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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 8
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Detzel, Heinrich: Das Germanische Museum zu Nürnberg von 1852 bis 1902, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15936#0096

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- 85 —

gehörte seit 1855 dem Gelehrtenausschusse
des Germanischen Museums an und war
ein Mann von zwar vorwiegend juristi-
scher, aber doch keineswegs einseitiger ge-
lehrter Bildung und nicht ohne praktische
Begabung; auch war er pekuniär völlig
unabhängig. Als er sich aber nach längerem
Zögern zur Annahme der Wahl entschlossen
hatte und gegen Ende 1863 nach Nürn-
berg kam, um das übernommene Amt an-
zutreten, fand er sich alsbald mitten
hineinversetzt in einen erbitterten Streit
der Parteien am Museum. Natürlich hatte
Michelsen auf seinem Schlosse Seidings-
stadt bei Hildbnrghausen von einem solchen
Zustande nichts ahnen können, wie er sich
denn auch mit den sonstige» Verhältnissen
des Museums nur sehr mangelhaft ver-
trant zeigte. Als Jurist kümmerte er sich
um die über die Satzungen im engeren
Sinne hinausgehenden Bestimmungen des
„Organismus" herzlich wenig, weil diese
nur von dem Verwaltnngsausschusse ans-
gegangen, von der Regierung aber nicht
besonders bestätigt worden waren. Die
Repertorien und das von Aufseß ausge-
stellte System verivarf er ohne weiteres
als unnütz und unbrauchbar, ohne jedoch
etwas Besseres an deren Stelle zu setzen.
„Dagegen sollte, wie es in einer Denk-
schrift des Freiherrn von Aufseß an
den Verwaltungsansschnß (vom Oktober
1864) heißt, das Museum in eine
Lehranstalt fiir junge Archivare intb
Bibliothekare umgeschaffen und dessen
erster Stiftungszweck somit beseitigt werden,
es müsse eine Staatsanstalt werden" n. s. w.
Man kann ans dieser Denkschrift ent-
nehmen, wie entrüstet Aufseß über die
Anschauungen und das Vorgehen seines
Nachfolgers war und immer mehr wurde,
und wie sich das Verhältnis zwischen
Vorstand und Ehrenvorstand gleich in den
ersten Monaten des Jahres 1863 zu einem
wenig erfreulichen gestaltete. Durch diese
schroffe Stellungnahme Michelsens gegen
seinen Vorgänger und dessen Prinzip er-
weiterte sich auch der durch die Beamten-
schaft gehende Riß, und durch die Miß-
achtung, die er dem „Organismus" zu
teil werden ließ, trieb er bald auch den
Lokalansschuß zur Opposition. Als vollends
die von ihm beantragten Satzungsände-
rungen von der K. bayerischen Staats-

regierung nicht genehmigt wurden, dankte
er Ende August 1864 ab.

Der Verwaltungsrat schritt nicht so-
gleich zu einer Neuwahl, sondern setzte
einen Wahlausschuß nieder, bestehend aus
dem Hofrat Dietz und zwei andern Nürn-
berger Herren, dem fürstlich öttingi-
schen Archivrat Freiherrn von Löffelholz
und dem Erlanger Germanisten Rudolf
von Raumer. Eine lange Reihe von
Kandidaten erscheint nach und nach, und
auch Aufseß selbst war bemüht, eine ge-
eignete Persönlichkeit zn finden. In der
Liste der Männer, die in Betracht kamen,
j findet sich neben denr Eisenacher Gymna-
sinlprofessor Dr. jur. Will). Rein und
neben Barack und Firmenich Richarz auch
der Name Joseph Viktor Scheffels. Nach
seiner Abdankung hatte sich nämlich Auf-
seß in Kreßbronn am Bodensee angekauft,
wo er von nun an die Sonnnermonate
zu verbringen pflegte und wo er Scheffel
kennen lernte. Doch die Wahlkommission
schlug im Frühjahr 1865 dem Gesamt-
verwaltuugsansschuß Prof. Dr. Rein als
1., Dr. Frommann als ll. Vorstand des
Museums vor, welcher Vorschlag auch ge-
^ nehmigt ivurde. Allein als der neu-
gewählte I. Vorstand sich zur Reise nach
Nürnberg rüstete, machte plötzlich und un-
erwartet ein Gehirnschlag seinem Leben
ein Ende (22. April 1865), — eine neue
! Prüfung fiir das Museum.

Wiederum wurde eine Wahlkommission
mit Vorschlägen betraut, und da war es,
daß zuerst Jakob van Falke auf den in
den rüstigsten Jahren stehenden Grazer
Professor An gu st Esseuwein hinwies;
er wurde denn anch, obgleich noch zwei
andere Kandidaten, nämlich der Ober-
studienrat Dr. Häßler in Ulm und Hof-
rat Dr. Schäfer in Darmstadt, auf der
engeren Wahl standen, einstimmig gewählt.

Auch in diesen Stürmen der letzten
Jahre sind die Gaben für das Museum
reichlich geflossen, und selbst im Anslande
entstanden Pflegschaften, wie z. B. in
London; auch weitere deutsche Regierungen,
die von Hannover und Sachsen-Koburg,
gesellen sich mit ansehnlichen Jahres-
beiträgen zu den bisherigen Förderern des
Museums. Eine ganze Reihe von Gips-
abgüssen frühromanischer Werke der Plastik,
wie der Bernwardssäule, des Taufbeckens
 
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