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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 2
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Rohr, Ignaz: Ein mittelalterliches Ciborium
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Reiter, Joseph: Einiges über die Bilder der unbefleckten Empfängniß, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15936#0025

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17

zu wertheu, als bei den beiden alttesta-
meutlicheu Szenen, dagegen ist die au sich
nicht gerade leichte Perspektive für jene
Zeit mit Geschick durchgeführt.

Besser erhalten sind die beiden vor-
christlichen Vorgänge. Die Gesichter sind
zwar ziemlich plump und derb, bekunden
aber doch ein deutliches Streben nach Jn-
dividnalisirung und Belebung. Die Frau
z. B. in der Mitte der Darstellung des
Mannaregens, die das niederfallende Brod
mit geschürztem Obergewand anffängt,
zeigt mit ihrer auffällig langen Nase einen
ausgeprägt jüdischen Typus. Moses ist
durch die Hörner und die Gesetzestafeln
gekennzeichnet, und die beiden Figuren
links neben der genannten Frau (vom
Bild aus gerechnet) geben recht anschau-
lich der Freude über die neue Gottesgabe
Ausdruck. Die vorbildliche Bedeutung i
des Mannas ist durch die demselben aus-
gezeichneten Kreuze angedentet.

Auf dem andern Bild reicht der durch
die Mitra kenntlich gemachte, mit einem
Begleiter aus einem Stadtthor heraus-
tretende Melchisedech dem Abraham und
seinen Kriegsknechten einen Kelch mit Wein
und ein Brod. Stecken die Kriegsleute
auch etwas steifbeinig in ihren mittelalter-
lichen Panzern drin, so zeigt doch die j
Anordnung und der Gesichtsnusdruck wie-
derum das Streben nach Mannigfaltigkeit,
und ein gewisses Kompositionsgeschick ist
auch dieser Gruppe nicht abzusprechen. !

Wir sind Ciborien ohne Mäntelchen
nicht mehr gewöhnt und das Interesse für j
einen reichen Schmuck an Gefäßtheilen,
die fast immer bedeckt sind, ist geschwun-
den. Aber auch so bleibt dem Neichen-
bacher Ciborium der Vorzug des Adels
und der Harmonie der Silhouette, und
wenn die eingravirten Bilder in ihrer
Ausführung dem heutigen Geschmack auch
nicht mehr entsprechen und hinter dem
heutigen Können weit znrückstehen, so sind
sie doch vvn historischem Werth als Denk-
male des Standes der damaligen Metall-
technik, wie als Ausdruck des damaligen
theologischen Denkens über das Zentral-
geheimniß des Christenthums.

Einiges über die Bilder der linbe-
fleckten Empfängnis;.

Von Pfarrer Reiter in Vollmaringen.

(Fortsetzung statt Schluß.)

Maria selbst trägt ein Spruchband, auf
welchem die Worte geschrieben sind: „Die
mich verherrlichen, werden das ewige Leben
haben" (Eccl. 24, 31).

Der hl. Bernhard verwirft die Anrufung
aller Heiligen, welche vor der Geburt
Christi gelebt haben, und folglich auch
deren Abbildung in den Kirchen in einer-
anderen Eigenschaft denn als historische
Personen. So mochten nun ailch früher
bezüglich der Darstellung von Joachim und
Anna gewisse Bedenken bestanden haben,
durch welche die Künstler vonl 13. bis
15. Jahrhundert beschränkt wurden. Diese
Bedenken sind int 15. Jahrhundert fast
gänzlich verschwunden. Je mehr der Glaube
an die unbefleckte Empfängnis; Mariä
Boden und Bedeutung gewann, desto mehr
wurde derselbe in den Bildern der hl. Anna
in die Sprache der christlichen Kunst über-
setzt. Diese Nebersetznng vollzog sich in-
dessen noch in einer anderen Weise als
wir eben gesehen haben, indem die Künstler,
namentlich in späterer Zeit, die Verbin-
dung von Anna und Maria lösten und
Maria ohne ihre Mutter zur Darstellung
brachten. (Das älteste Bild dieser Art
soll ans dem Jahre 1047 stammen und
sich in Cremona befinden.)

Maria erscheint jetzt als eine kleine
Jungfrau mit jugendlichen Zügen, welche
oft der himmlische Vater ans der Höhe
herab segnet. Unwillkürlich will man da-
bei an die bekannten Stellen denken: „Der
Herr hat mich gehabt im Anfang seiner
Wege, bevor er etwas gemacht hat, vom
Anbeginn. Ich bin eingesetzt von Ewig-
keit, von Alters her, ehe denn die Erde
geworden ist" (Prov. Kap. 8, 22 ff.).

Weil jedoch diese Darstellung einen zu
abstrakten Charakter hatte, trug man im
10. Jahrhundert Sorge, um Maria, welche
allein in einer Gloriole stand, die Sym-
bole ihrer Vorherbestimmnng und jene
Attribute zu gruppiren, welche sie als ein
ganz einziges, schon von den Propheten
angekündigtes Geschöpf bezeichnen. Diese
Attribute sind: Die Lilie unter den Dornen,

! der Thurm David's, der Spiegel ohne
 
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