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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 8
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Die Form der Stigmata des hl. Franz und ihre bildliche Darstellung, [1]
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78

eine Darstellung der großen Nerschieden-
heit der Stigmata in der äußeren Erschei-
nung, in Gestalt, Größe, „Tiefe" der
einzelnen Wunden, unterläßt aber eine
nur andeutende Bezeichnung des Aus-
sehens der ersten historisch beglaubigten
Stigmata, die, wenigstens an Händen und
Fußen, als Erhöhungen, „caelaturae“, zu
bezeichnen wären. In demselben Werke,
Artikel Franz von Assisi'), ist eine ent-
schieden zu knappe und auch den Quellen
nicht ganz entsprechende Beschreibung der
Wundmale gegeben.

Es würde 51t weit führen, wollten wir
die große Zahl der späteren Biographen
des Heiligen bis ans unsere Tage durch-
gehen, nur zu sehen, wie sie die Wund-
male mehr oder weniger richtig beschreiben.
ES sollen nur einige Arbeiten angeführt
werden, die mit der Sache sich beschäftigen
mußten, vor allem Eduard Vo gt, einst
katholischer Stadt- und Garnisonspfarrer
in Ludwigsburg, Dekan für Stuttgart
und später als Pfarrer von Betzeniveiler
Dekan für Niedlingen, ein um das katho-
lische und kirchliche Leben seiner Zeit sehr
verdienter Mann. Im Jahre 1840 gab
er, damals Repetent in Tübingen, ein
Büchlein heraus mit beut Titel: „Der
hl. Franz von Assisi". Ein biographischer
„Versuch", das er, laut Vorrede, mit
„Schüchternheit" der Oeffentlichkeit über-
gab. Das Büchlein, für die damalige
Zeit eine ganz prächtige Leistung, beschreibt
S. 170 die Stigmata kurz, aber treffend,
so ivie sie waren, d. h. Vogt schöpfte
ans den alten Quellen.

Ueberhaupt ist die Arbeit in ganz gut
katholischem Sinn geschrieben — läßt sie
doch die Jndulgenz von Portiunkula als
zu Lebzeiten des Franz gegeben bestehen.

- Dies hält jedoch einen der neuesten
Biographen des seraphischen Heiligen nicht
ab, diesen katholischen Priester, Dekan
und Schriftsteller mit Hase und Sabatier
in einen Topf zit werfen, d. h. ihn als
protestantischen Biographen zn bezeichnen,
der den Heiligen in durchaus „ketzerischem"
tind „nnkirchlichent" Geiste auffaßt und
darstellt.1 2) Dem Verfasser dieser neuesten,
sonst vielbelobten Biographie, der Geueral-

1) Band IV, S. 1809 ff.

-) Christen, Leben des ht. Franziskus von
Assisi. Innsbruck 1899 p. VI.

minister des ganzen Kapuzinerordens ist,
stehen hiebei allerdings mildernde Umstände
zltr Seite, wenn man liest, wie selbst
Jeiler int Kirchenlexikon 2, Band IV,
S. 1814 das Buch von Vogt in gleichem
Atemzug wie die von Hase als Arbeiten
von Protestanten nennt. Das hat
der eheninlige katholische Dekan Vogt nicht
verdient, der so vieles für die katholische
Sache tu Wort und Schrift, vor allem
auch in der Diaspora getan hat.

Detzel, Ikonographie II, 348 handelt
in ausführlicher Darstellung über die bild-
liche Wiedergabe unseres Heiligen und
bringt namentlich auch das berühmte Bild
desselben aus Snbiaco, berichtet aber über
die eigenartige Formt der Wundmale selbst,
namentlich an Händen ltitb Füßen, nichts.

Stephan V e i s s e l, der in den
„Stimmen von Maria Laach", Band 33,
1887, S. 160 ff., mit Energie, Geschick
und Sachkunde die Tatsache der Wund-
male als wunderbare, nicht auf Betrug
beruhende Erscheinung gegen Hase, Renan
und Thode verteidigt, macht mit Recht
auf die eigenartige Form derselben anf-
merksam: „Keine menschliche Weisheit,
auch nicht der in aller menschlichen Weis-
heit hervorragende Elias sei int stände
gewesen, derartige Zeichen künstlich
hervorzubringeu." Hätte Renan die
Quellenangaben über das Aussehen der
Wundinale gekannt oder genau sich ange-
sehen, unmöglich hätte er behaupten können,
Elias habe sie ihm künstlich beigebracht —
vollends erst in der Nacht, die zwischen
dem Abscheiden des Heiligen und der Bei-
setzung lag.

Wolfgang Menzel') nennt in wenig
Worten den Hergang der Stigmatisation,
beschreibt aber die Wundmale selbst nicht,
und ein Neuerer, Pfleiderer"), scheint über-
haupt keinen klaren Begriff von dein
Erscheinen und dem Aussehen der Wund-
male zu haben.

Und nun gehen wir über zu dem
Quellennachweis, wie die Stigmata
des hl. Franz in Wahrheit ausgesehen haben.

Der erste, der uns Nachricht gibt, ist
Elias, der bekannte Stellvertreter des
Heiligen (vicarius) und später sein Nach-
folger als Haupt des Ordens, Unmittel-

') Christliche Smybolik II, 666.

2) Attribute der Heilige», tUm 1898.
 
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