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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 5
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Rohr, Ignaz: Ein Umschwung in der Wertung Fiesoles
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Damrich, Johannes: Wie A. Dürer das Beten dargestellt hat, [2]: eine Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.15936#0057

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48

selben Quelle. Auch im äußern Arrange-
ment lehnt er sich au Giotto, die Sienesen,
Florentiner rc. an und geleitet mit ihnen
die Muttergottes von ihrent ersten Ans-
treten in der heiligen Geschichte bis zur
Verklarung und Krönung im Himmel.
Auch die Affekte, mit denen er sie beseelt,
finden sich bei seinen Vorgängern, aber
wohl bei keinem sind sie so ausgeglichen,
ist ihr Gegensatz so ruhig aufgelöst zu
höherer Einheit und Harmonie. Reinheit
und Demut, Andacht und Lieblichkeit redet
ans keiner der vielen Verkündigungen so
geschlossen und getragen, wie bei ihm.
Auch andre Madonnen lassen sich von
Engeln und Heiligen huldigen, aber bei
keinem andern steht der Vorgang so hoch
wie bei ihm über der Reminiszenz ans
höfische Zeremoniell jener Zeit. Auch andre
Künstler haben das Verhältnis der Mutter
znm Kinde, der mater dolorosa zum
Schmerzensmanne vereinigt, aber keiner
hat Schmerz und Glück so verinnerlicht,
vertieft und vergeistigt, wie Fra Angelico.

Mag es, namentlich in seinen frühern
Bildern richtig sein, daß seine Kunst eigent-
lich nur den Oberleib seiner Gestalten zu
beleben weiß; daß sich ihm die Perspek-
tive noch nicht völlig erschlossen hat, daß
die Berge in den Hintergründen an Ratnr-
wahrheit sehr viel vermissen lassen, und
daß er im Lauf der Zeit diese Mängel
abznstreifen sich bemühte, aber hinter der
Wirklichkeit eben immer noch etwas zurück-
blieb und von den Nachgeborenen weit
überholt wurde: in einem Punkt konnten
sie alle von ihm lernen und haben sie
vielfach von ihm gelernt: die Seele über-
haupt und insbesondere die „christlicheSeele
zu malen" (Beissel) — und nieititjumt
heute stundenlang zu Dresden vor der
Sixtiua stehen und mit ihr und ihrem
Kinde Zwiesprach halten kann, wer weiß,
ob es eine Sixtina gegeben hätte, wäre
nicht der schlichte Mönch zu Fiesole geivesen.

Wie 21. Dürer das Beten dar-
gestellt hat.

Eine Studie von Dr. D'ainrich in Buchloe.
(Schluß.)

Auch in ein paar Holzschnitten hat
Dürer das Thema des betenden hl. Hie-
ronymus behandelt.

Da sitzt ans einem Blatte vom Jahre
1612 der Heilige vor einer offenen
Felsengrotte, ein Felsblock ist sein
Schreibtisch. Eben ist er beschäftigt mit
der Abfassung einer Schrift, was er aber
schreibt, das schöpft er nicht aus sich selbst,
nicht aus anderen Büchern, mit unsäg-
licher Innigkeit hängt sein Auge, seine
Seele an dem Kruzifix, das vor ihm steht:
das ist das Buch, aus dem seine Weis-
heit fließt. Es kann nichts Ergreifen-
deres geben, als hier in der Wüste diese
stumme und doch so beredte Predigt des
Kreuzes, die sich so wunderbar auf dem
Antlitz des Heiligen widerspiegelt.

Ein anderer Holzschnitt ist bekannt als
St. Hieronymus in der Zelle.
Hier ist es allerdings weniger der Beter,
als vielmehr der in sein Studium vertiefte
Gelehrte, vielleicht sogar der scharfe Po-
lemiker, den Dürer darstellen wollte.

Vielleicht dürfen nur auch den berühmten
Kupferstich: „St. Hieronymus int

Gehäus" hier wenigstens erwähnen.
Wenn Beten ein Verkehren, ein Vereinigt-
sein mit Gott bedeutet, dann dürfen wir
auch diesen St. Hieronymus als einen
Betenden bezeichnen. Welch' helles, an-
heimelndes Stndierstübchen, in dem der
Heilige schreibt! Sonniges Licht flutet
durch die Butzenscheiben, Licht umstrahlt
das Haupt des Kirchenlehrers, und Licht
— das empfinden wir — muß es auch
sein, ivas aus seiner Feder quillt. Sicher-
lich ist es nicht eine trocken-gelehrte Arbeit,
die er vor sich hat, nicht eine streitbare
Kampfschrift, hier offenbart sich der milde
Greis, der nach langen inneren Kämpfen
den Frieden des Herzens errungen hat
und auch anderen von dieseut Gottesfrie-
den mitteilen möchte.

„Herr, lehre uns beten!" sprachen einst
die Jünger zilnt Heilande, und er lehrte
sie beten, lehrte sie nicht bloß durch seine
Worte, sondern mehr noch durch sein gött-
liches Beispiel, lind nirgends tritt dieses
Beispiel leuchtender und ergreifender her-
vor, als wenn wir den Heiland am Oel-
berg betrachten.

Rlcht ohne Grund hat man im Mittel-
alter und noch später an der Außenseite
der Kirchen so gerne Oelbergsbilder und
; Oelbergsgruppen angebracht. Welch'besseres
i Vorbild kann dem Christen vor Augen
 
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