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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 2
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Bach, Max: Romanische Reliquienkästchen in Württemberg
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0030

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sollen also wohl Daniel und Jesaias dar-
stellen.

Die Arbeit sämtlicher Darstellungen ist
äußerst zierlich bis in die kleinsten Details
durchgeführt. Die Drapierung besonders
der Engel verrät schon eine vorgeschrittene
Kunstepoche, so daß man wohl nicht fehl-
gehen wird, wenn man das Stück der
spätbyzantinischen Zeit des 12. Jahrhun-
derts zuzuschreiben geneigt ist.

Ein drittes Exemplar derartiger Neli-
quienkästchen, welches aber einer früheren
Zeit angehört, ist erst in neuerer Zeit be-
kannt geworden. Es befindet sich im Archiv
der Stadt Eßlingen und ist abgebildet im
I. Band von Paulus' Württemb. Kunst-
denkmälern S. 182. Das Kästchen ist etwa
25 Zentinieter lang und II Zentimeter
hoch, ist aber in sehr defektem Zustand
und durch Anbringung eines häßlichen
Truhenschlosses verunstaltet. Der Körper
ist von Holz mit aufgelegten Ornamenten
und Figuren von Bein im antikisierenden
Stil. Die Langseiten sind in je drei
quadratische Felder eingeteilt, umgeben von
breiten Ornamentstreifen, welche anein-
andergereihte Rosetten bilden, ein Motiv,
welches bei zahlreichen anderen Käjtchen
dieser Zeit und Schule stets wiederkehrt
und so unzweifelhaft zur Richtschnur für
dessen Provenienz dient. In den Feldern
sind kämpfende Krieger teils nackt, teils
nur nsit Toga oder Tunika bekleidet an-
gebracht. Diese Figuren sind noch ganz
im antiken Geist behandelt, sie führen teils
Speere, teils kurze breite Schwerter; eine
besonders charakteristische Figur ist der
Schleuderer an der Vorderseite des Käst-
chens links, derselbe trägt in den Falten
seines Mantels einen Vorrat Steine, wäh-
rend die Rechte erhoben ist im Begriff,
einen Stein zu schlendern. Auf dem Deckel
ist nur noch das mittlere Figurenfeld er-
halten, jedoch durch die angebrachten Be-
schläge sehr verdorben. Die Schmalseiten
der Kassette sind vielfach geflickt und über-
dies noch durch eiserne Spangen, welche
die Ecken zusamnienhalten, beschädigt.

Daß hier entgegen dem sonstigen Ge-
brauch profane Sujets zur Darstellung
kommen, erklärt sich daraus, daß solche
während des monoklastischen Regims ent-
standen sind. Jedenfalls ist unter der
bilderstürmerischen Epoche des byzantini-

schen Reichs eine neue Aufnahme antiker
Motive und Darstellungen ziemlich gewiß
und es ist wohl anzunehmen, daß die ans
Byzanz vertriebenen Künstler in Rom gast-
freundliche Aufnahme fanden und ihre
Einflüsse auf die dortige Kunst unter den
Päpsten Hadrian I. und Leo III. geltend
nlachten. Man darf diese, fast in allen
größeren Sammlungen des Kontinents vor-
handenen Kästchen als italienische Arbeiten
des 8. Jahrhunderts betrachten, welche
fabrikmäßig angefertigt wurden, um als
Behälter für die damals zahlreich aus
Italien ausgeführten Reliquien zu dienen.

Zu deu bekanutesteu derartiger Kassetten
gehörten diejenigen im Schatz der Viktors-
kirche zu Xanten und zu Kranenburg, ferner
zwei besonders schöne Stücke in den Samm-
lungen Basilewsky und Germeau in Paris,
im Kensington-Museum in Landen und in
der Sammlung Carrand in Florenz.

Literatur.

Berühmte Kunst statten, Leipzig. E. A.

Seeinann Nr. 22: Augsburg v.Barth.
Niehl.

Der Verfasser, Professor der Kunstgeschichte
an der Universität München, hat es verstanden,
in gedrängter und doch fließender Sprache uns
ein ziemlich lückenloses Bild der Entwicklung der
Augsburger Kunst von den Zeiten eines heiligen
Ulrich bis heraus zum Rokoko zu bieten. Selbst
derjenige, dem Augsburgs Bedeutung in der
Kunstgeschichte nichts Unbekanntes ist, wird beim
Studium dieses Werkes staunen müssen über die
Fülle des Materials, das hier zu behandeln und
zu verarbeiten war. Und umso schwieriger mußte
diese Aufgabe sein, als auf de» verschiedenen zu
besprechenden Gebiete» vielfach nur wenig und
dürftig vorgearbeitet war. Daß die Lösung trotz-
dem gelang und die Arbeit dem Leser wie ans
Einem Gusse sich präsentiert, gereicht dem Ver-
fasser zu hoher Ehre. Allerdings kommen auf
diese Weise gewisse Partie» des so reichen Augs-
burger Kunstlebens ziemlich kurz und summarisch
weg, so hätten wir beispielsweise gern mehr er-
fahren über das zur Zeit der Renaissance in
Augsburg in hoher Blüte stehende Kn »st Hand-
werk, dessen Erzeugnisse gerade auch vielfach in
Württenrberger Kirchen sich heute noch finden.
Auch die Augsburger K upfe r st e ch e r des I <.
und 18. Jahrhunderts, die seinerzeit halb Deutsch-
land mit Buch- und Wandschmuck versahen und
mit ihren Heiligenbildchen fast in jedes katholische
Haus Süddeutschlands Eingang fanden, sind viel-
leicht etwas zu knapp behandelt. Ganz unerwähnt
ist leider die Blüteperiode der Augsburger Buch-
malerei im 12. und 13. Jahrhundert geblieben
(s. Archiv 1902, 10, kl, 12; 1903, 1). Riehls
„Augsburg" kann zumal bei dem billigen Preis
(3 M.) .und der reichen Ausstattung (102 Abbil-
 
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