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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 7
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0094

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freudig begrüßen, daß die Nazarener mehr Gnade
finden, als anderswo (S. 587 ff.), wenngleich
wir Verwahrung einlegen müssen gegen die Be-
hauptung, der künstlerische Glaube des Cornelius
sei in dem Grnndthema Erlösung und Sünden-
vergebung rein evangelisch (S. 589). Dagegen
muß es doch sehr befremden, daß bei den Kunst-
produkten des Jesuitenstils als einziger Erklä-
rungsgrund für die nicht zu leugnende reiche
Kunstthätigkeit das Streben zugestanden wird,
durch die Pracht der weiten Hallen die Frömmig-
keit zu wecken und die Menge an den Meßaltar
zu locken (S. 550). Ebenso muß es verwundern,
daß die Barbarei des Bildersturms so überaus
mild beurteilt wird: „Wo die Bevölkerung in
Stadt und Dorf der Mehrzahl nach sich dem
neuen Glauben zuwandte, richtete sie sich in den
katholischen Kirchen ein, allerdings manches Kunst-
werk zerstörend, das bisher ein Symbol des katho-
lischen Kultus gewesen war, nun aber dem prote-
stantischen Gefühl zum Anstoß gereichte" (S.563).
Nicht minder anfechtbar ist die Erklärung der
Sterilität des Protestantismus auf künstlerischem
Gebiet durch den Hinweis auf die materielle und
geistige Verarmung in Folge des großen Kriegs
(S. 564), während die üppige Produktivität auf
katholischer Seite lediglich dem Gelde der reich
gewordenen Geistlichkeit zugeschrieben wird (Seite
550). Merkwürdig, daß der Krieg den Geldsack
der katholischen Geistlichkeit so schonend behandelt,
die Protestanten dagegen materiell und ideell
rein ausgeplündert haben soll. Werthvoll ist das
Gestäudniß, daß die Kirchen des Jesuitenstils
eben doch zur Andacht stimmen (S. 550), ebenso
das andere, daß auf evangelischer Seite die inner-
liche Frömmigkeit erst dem Pietismus ihr Wie-
dererwachen verdankt (S. 565). Den Jubel über
den Subjektivismus als der Errungenschaft des
ausgehenden Mittelalters (S. 171) vermögen
wir nicht zu theilen, und vielleicht mäßigt er
sich auch noch auf evangelischer Seite, wenn
seine neueste Entwicklungsphase konsequent
sich weiter bildet. Dagegen haben ivir uns ge-
freut, daß der Verfasser den Math hatte, der
Renaissance und unser» Modernsten entgegenzu-
halten, sie opfern die Religion oft der Kunst
(S. 146). Nur vermögen wir damit das unvcr-
kümiuerte Lob nicht zusammenzureimen, das später
den Modernsten gespendet wird. Doch sind ja
die letzteren nicht voin Verfasser des 1. und 2.
Theils behandelt. Die auch von Gradmann reci-
pirte These von der Selbständigkeit der irischen
Kirche auf ihr richtiges Maß zurückzuführen, ist
hier nicht der Ort. Alles in allem: Das Buch
ist gut gemeint und in den streng fachmännischen
Parthieen wohlempfohlen; wo es hinübergreift auf
das historische und kulturhistorische Gebiet, da
zahlt es dem konfessionellen Standpunkt des Ver-
fassers oder vielmehr seiner Mitarbeiter seinen
Tribut, doch haben wir auf diesem Gebiet schon
Schlimmeres erfahren, als hier geboten wird.
Gleichwohl kann ein katholisches, fast ausschließ-
lich von Geistlichen gelesenes Organ für christliche
Kunst ein Buch nicht oder mir mit Reserve zur
Anschaffung enipfehlen, das von „römischem Pfaf-
fenthum" oder „römischer Pfaffenherrschaft" redet

(S. 544 und 546) und außer der „Geburt Christi"
und „Anbetung der Könige" als Specimen der
Kunst Holbeins d. I. auch den „Ablaßhandel"
bringeii zu müssen glniibt.

Geislingen a. St. I. Rohr.

Bayerns Kirchen-Provinzen. Ein
Ueberblick über Geschichte und Bestand der
Katholischen Kirche im Königreich Bayern,
unter Benutzung aintliche» Materials be-
arbeitet von Do. Joseph Schle ch t. —
X lind 170 Seiten Groß-8" mit 1 Karte,
10 Tafelbildern, 158 Textabbildungen und
einem Verzeichniß sämtlicher katholischen
Pfarreien. — Preis broschirt M. 3.—
in vornehmem Einband M. 4.50. — Mün-
chen 1902. Allgemeine Verlags-Gesellschaft
in. b. H.

DieKatholisch c Kirche in derSchweiz.
Ihr gegenivärtiger Bestand nebst einem
historischen Ueberblick über die Vergangen-
heit, bearbeitet von A. Büchi. — VIII
und 106 Seiten Gros;-8" mit 1 Karte in
Buntdruck, 8 Tafelbildern, 85 Textilln-
strationen und 8 statistischen Tabellen. —
Preis gebunden M. 3.50. München 1902.
Allgemeine Verlags-Gesellschaft m. b. H.
Zwei werthvolle literarische Gaben bietet uns
hier kurz nacheinander die rührige „Allgemeine
Verlags-Gesellschaft in. b. H. in München" in
den obigen prächtig ansgestatteten Büchern.
Beide Verfasser delselben habe» sich die Aufgabe
gestellt, eine möglichst vielgestaltige Darstellung
der kirchlichen Organisation und des kirchlichen
Lebens in den betreffenden Diözesen zu geben.
Wir haben in den Werken eine Kirchengeschichte
Bayerns und der Schweiz in volksthümlicher
Fassung, bei der nicht nur der Verstand des
Historikers, sondern auch jeweils der begeisterte
Patriot das Worl führt. Die Statistiken. sind
in beiden Werke» nach offiziellen Angaben ge-
fertigt und geben daher einen wahrheitsgetreuen
Ueberblick über den Bestand der behandelten
Diöcesen: sie machen, den Bedürfnissen auch der
Gegenwart Rechnung tragend, verläßliche An-
gaben über den Personenstand der Geistlichkeit,
die religiösen Orden und Kongregationen, die
Bildungsanstalten, über soziales Wirken, ver-
mischt mit kunstgeschichtlichen Notizen und kirchen-
politischen Bemerkungen, Eine besondere Zierde
in beiden Werken bildet die reiche . künstlerische
Illustration. Wir treffen in sorgfältiger Aus-
wahl außer den vorzüglichen Porträts der Bi-
schöfe, Aebte u. s. w. interessante Jnitialien aus
den Werken von Klosterbibliotheken, Landschafts-
bilder, dann aber besonders viele und gelungene
Darstellungen aus dem Gebiete der Architektur,
Plastik und Malerei, Abbildungen von kirchlichen
Geräthen, Gewändern, Reliquien u. s. w. Die
Werke sind nicht blos den betreffenden Diözesanen,
sondern auch Geistlichen und Laien unseres be-
nachbarten Bisthums Rottenburg bestens zu em-
pfehlen. D.

Stuttgart, Vuchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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