (V u.

102 S.) Freiburg. Herder 190h Preis

M. 1.50.

Den rühmlich bekannten Sozialethiker I>r.
Walter, Privatdozenten an der kath.-theol. Fakul-
tät in München, hat die Thatsache, daß seit dein
Parteitage in Gotha (189H), insbesondere zur
Zeit der Lex-Heinze-Bewegung der deutsche Sozia-
lismus sich mit großer Entschiedenheit auf die
Seite der niodernen Kunst geschlagen hat, ver-
anlaßt, das Verhältniß des Sozialismus zur
Kunst im Allgemeinen und dann zur modernen
Kunst zu untersuchen und seine zerstreut in den
„Histor.-polit. Blättern" und der Beilage zur
„Germania" hierüber veröffentlichten Artikel in
theilweise umgearbeiteter und bedeutend erweiterter,
systematisch geordneter Form herauszugeben. In
ruhiger, gefälliger, durchaus objektiver Darstel-
lung prüft er an der Hand der sozialistischen
Literatur, welche die Stellung des Sozialis-
mus wissenschaftlich begründen will, zuerst den
„Marxismus in seinem Verhältniß zu
Kunst und Geistesleben", da die materia-
listische Geschichtsauffassung, ivelche das ganze
Geistesleben umspannen will, auch wichtige prin-
zipielle Hinweise auf dieses Verhältniß enthält.
Während gemeinhin man das Geistesleben der
Völker als die edelste und herrlichste Blüthe des
Völkerlebens betrachtet, ist dasselbe nach der sog.
materialistischen Geschichtsphilosophie eines Marx

[ nur „der ideologische Ueberbau über der ökono-
mischen Struktur", das Erzeugnis; der Produk-
tionsweise, „welche den sozialen, politischen und
! geistigen, also auch künstlerischen Lebensprozeß
überhaupt bedingt"; die ökonomische Entwicklungs-
stufe ist also Grundlage und Mutterboden, Ma-
schine, Dampf und Elektrizität sind (nicht noth-
wendige Bedingung, sondern) Quelle uns Ursache
. für das Geistesleben der Völker. In der Ge-
schichte der kulturellen Entwickelung sind die
! Perioden großen sozialen Aufschwungs (z. B. im
klass. Alterthum) Blüthezeiten der Philosophie
und Kunst, die Perioden großer Männer; die
Frage nach Ursprung der Arbeit und Kunst hängt
mit der ersten ökonomischen Lebensbethätigung
zusammen; Kunst und Wissenschaft haben ihren
Ausgangspunkt in der Materie. Nach diesen für
den Sozialismus grundlegenden Gedanken kommt
der Verfasser im zweiten größeren Teil auf „d i e
moderne Kunst im L i chte der neueren
s o z i a l i st i s ch e n Literatur" in fünf Kapi-
teln zu sprechen. Die Kunst ist darnach ein Er-
zcugniß der kapitalistischen Produktion, also be-
sonders in ihrer modernsten Form von der
Laune und Gunst der ideallosen Bourgeoisie ab-
hängig, die bezahlte Magd des kapitalistischen
Geldsacks, der sie nach seinem Geschmack beein-
flußt, sie ist plutokraiisch; darum die Ueber-
produktion an Künstlern und bas Künstlerprole-
tarint, darum die Unfreiheit, das Virtuosenthum
der nackten Sinnlichkeit, die Schmeichelei und Un-
wahrheit, die Gedankenarninth, kurz der Tiefstand
derselben. Unter dem Magnntenthum der Kirche
und Fürsten war es noch erträglich; „im Fron-
dienst des Kapitalismus kommt (die Kunst) um
alle Würde und allen Verstand." Diese bürger-
liche Kunst „ist nie diejenige, welche dem Ge-
fühl des Proletariats entspricht und sie wird sich
nie dazu entwickeln. Die moderne Kunst hat
einen tief pessimistischen, das moderne Proletariat,
das voll froher Hoffnung in die Zukunft blickt,
einen tief optimistischen Zug; es kann dadurch
j mit seiner Lage nur noch unzufriedener werden.

Wenn trotzdem die hervorragendsten Führer
(der Politiker Bebel, einer der ersten Künstler
moderner Richtung, Vanderveldc u. s. w.) die
Vertheidigung der modernen Kunst übernehmen,
so zeigen sie damit, daß entiveder jenes oberste
Prinzip sozialistischer Weltanschauung, die mate-
rialistische Geschichtsphilosophie, ein verfehltes
j ist, ... . oder daß sie voir den Stimmungen der
kapitalistischen Gesellschaft angekränkelt sind,
oder aber, daß die warme Vertheidigung der
hetckigen Kunst ihnen nichts anders ist als ein
agitatorischer Schachzug," daß sie Propa-
! ganda mache» wollen für ihre Ideen durch die
Mittel der Kunst.

Diese wenigen theilweise abgerissenen Gedanken
mögen eine Vorstellung geben von der künst-
lerischen, ethischen und sozialen Bedeutung der
sehr empfehlenswerthen Schrift.

I. Scher in n n n.

-.

Hiezu eine Knnsibeilage:

; „INanä Verkündigung" i» der Kirche zu Hör-
i branz in Vorarlberg.

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsche? DcäkMatt",
 
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