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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 8
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Die Form der Stigmata des hl. Franz und ihre bildliche Darstellung, [1]
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Schermann, Max: Wanderungen durch einige Kathedralen Nordfrankreichs, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15936#0091

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80

ters des „Dies irae" — wir sagen „die Ar-
beiten^. Bekanntlich hat dieser Jünger
des Heiligen nach dessen Tod im Auftrag
des Papstes Gregor IX. eine Vita des
Franz geschrieben, zwischen .1.228 und
1229. In späterer Zeit, nach Absetzung
des Elias als Generalminister des Ordens,
wurde derselbe Thoinas, wie uns Salim-
bene (Chron. Farm.) und die Chronik
der 24 Generale (Analecta Franciscana
tom. III) berichten, vom General Cres-
zentins 01244 —1247) veranlaßt zu aber-
maligem Bericht über das Leben des
Heiligen, worauf er zunächst einen Traktat
schrieb „de vita ct verbis et intentione
eius“1) zwischen 1246—1247. Dies ist
die Vita II des Thomas, den älteren
Bollandisten noch unbekannt und darum
in den Acta 3. 3. Oct. II sich nicht
findend, erst im Anfang des 19. Jahr-
hunderts von Ninaldi (Rom 1806) herans-
gegeben, später von Amoni (Rom 1880).
Da nun der General Johann von Parma
(1247—1255) demselben Thomas den
Auftrag gab, diesen Traktat zu ergänzen
durch eine weitere Arbeit „de miraculis“,
was er auch tat „cum epistola quae
incipit“, „Religiosa nostra sollicitudo",
so daß Salimbene I. c. schreiben konnte,
Thomas habe ein sehr schönes Buch geschrie-
ben tarn de miraculis quam vita“2) nämlich
des hl. Franziskus, so stellt sich die Frage:
wo ist dieser letzte Traktat „de miraculis“ ?
In der erwähnten Vita II ist er nicht
zn finden; denn der erste Teil dieser Vita
enthält einige Skizzen ans der Lebensgc-
schichte des Franz, der zweite Teil einige
Weissagungen, aber nicht miracula im
eigentlichen Sinn, der dritte Teil endlich
Züge ans dem aszetischen und kontempla-
tiven Leben des Heiligen. So hielt man
denn diesen Traktat „de miraculis" bis-
her für verloren, beziehungsweise für noch
nicht anfgefnnden. (Fortsetzung folgt.)

Wanderungen durch einige Kathe-
dralen Nordfrankreichs.

Von M. Sch er in an».

(Schlus; statt Fortsetzung.)

Gegenüber der verschwenderischen Fülle
jener bietet sie mehr Maß und Klarheit.

*) Ueber des Franz Leben, Worte und Getstes-
richtung.

2) Sowohl Über seine Wunder wie sein Leben.

Und wenn das Skulpturenwerk weniger
voll dein naiven Duft und der Jugend
der großen Figuren von Reims hat, so
hat die Dekoration in ihrem Ensemble
und ihren Details mehr Logik und ander-
seits überwuchert sie das bauliche Gerippe
in keiner Weise. Es mag ihr etwas von
der unvergleichlichen Poesie der Fassade
von Reims fehlen; aber man wird nichts
Nobleres und Eleganteres unter den voll-
endetsten Meisterwerken großen Umfangs
und Stils finden, als die Vorderseite dieser
Kathedrale. Sie übertrifft selbst Paris
durch ihren klaren Rhythmus, durch die
äußerste Eleganz ihrer Proportionen und
die klassische Reinheit ihres viel geglätteteren
Stils.

Die ganze Anlage wie auch das System
des Aufbans zeigen das zn vollkommener
Klarheit gediehene Prinzip, das vollkom-
mene Beherrschen der Mittel, ohne jemals
ans ein Ueberbicten der letzteren hinans-
zngchen. Der Fortschritt gegenüber von
Reims charakterisiert sich namentlich durch
die Verminderung der Stützmauern durch
die entschiedene Steigerung der Lichtquellen.
Der Chor zeigt eine fünfschiffige Anlage
mit einem Umgang und Kapellenkranz von
sieben polygonalen Apsiden statt des ein-
fachen Halbrundes, deren mittlere ansehn-
licher als die übrigen heranstrilt. Das
Kreuzschiff hat zwei Abseiten wie das Lang-
schiff; das Langhaus genau wie in Chartres
sieben Gewölbejoche, zn denen noch die
Turmhalle kommt, bei einer inneren Ge-
samtlänge von 143 Metern. Mit ganz
besonderer Sorgfalt ftitb die Apsiskapellen
bedacht worden. Ich wüßte ihnen kaum
etwas gegenüberzustellen hinsichtlich der
Delikatesse des Stils und der Ausführung,
mit Ausnahme der St. Chapelle. Man
ist geradezu frappiert durch die eigentüm-
liche Analogie, welche diese zivei Bauten
zeigen, und es könnte die Frage ernstlich
erwogen werden, ob der Baumeister des
hl. Ludwig nicht selbst gekommen ist, um
die Zeichnung dafür zu geben; soviel Aehn-
lichkeit des Stils ist vorhanden.

Wenden wir unsere Aufmerksamkeit einen
Augenblick den Portalen zu, die sich
hallenartig vor den Strebepfeilern lagern.
Sie erinnern an die berühntten Pforten
von Chartres. In ihrer ganzen Anlage
zeugen sie, ebenso wie die Galerie der
 
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