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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 10
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Die Form der Stigmata des hl. Franz und ihre bildliche Darstellung, [3]
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Reiter, Joseph: Zu den Wandmalereien von Neckarthailfingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15936#0118

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106

der Zustand der Fresken durch die Zeit
und andere Umstände derart geworden,
daß eine genaue Feststellung der ursprüng-
lichen Darstellung meist schwierig, be-
ziehungsweise unmöglich ist. DaS Vor-
hergehende beruht auf Augenschein.

In Portiunkula ist das Bild des
Franz in der Sakristei bekannt genug; es
zeigt runde Köpfe, freilich auf der Außen-
seite der Hände, was jedenfalls falsch ist.
In der Sterbekapelle am selben Ort be-
findet sich eine herrliche Arbeit voll Lnca
della Nobbia, die künstlerisch sehr schön
ist, die Nagelköpfe aber außen an der
Hand zeigt, wohin sie nicht gehören
(Terrakottastatne). Gewundert hat uns,
daß die — modern gehaltenen — Stand-
bilder des Heiligen im Dom und auf dem
Vorplatz desselben statt der wirklichen
Stigmata nur schwache Ritzen zeigen, ob-
wohl in Stein und Erz die historischen
Stigmata leicht hätten hergestellt werden
können, zunl Beweis, wie das Bewußtsein
von der wahren Gestalt der Male auch
der heutigen Künstlerschaft abhanden ge-
kommen ist. Empört hat uns vollends
die lebensgroße Statue des Heiligen im
Gang zil seinem Grab in der Krypta.
Da hat man kurzerhand große eiserne
Nägel durch die Hände getrieben; also
keine Spur von der alten Ailffassnng, daß
die Nägel Fleischnägel sind, also integrie-
rende Bestandteile des Körpers des Hei-
ligen, nicht von Menschenhand angebracht.

Was die sonstigen Darstellungen be-
trifft, so hat Thode (S. 90) recht, wenn
er sagt: „Die Wunden sind durchweg
einfach wie die Christi gebildet; ans-
nahmsweise nur sieht man die von den
alten Biographen so eingehend beschrie-
benen nagelförmigen Fleischauswüchse auf
einem Bitd des Erivelli in London."

Es sind hellrote, dann dnnkelrote, mitunter
schwarze oder schwärzliche ovale Zeichen,
welche das Gnadenwnnder andeuten, an-
gebracht auf der Außen- oder Innenseite
der Hände, der oberen oder unteren Fnß-
fläche, wie eben gerade die Situation, in
der Franz dargestellt ist, es mit sich bringt.
Die Seitenwnnde (und auch die Fnß-
male) ist häufig gar nicht sichtbar, weil
durch das Gewand verdeckt, oder sie ist
durch einen Schlitz iiu Gewand angedeutet
oder auch durch die zeigende Haltung der

linken Hand, in seltenen Fällen sichtbar
wie in dem oben angeführten atfertüm-
liehen Bild in St. Maria degli Angeli
bei Assisi, wo die Seitenwnnde kreisrund
erscheint, was an Bonaventuras Schilde-
rung erinnert. Abbildung bei Thode
S. 85.

Andere Künstler ersetzen gewisser-
maßen die Wundmale durch Edelsteine,
Goldstrahlen, sonnenartige Anbringungen,
Anlehrungen an Ausdrücke der attcu
Biographen, wie gemmae pretiosissimae
Thom. I, 2, 3 margaritae 1. c. und
Thomas III n. 39 und margaritae
coelestes, Bonaventura XV, 5.GregorIX.
nennt sie nach demselben (de mir. I, 2)
»praefulgentia signa«. Was wunder,
wenn dann ein Späterer, wie wir aus
den »Actus Sti Francisci« c. 29 und
in den Fioretii c. 26 ersehen, bei einem
Blick ins Paradies 31t künden weiß:

»quiuque Stigmata erant sicut quinque
splendidissimae stellae, quae tanta luce
fulgebant, quod videbatur (!) totam
civitatem radiis illustrare« sDie fünf
Stigmata waren wie fünf glänzende
Sterne, die in solchem Licht glänzten,
daß es schien, sie wollen die ganze Him-
melsstadt mit Strahlen verklären). Dem-
entfprechend gingen die Maler, namentlich
in Toskana und Umbrien, daran, statt
der historischen Wundmale Edelsteine an-
zubringen, leuchtend wie Sterne und Gold-
strahlen ausstrenend — so auf einem Bild
von Foppa in der Brera in Mailand,
auf einem andern Bild in der Ambrosiana
und andern in den Uffizien zu Florenz;
ja, es ist sogar 31t sehen, wie die Gvld-
strahlen aus den durch das Kleid ver-
deckten Malen Hervorbrechen. Doch hat
es auch solche Darstellungen gegeben,
welche die Wundmale deutlicher und mit
einiger Annäherung an ihre wirkliche Ge-
stalt malten. (Schluß folgt.)

Ju den Wandmalereien von dneckar-
thailfingen.

Vo» Pfarrer Reiter.

Die Blätter des Schiväbischeu Albver-
eins bringen in ihrer ersten Nummer
des Jahres eineil Ailfsatz über die neu
aufgedeckten romanischen Wandmalereien
am Triunlphbogen der um 1090 erbauten
 
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