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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 2
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Reiter, Joseph: Einiges über die Bilder der unbefleckten Empfängniß, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15936#0027

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19

der und von dem ganzen heiteren Antlitz,
auf dem der Künstler in berechneter Wirkung '
die volle Lichtstarke konzentrirt hat. Die
Kontraste der rechten Seite, wo der licht-
blaue Mantel auf dunkeln Wolken ruht,
verstärken noch den Effekt des strahlenden
Angesichtes und meisten Gewandes der
ohne Mackel Empfangenen, welche Mnrillo,
der Meister von Sevilla, mit beut ganzen
Aufwand seiner Kunst verherrlicht hat".

Verwandt mit dem genannten Typus
ist jener, welcher durch die wunderbare
Medaille der unbefleckten Empfängnis;
populär geworden ist und auf die bekannte
Erscheinung anspielt. Auf der Vorderseite
der Medaille erblickt man Maria, aufrecht
stehend, mit ausgebreiteten Händen, aus
welchen Strahlen hervorschießen. Auf dem
Haupte ein Sternenkranz, der Fuß auf
dem Kopfe der höllischen Schlange. Die
Umschrift: »Marie congue sans pcche

priez pour norm, qui avons recours ä
Vous.« Auf der Rückseite der Aiedaille
der Buchstabe M mit eingepflanztem Kreuz,
darunter die beiden Herzen Jesu und Mariä.
Wir haben bisher geglaubt, daß diese
Darstellung der Immaculata, welche sehr
beliebt und in mannigfachen Variationen
weit verbreitet ist, die Sanktion der Kirche
erhalten habe, mußten aber dem Buche
Cloquets entnehmen, daß sich die Sache
anders verhalte. Etwas besser soll der
inoderne Typus von Lourdes antorisirt
sein, welchen wir nicht näher zu beschrei-
ben brauchen.

Wenden nur uns zu einigen außeror-
dentlichen Auffassungen und Darstellungen
von Maria als der llnbefleckten.

Der berühmte spanische Dichter Calderon
de la Barca hat die Immaculata in zwei
Stücken verherrlicht: in. feinem »La piel
de Gedeon« und seinem »La hidalga
del valle«. In dem ersten Auto erscheint
das Vließ Gedeons als Symbol der unbe-
fleckten Empfängnis;: auch wird in Gedeon
selbst die Beziehung zur Eucharistie festge-
halten. In dein Auto „Das Edelfräulein
des Thales" tritt zuerst trinmphirend die
Schuld ans mit der Natur, ivelche als
Sklavin mit Ketten gefesselt ist; zuletzt
aber schwebt das Edelfrüulein, von einer
Glorie umgeben, ans die Schuld, welche
niederstürzt, herab und setzt ihr den Fuß
ans den Nacken. Zugleich erscheint die,

Gnade und ein Springbrunnen mit dem
klaren Wasser jener sieben Rühren, ivelche
reine Quellen sind der Gnade. Es wäre
sehr leicht ntöglich, daß Calderons Ge-
danken oder Ideen von den Malern ver-
iverthet worden wären, wie ja nachweisbar
die Dichter gar oft einen bedeutenden
Einfluß auf die Jünger der bildenden
Küiiste ausgeübt haben, doch sind uiis die
gedachten Konlpositionen noch nie ans
einenl Gemälde begegnet.

Nicht zu billigen sind die Bilder der
unbefleckten Empfängnis;, ivelche zur Zeit
der Renaissance vielfach gebräuchlich waren,
und Maria zeigen als Kind »dans une
gloire appliquee sur le ventre de sa
mere« (S. Stephan in Beanvais).

Mehr sympathisch berührt uns eine
andere Darstellung, welche wir in der
Kirche zu Maselheim an der Chorecke
beobachtet haben. Aus einem Lilienkelch
geht Maria hervor: über ihr der heilige
Geist, unter ihr die Schlange, welche zwei
Engel mit ihren gekreuzten Schwertern
von der Lilie fernhalten.

Eine ähnliche Komposition finden wir
in Hattler's „Hausbrod", nur das; dort
die ganze Gestalt Maria's über der Lilie
erscheint und der heilige Geist fehlt. Eigen-
artige Motive weist auch ein Gemälde ans
in der W e g g e n t h a l e r K i r ch e bei
R o t t e u b n r g: Wasserfluthen reißen, wenn
wir recht gesehen haben, die Menschen mit
sich fort, Maria aber ist geborgen, auf
einem Baum und ruft gleichsam froh-
lockend: „Wäre nicht der Herr bei mir

gewesen, dann hätte die Brandung der
allgemeinen Erbschnld auch mich begraben."
(Psalm 123.) ‘) Roch könnten wir eine un-
gewöhnliche bildliche Darstellung des Prato-
f evangeliums auf dem Chorgestühl zu Sch u s-
senried besprechen, wollen jedoch ans
zwei andere ungewöhnliche Bilder der
Immaculata Hinweisen. Im Mariä-Em-
pfängniß-Dome zu Linz erblicken nur ans
einem Giebelfeld am Ciborium des Hoch-
altars Maria als kleines Mädchen, von
Gottes Vaterhand am Haupte berührt, zu
ihren betenden lilientragenden Eltern
Joachim und Anna herabschwebend. Das
zweite Bild, das mir meinen, ist zu sehen
in dem schon genannten Buche von Hattler.

') Vielleicht mich Anspielung auf Eccli. 39. 17.
 
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