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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 2
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Giefel, Joseph Anton: Die Kunstschätze des Klosters Weingarten zur Zeit der Säkularisation, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0025

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kstransgegeben und redigiert von Pfarrer Detzel in St. Lhristina-Ravensbnrg.

Verlag des Rottenburger Diözesan-Annstvereins;
Aonnnissionsverlag von Friedrich Alber in Ravensburg.

Or

2.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich fiir M. 2.— durch die württembergischen, M. 2.20
durch die bayerischen und die Neichsvostanstalten, Kronen 2.54 in Oesterreich, Frcs. 3.40 in
der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden auch angenommen von allen Buchhandlungen TQQ/1
sowie gegen Einsendung des Betrags direkt von der Verlagsbuchhandlung Friedrich Alber in S *T*
Ravensburg (Württemberg) zum Preise von M. 2.05 halbjährlich.

Die Aunslschätze des RIosters Wein-
garten zur Zeit der Säkularisation.

Vou Hofrat Pr. Giefel in Ludwigsburg.

(Schluß.)

Bei der ungeheuren Länge und Weite
der Kirche nehmen die Stühle einen nur
unbedeutende» Raum ein und hentmen
nirgends die Aussicht. Auf der ichönen
Galerie, die über leichte, gefällige Bogen
von einer Säule zur andern sich schlingt,
ist nicht ein einziger Stuhl angebracht. In
Ansehung des Lichts kann nicht leicht in
einer Kirche besser gesorgt sein, lieber den
Wert der Gemälde muß ich Meister ur-
leilen lassen, kann indessen der brennen-
den Lebhaftigkeit der Farben in den Fresko-
gemälden meine Bewunderung so wenig
versagen als alle anderen, die davon reden.
Die großen Gemälde auf der Galerie
sind nicht an die Wand befestigt, sondern
in vergoldeten breiten Rahmen anfge-
hangen.

Der Chor, worin der große Hochaltar
steht, ist von der übrigen Kirche durch ein
meisterhaftes vergoldetes Gitter abgeschie-
den.^ Die auf beiden Seiten angebrachten
dreifachen Sitze sind von geglättetein Nuß-
baum. Ueber denselben steht die kleine
Orgel, deren in der Beschreibung nicht
erwähnt i)t. Sie wird klein genannt, weil
sie nur ein Dritteil der großen ausmacht,
hat aber 2222 Pfeifen und ist also nichts
weniger als klein. Um den Chor auf
beiden Seiteil zu zieren, ist er in zwei
Teile geteilt, die 40 Schuh von einander
entfernt sind und durch Luftkanäle unter
der Erde kommunizieren.

In einem besonderen Altar am Gitter

wird unter vierfachenr Verschluß das größte
Heiligtum von Schwaben, nämlich einige
angebliche Tropfen des Blutes Christi in
einem reich gefaßten Kristall verwahrt, die
durch den römischen Soldaten Longinus,
der bei der Kreuzigung die Seite des
Heilandes öffnete, nach Mantua gebracht
und endlich in den Besitz der Welfen ge-
kommen sein sollen, welche sie vor 600
Jahren hieher stifteten. Dieses Heiligtum
wird jährlich um Pfingsten hinausgetragen
und von der aus der weiten Gegend zu-
strömenden Menge, wobei gewöhnlich gegen
3000 Mann zu Pferde sind, begleitet.

Die Kirchengefäße und Zieraten sind
in einenc besonderen Gewölbe neben der
Kirche in vielen Schränken verwahrt. Ihr
Wert besteht mehr in der Kunst und in
dem Altertum als in denc innern Gehalt.
Doch sind sie auch in dieser Rücksicht noch
bedeutend. Bei den Drangsalen des letz-
teren Kriegs sah sich das Stift genötigt,
die wichtigsten silbernen Gefäße anzugreifen
und es wurden über 370 Mark zu Salz-
burg vermünzt. Allein von allem, was
die Kirche hat, verdient die große Orgel
auf der Galerie über dem Hanpteingang
den entschiedensten Vorzug sowohl für den
Freund der Musik als für den Architekten.
Sie wurde nach 14jähriger Arbeit im
Jahre 1754 vollendet. Ihre Höhe und
die Zahl der Pfeifen ist in der obigen
Beschreibung angemerkt. Sie ist in zwei
oben verbundenen Hälften ausgestellt, um
dem Licht von zwei großen Fenstern den
Durchgang zu geben. In dieser Mitte steht
das vierfache elfenbeinerne Klavier mit
seinen 76 Registerzügen ganz frei, so daß
der Spielende die ganze Kirche übersieht.
 
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