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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 10
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Damrich, Johannes: Die Augsburger Buchmalerei im Zeitalter der Hohenstaufen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0121

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108

I>ie Augsburger Buchmalerei im j
Zeitalter der Hohenstaufen.

Von Dr. Joh. Damrich in München.

Das Zeitalter der Hohenstaufen ist eine
Blüthezeit geistigen Lebens für Deutsch-
land. Niemals haben sich die geistigen
Kräfte der deutschen Nation so harmonisch
entfaltet, wie in jener Epoche, die uns
ein Nibelungenlied und einen Parsival ge-
schenkt, in der ein Walther von der Vogcl-
weide gesungen, ein Otto von Freising
und Albert der Große gedacht und ge-
schrieben haben, in der Dome gebaut
wurden, wie der in Bamberg und
Limburg a. d. L., und Bildwerke ge-
meißelt, wie die der goldenen Pforte in
Freiberg und der Wechselburger Krenzi-
gungsgruppe.

Nicht als ob dem genialen Staufergc-
schlechte das Verdienst dieses Aufschwunges
auch nur zum größeren Theile zufiele, die
Keime selbständigen geistigen und künstle-
rischen Schaffens waren eben jetzt heran-
gereift und kamen zur Entfaltung, wie
etwa ein schöner Frühlingstag die Knospen
aufblühen läßt, die ein langes, stilles
Walten der Natnrkräfte hatte sich entwickeln
und schwellen lassen.

Auch die Malerei erhebt sich in dieser
Periode zu einer hohen Stufe, das lassen
uns die Neste der Wandmalereien, zumal
in den Rheinlanden, mehr ahnen, das
lassen uns die MiniatnrmaWeien der Zeit
deutlich erkennen.

Was die Buchmalerei anlangt, scheint
es das bayerische Gebiet, Salzburg und
namentlich Regensburg an der Spitze, ge-
wesen zu sein, wo der stilistische Fortschritt
am frühesten und entschiedensten einsetzte,
doch auch Franken hat glänzende Zentren
der Buchmalerei aufzuweisen an Würz-
burg und Bamberg, in Sachsen-Thüringen
arbeitet eine hervorragende Minialoren-
schule') und im Elsaß schrieb und malte
schon im Jahre 1175 die Aebtissin Herrad
von Landsberg den vielgenannten hochbe-
deutsamen doetus deliciarum.

Auffallend wäre es, wenn der schwä-
bische Stamm, dessen künstlerische Anlage
im 15. und 16. Jahrhundert so sehr her-
vortritt, wenn zumal Augsburg, un-

') Siehe Haseloff, Eine sächsisch - thüringische
Malerschnle.

bedingt die künstlerische Hanptzentrale
Schwabens im Mittelalter, unberührt ge-
blieben wäre von dem allgemeinen Auf-
schwung auch der Buchmalerei.

Versuchen wir es, die Augsburger Mi-
niaturmalerei unserer Periode nach ihren
Denkmälern zu würdigen.

Als erstes recht bescheidenes Produkt
der Augsburger Buchmalerei wäre hier zu
nennen der codex germanus 94 der
Münchener Staatsbibliothek, der das
„Leben des hl. Ulrich" enthält, und
nach einer wohl noch ans dein 13. Jahr-
hundert stammenden Notiz einstmals im
Benediktinerkloster St. Ulrich in Augsburg
war, wo er auch entstanden sein wird.

Die beiden kleinen, ängstlich und befangen
gezeichneten Bilder des hl. Ulrich ent-
sprechen der zweiten Hälfte, näherhin beut
Ende des 12. Jahrhunderts und zeigen
Deckmalerei, die aber nicht konsequent
durchgeführt ist, sondern in ihren deutlich
betonten Konturen eher den Eindruck be-
malter Federzeichnung macht.

Die nächst zu besprechende Augsburger
Miniaturenhandschrift ist erheblich später.
Lim 2 6 4 0, ein Breviarium, kam
bei der Säkularisation ans Kloster A l-
dersbach in die K. Staatsbibliothek in
München. Die in Kalendarium und Litanei
besonders hervortretenden Heiligen: Afra,
Hilaria Digna, Eunomia, Entropia, Äser
verweisen aber mit Bestimmtheit auf
Augsburg. Nur ein Fest ist in Roth
hervorgehoben, das des hl. Franziskus,
der auch in den figürlichen Darstellungen
des Buches eine wichtige Rolle spielt.
Dieser ilmstand sowie die im „Eonliteor"
fol. 60 sich findenden Worte: „ego pec-
catrix ..“ berechtigen wohl zu dem Schluß,
daß unser Brevier einstmals für ein Fran-
ziskanerinnenkloster, oder da dort ein
solches damals nicht bestanden zu haben-
scheint, vielleicht für eine vornehme Ter-
tiarin in Augsburg bestimmt war.

Der Codex ist nicht nur int Innern
reich an Miniaturen, sondern selbst die
Außenseite der Buchdeckel ist mit Malereien
geschmückt, die mit durchsichtigen Horn-
platten geschützt sind.

Der Vorderdeckel zeigt in vier durch
Messingstäbchen getrennten Feldern einen
segnenden Christits, eine Madonna mit
Kind, ferner die beiden Apostel Petrus
 
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