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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Das Germanische Museum zu Nürnberg von 1852 bis 1902, [3]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15936#0086

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aus dem Ende des 15. Jahrhunderts,
der noch heute dem Museum augehört,
sowie eine lehrreiche Sammlung alter
Musikinstrumente, dazu wissenschaftliche
Instrumente, Hausgeräte, Waffen u. s. w.
in bereits ansehnlicher Zahl. Die Biblio-
thek bestand aus etwa 10 000 Bänden
mit gegen 410 Handschriften, wovon 40
wiederum Kopien von Bibliothekhand-
schriften fremder Bibliotheken, und über
800 illustrierten alteren Druckwerken, von
denen iveit über die Hälfte beut 15. und
16. Jahrhundert angehört. Das Archiv
umfaßte 1853 etwa 1500 Urkunden, 250
Aktenfaszikel, 39 Bände Urkundenbücher
und handschriftliche Regestenwerke sowie
eine Antographensammlung. Der „Weg-
weiser" von 1860 weist bereits eine große
Anzahl weitere Stücke ersten Ranges ans,
unter denen hier nur der zweite gotische
Prachtschrank, der berühmte, um 1400
entstandene Wirkteppich mit der Darstel-
lung von allerlei Gesellschaftsspielen und
mehrere Neiseurkitnden von Otto II.,
Otto III., Heinrich VII. u. s. s. — die
Zahl lediglich der Pergamentnrkunden
wird hier bereits ans über 5000 ange-
geben — genannt seien.

(Fortsetzung folgt.)

Literatur.

Die K u» st, Sammlung illustr. Mono-
graphien, herausgegeb. von Richard Muther.
Berlag von Jul. Bard, Berlin. Baud I
Lukas Kranach vo» R. Muther. Baud II
Die Lutherstadt Wittenberg von C. Gurlitt.
Die neue Monographiensammlung stellt sich
die Aufgabe, das ganze große Reich der Kunst
zu durchwandern, und zwar soll der Schwerpunkt
nicht so fast darauf gelegt werden, neue Forsch-
ungsresultate und Gesichtspunkte zu bringen, als
vielmehr auf eine dein großen Publikum gefal-
lende „amüsante" Darstellungsweise. Ein solches
Programm, hervorgegangen aus dem modernen
Bestreben, alles Wissen zu popularisieren, hat
ohne Zweifel sein Berechtigtes, birgt aber auch
vom wissenschaftlichen Standpunkt aus eine ge-
fährliche Klippe in sich, die der Seichtheit und
Oberflächlichkeit. Immerhin bürgt der Name des
Herausgebers dafür, das; ivir gute Leistungen er-
warten dürfen.

Gegenüber beit bekannten Knackfußschen Künst-
lermonographien hat die neue Sammlung den
billigen Preis voraus (M. 1.25 das Bändchens,
anderseits aber den großen Nachteil, daß mit
den Illustrationen, so prächtig sie ausgeführt sind,
eben viel zu sehr gespart ist.

Eine ganz ausgezeichnete Leistung im Sinne
des Programms ist der „Lukas Kranach"

vom Herausgeber selbst. So weiß kein Zweiter
die deutsche Sprache zu handhaben, um in den
Geist und in die Gedankenwelt eines Künstlers
einzuführen, wie Richard Muther. Diese oft ge-
radezu blendende Schönheit der Mutherschen
Diktion ist allein schon ein Genuß.

Den Wittenberger Meister faßt unser Autor
ganz richtig nicht als den Maler der Reformation
auf, sonder» als den naiven poesievollen Schil-
derer deutscher Waldnatur, obwohl uns sein Lob
nach dieser Seite doch ein wenig zu stark aufge-
tragen scheint. Auch sonst scheint uns Muther
einer gewissen nicht ausschließlich auf künstleri-
schem Gebiet gründenden Sympathie für den
Freund Luthers zu sehr Rechnung getragen zu
haben, indem er aus deni Bilde Kranachs die
dunkelsten Partien, seine häßliche», antirömischen
Zeichnungen imb die widerliche, durch Formen-
schönheit keineswegs verklärte Sinnlichkeit vieler
seiner Schöpfungen soviel wie ganz wegretouchiert
> hat. Es ist ja eigentlich auch ein psychologisches
Rätsel, wie einem Kranach, der sich einerseits so
beschränkt spießbürgerlich und bar jeden künst-
lerischen Schwunges zeigt, anderseits Werke von
solch' entzückender naiver Frische und namentlich
Madonnen von so minniglich-keuschem Liebreiz
gelingen konnten, wie z. B. das Innsbrucker
Gnadenbild.

Wo Muther sich über katholische Anschauungen
ausspricht, geschieht es mit der heutzutage üb-
lichen Befangenheit und Oberflächlichkeit. Auch
klingt es recht kurios, und gewiß nicht geschmnck-
voll, wenn p. 23 der „nazarenische (!) Schind-
anger" als der Boden bezeichnet wird, auf dem
im Gegensatz zur griechischen Kunst die christliche
erwachsen sei. lind so wäre noch manches aus-
zusetzen, z. B. kann denn doch nicht die Derbheit
und das „hanebüchene Wesen" als ein besonders
rühmlicher und erstrebenswerter Vorzug der deut-
schen Kunst betrachtet werden, — doch die glänzende
Darstellnngsweise Muthers versöhnt uns immer
wieder mit den und jenen logischen und histori-
schen Schiefheiten, und wir können der Arbeit als
Ganzem, namentlich in ihrem zweiten Teil unsere
Anerkennung und Empfehlung nicht versagen.

lieber das Thema des zweiten Bändchens
„Die Lutherstndt Wittenberg" und die Kunst
hätte sich vielleicht ein recht geistreiches Aufsätz-
chen schreiben lassen, mit dem Resultat, daß Wit-
tenberg — mag sich der Beurteiler zur Refor-
mation freundlich oder ablehnend stellen — eben
nichts weniger als eine für die Kunst bedeut-
same Stadt ist. Eine Monographie, ivelche
Wittenberg zur Kunststätte stempeln will, ist
von vornherein ein verunglücktes Unternehmen.
Der Erfolg zeigt das auch. Die Kunstdenkmäler
Wittenbergs, übrigens weder zahlreicher noch be-
deutender als die von hundert deutschen Klein-
städtchen, stammen fast alle noch aus katholischer
Zeit und haben mit der Lutherstadt blutivenig
zu tun. Und die p. 49 allen Ernstes aufgestellte
Behauptung, die Stadt der Reformation sei viel-
leicht die wichtigste Pflanzstätte der Rennaissance-
kunst in Deutschland gewesen, verdient nicht mehr
als ein mitleidiges Lächeln. Die ermüdende
Weitschweifigkeit der Darstellung und das Herein-
ziehcn aller möglichen unzugehörigen Dinge be-
weist übrigens zur Genüge, wie sauer es dem
 
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