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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 8
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [22]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0097

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Es wurde schwer fallen, uns hier die
leitenden Gedanken und die dieselben ver-
wirklichenden Ornanientformen näher zu
vergegenwärtigen. Nur einige Bemer-
kungen hierüber. Der Plafond des Mittel-
schiffes ist in drei große, rechteckige Felder
und in vier Medaillons eingeteilt, welche
durch Gemälde ausgefüllt wurden. Die
Flächen zwischen diesen Bildern sind in
breitere und schmälere Friese zerlegt, welche
mit in Form und Farbe stilisirten Blu-
men z. B. der Distel, dem Löwenzahn,
der Kapnzinerblnme hedeckt sind, Blumen,
die sich vorzüglich zum Gothisiren eignen
und auch einige Symbolik nahelegen, wie
etwa den beschwerlichen Weg durchs Leben,
Mnth, Stärke, Entsagung u. dgl., Eigen-
schaften und Tugenden, die auch dem
hl. Martinns, dessen Lebeusdarstellungen
diese Blumen umgeben, in so hohem Grade
zukommen. Diese Ornamente, wie über-
haupt alle in der Kirche, sind in bunten
Farben mit ganz leichter Schattirnng und
mit Konturen auf gelbgranem Gründe
ausgeführt, und ihre Mannigfaltigkeit, ihre
malerische Anordnung und auch die Größen-
verhältnisse wirken originell. Direkt unter
dem Plafond zieht sich entlang den Wän-
den ein ans dunklem Grunde stark wirken-
des Ornament hin, nur als tragendes
Glied zu erscheinen; die gleiche Anord-
nung findet sich in den Seitenschiffen,
nw das Friesornameut als tragendes
Glied in der Art der Goldblume mit ihren
für die Güthik so geeigneten Blättern nach-
geahmt ist. Die Plafonds sind hier in
den Seitenschiffen in verschiedenartig gc-
formte geometrische Felder eingetheilt,
welche Symbole und Wappen enthalten.
In nicht gewöhnlicher Art sind auch die
Fensterleibungen behandelt, wo wir auf
energisch grünem Grunde verschiedene, der
Blume entlehnte Motive, wie solche von
der Flaschenkürbis, der wilden Nase, den
Maiglöckchen u. s. w. sehen.

Es ist selbstverständlich, daß die wich-
tigsten und hervorragendsten Architektnr-
teile, wie die Arkadeubögen, Säulen und
dergleichen in einer Kirche auch in her-
vorragender Weise dekorirt werden sollen,
und so finden wir denn auch hier einen
großen Neichthum in der Ornamentik der
Arkadenbögen: die untersten Flächen der-
selben haben geometrisches Ornament und

die schrägen Seitenflächen geschwungenes
Nankengebilde auf dunklein 'Gründe mit
Goldeinfassung, während die Außenseiten
mit grün gemalten Krappen und Kreuz-
blumen abschließen, aber nicht in ge-
wöhnlicher Form, sondern aus Blättern
und Blumen des Eisenhntes und der
Distel gebildet. Einfacher ist der Chor-
bogen gehalten, der nur in sandstein-
getönte Quadern eingetheilt ist und in seiner
Leibung ein einfach stilisirtes Rebenorna-
ment Hut, um so das Tympanongemälde
um so mehr zur Geltung kommen zu
lassen. Im Chore selbst ist wie im Schiffe
der Wandton ebenfalls gelbgrau gestrichen
und führen in Sandsteinton gestrichene,
weiß gnadrirte und mit grünen Orna-
menten versehene Friese unterhalb der
Gewölbeansätze bis znm Boden, während
abwärts der Fenster ein farbig gut ge-
stimmter, aus freier Hand anfgemalter
und im Ornament dem Löwenzahn nach-
gebildeter Teppich gleichsnnt den Hoch-
altar umgibt. Bei dieser nicht bloß durch
Sauberkeit und Pünktlichkeit in ihrer
Ausführung, sondern auch durch ihre
Eigenart und Selbständigkeit sich auSzeich-
nendeu dekorativen Ausmalung der Kirche
ist noch beachtenswerth, daß sämmtliche Or-
namente der Natur entlehnt und gothisch
stilisirt sind, eine Aufgabe, die nur ein
Meister in seinem Fache lösen konnte.

Gehen wir nun über zur Betrachtung
der b i l d l i ch e n A n s m a l u n g der Kirche.
Die Stadtpfarrkirche in W a n g e n ist
unserem Diöcesanpatron, dem hl. Marti-
nns, geweiht und es lag daher von selbst
nahe, bei der bildlichen Ausstattung der-
selben in erster Linie an diesen Heiligen
zu denken. Alan konnte, wie es zuerst
unser Vorschlag war, die Bilder so ver-
theilen, daß drei Darstellungen in das
Mittelschiff und je zwei kleinere Scenen
in die Seitenschiffe gebracht würden, oder
auch so, daß in den Seitenschiffen je zivei
Medaillons dein Leben der Heiligen Gallus
und Magnus, beit verehrten Patronen
des Allgäus, gewidmet würden. Es wurde
aber nach Vorschlag des ausführenden
Künstlers,bestimmt, daß sämmtliche Dar-
stellungen aus dem Leben des hl. Mar-
tinus, sieben an der Zahl, an dem Pla-
fond des Mittelschiffes angebracht werden
sollen. Nun, wir denken, daß vielleicht
 
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