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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 21.1903

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Nr. 11
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Reiter, Joseph: Zu den Bildern der unbefleckten Empfängnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.15936#0127

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als ans dem Schaum des Meeres ent-
standen dachte. — »Ex candore orior«
= Aus weißem Glanze entstehe ich,
lautet deshalb die Inschrift. Die Arche
auf dem Berge Ararat mit- der Bezeich-
nung »Expers naufragii« = Ohne Schiff-
bruch — verkündet uns, daß Marin, die
Arche des Neuen Bundes, durch die Flut
der Sünde, ohne Schiffbruch zu leiden,
hiudnrchgegangen sei. Auf den beiden
hintersten Medaillons sieht mau je einen
Baum: das einemal andere Bäume ge-
fällt danebenliegend; »Nec laeditur (oder
caeditur ?) una« = Nnr Einer wird nicht
gefällt; das anderemal ein Baum, eine
Schlange züngelt nach ihm hinauf, und die
Inschrift dazu heißt: »Inimicitias ponam«

— Ich will Feindschaft setzen. Dieser
Baum, welchem die Feindschaft der
Schlange gilt, ist jener Lebensbaum Maria,
dessen Frucht wirklich der Schlange den
Kopf zertreten. — Bei den ehrwürdigen
Gestalten von Muttergottesverehrern int
Schiff der Kirche dürfen wir nicht
länger verweilen, doch sollen noch zwei
als Repräsentanten derselben genannt
werden. Der hl. Ambrosius zeigt uns
in feinem Buche die Schrift: »Haec est
virga (virgo), in qua nec nodus oiigi-
nalis nec cortex actualis culpae«: Das
ist der Stab (die Jungfrau), an welchem
kein Knoten der Erbsünde und kein Aus-
wuchs persönlicher Sünde ist. Als zweiter
Repräsentant gilt uns der hl. Anselm
von Cauterbury: Maria steht vor ihm
in einer Erscheinung, und so überirdisch
schön muß ihr Glanz sein, daß ein kleiner
Engelknabe cs nicht unterlassen kann,
einen ihrer zwölf Sterne wie in kindlicher
Neugierde mit den Fingern zu betasten.
Der Heilige erklärt: »Oecebat Mariam
matrem Dei esse sine labe original! c

— Es geziemte sich, daß Maria als Mutter
Gottes ohne Makel der Erbsünde sei.

Im Jahre 1857 am 8. September
wurde auf der Piazza di Spagna, einem
der schönsten Plätze Roms, eine Bildsäule
zu Ehren der Unbefleckten eiugeweiht,
welche einige Besonderheiten aufweist und
darum auch einige besondere Worte ver-
dienen dürfte.

Auf einem feinen, prachtvollen Fuß-
gestell, dessen Ecken mit den Statuen der
Propheten aus weißem Marmor geziert
sind, erhebt sich eine hohe Säule und auf

dieser die Statue der Immaculata, welche
auf einer von den Sinnbildern der vier
Evangelisten getragenen Kugel steht. Ihr
Fuß zertritt die Schlange, ihr Blick ist
gegen den Himmel gerichtet, die rechte
Hand etivas erhoben, die linke zur Erde
gesenkt. Sie scheint sagen zu wollen:
„Herr, ich danke Dir, daß Du mich so ver-
herrlicht hast, aber ich empfehle die Welt
Deiner Barmherzigkeit." — Weit und
majestätisch ist der Mantel; von dem
Maria umhüllt ist. Aus ihrem Antlitz
leuchtet erhabene Glückseligkeit.

In neuester Zeit ist zu Ehren der un-
befleckten Empfängnis ein schönes Kunst-
werk von Augusto Passaglia ans Lucca
geschaffen worden in der Bronzetüre des
Domes S. Maria bet Flore in Florenz.
Auf dem großen Basrelief des linken Tor-
flügels thront die heilige Jungfrau mit
über der Brust gekreuzten Armen, um-
geben von Seraphim und überragt vom
Bilde des heiligen Geistes, welcher seine
Braut mit dem kostbarsten Brautschmnck
ausgestattet hat. Unten eine blühende
Lilie, als Zeichen der Reinheit, vor
welcher sich die Schlange auf der Erde
windet. Links erblickt man den Apostel
Petrus, das Dogma von der unbefleckten
Empfängnis verkündend ititb auf die
seligste Jungfrau hinweisend; hinter ihm
der hl. Joseph nub Johannes der Täufer.
Rechts der Apostel Paulus, als Hüter
des Glaubens, hinter ihm Ordensgeist-
liche, die 1854 unter Pius IX. an den
dogmatischen Vorarbeiten teilgenommen
hatten; vor ihm kniet eine weibliche Ge-
stalt, mit einer Rolle in der Hand, die
den Glauben vorstellen soll, welcher das
Dogma annimmt. Unterhalb des Bas-
reliefs hält ein Engel ein Band mit der
Inschrift: »Maria sine labe original!
concepta.« Darunter Engel, „die heilige
Musik darstellend". — Diese Komposition,
in mehrfacher Hinsicht verwandt mit der
von E. Merkel (vgl. das Bild in Otis
Marianum), will das Dogma und die
Dogmatisiernng desselben zur Geltung
bringen und führt namentlich auch in der
allegorischen Figur des Glaubens ein neues
Moment ein. Daß sich in dem Gruppen-
bild auch S. Joseph und S. Johannes
befinden, gefällt uns ohne weiteres, doch
will es uns Vorkommen, als ob auch dem
heiligen Evangelisten Johannes ein Plätzchen
 
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