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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 20.1902

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Nr. 11
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Reiter, Joseph: Symbolik des Hasen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15935#0136

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122

nische Heidenthum im Christenthum" über
den Hasen schreibt. „Wahrscheinlich ist
der Hase das heilige Thier der von Beda
Veuerabilis ermähnten Ostara gewesen;
in der That haben auch die Germanen
den Hasen nicht getötet und nicht gegessen,
weil er als heiliges Thier galt.

Noch heute hat der Hase seine mytho-
logische Bedeutung. Viele Kräuter wer-
den nach dem Hasen benannt. Es ist ein
sehr alter und weitverbreiteter Glaube,
das; ein quer über deu Weg eines Wan-
derers springender Hase eine schlimme
Vorbedeutung sei und die Mahnung zur
Umkehr enthalte, woraus hervorgeht, daß
unsere Voreltern nnnahmen, das; der Hase
im Dienste einer Gottheit stehe, welche
den Menschen warnen will, seinem Willen
zu folgen. An vielen Orten ist von ge-
spenstischen Hasen jedoch meistens von
dreibeinigen die Rede, was deswegen be-
sonders beachtenswertst ist, weil ein drei-
beiniges Gespenst immer auf eine Gott-
heit hindcntet." Die Leute von Wolfen-
hansen, OA. Rottenburg, betrachten den
dreibeinigen Hasen als den bösen Feind?)

Wenden wir uns zu einer anderen Dar-
stellung.

In Thüngenthal, OA. Halt, sieht man
auf einem aus dem 14. Jahrhundert stam-
menden Bilde der Mutter Gottes einen
Hasen (11. l. F. zum Hasen). Nach der
Sage wäre einmal ein von den Hunden
verfolgter Hase ans den Altar geflohen,
worauf dann die Hunde demüthig vor dem
Altar stehen geblieben. In Wirklichkeit
dürfte es sich bei diesem Bild wahrschein-
lich nur um eine Illustration handeln zu
dein bekannten, an Maria gerichteten Ge-
bete: „Sub tu um praesidium confugi-
mus, sancta Dei genitrix«. Der ge-
hetzte Mensch sucht Schutz und Hilfe bei
Maria. Der Hase galt ja schon seit
Tertnlliau als Symbol des Menschen:
„Ans uns, als waren wir Hasen, ist die
Jagd abgesehen; nur werden von Ferne
eingekreist, und in der Nähe wüthen unsere
Feinde gegen uns nach ihrer Gewohn-
heit." Auch Geiler von Kaisersberg ver-
gleicht das Leben des Christen mit dem
des Hasen, hauptsächlich weil er beständig
verfolgt wird. Der hl. Augustinus deutet

') Birlinger, Bolkstüml. 1, 108.

j den Hasen (wie auch den Igel) auf deu
reuigen Menschen.

Wie nun aber in dem bekannten Liede
neben den Hasen auch die Hirsche genannt
werden, so erscheint bisweilen in der
Legende der Hirsch ebenfalls als ein bei
Maria Schutz suchendes Thier, so z. B.
in Maria Eich bei München. Poetisch
verwerthet ist diese Legende in einem in
den „Mariensternen" von Dr. Himmel-
stein veröffentlichten Gedichte, wo es unter
anderem heißt:

„Und wo ein Hirsch gefunden

Einst Schutz vor Jägers Erz,

Da findet Schutz imb Zuflucht

Manch müdgehetztes Herz."

„Die ücht christliche Legende von; Schutz-
bedürftigen, welchen Gott durch Maria
rettet," spielt indessen nicht bloß bei
Maria, sondern auch bei anderen Hei-
i ligen, theilweise sogar bei gewöhnlichen
Personen. ' So flüchtete ein Hase zur
hl. Oriuga, in den Aermel des hl. Al-
| bert v. Siena (abgebildet einen Hasen
neben sich oder auf dem Arme), in die
Kapuze des hl. Marknlph und Philippus
Presbyter, zum hl. Bernhard, zum hl.
i Fruktuosus und zum hl. Martin. Der
hl. Franziskus rief den Hasen, und sie
liefen freundlich zu ihm herbei. Ottokar
von Steyermark, in dessen Schoos; ein-
; mal eilt Hase floh, baute zum Andenken
! das Kloster Sei; (slavisch Hase). — Wenn
i Ludwig Seitz die hl. Rosa von Lima
j zeichnet, wie sie knieend die Hände aus-
breitet , neben sich zwei Hasen (vrgl.
Detzel II, S. 625), so darf man wohl
! annehmen, daß damit der kindliche Ver-
kehr mit der Thierwelt überhaupt dar-
j gestellt sein soll (an eine bloße Spielerei
wie etwa auf dem berühmten Gemälde
Tizians „La Vierge au lapin“ im
Louvre ist nicht zu denken). Es mag
aber auch beachtet werden, daß nach
Cloquet „Elements d’iconographie chre-
tienne" S. 329 der Hase als Sym-
bol der Fruchtbarkeit und Geilheit gilt,
weswegen man ihn oft angebracht findet
unter deu Füßen der Jungfrauen, um
damit den Sieg nuSzudrücken, welcheil sie
über die Versuchungen des Fleisches dn-
vougetrageu haben.

In der altchristlichen Kirche galt der
Hase wegeit seines schnellen Laufes als
 
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