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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 3
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Marquart, A.: Verkauf eines altertümlichen Altarwerkes aus der Skt. Georgskirche in Oberdorf, Oberamts Neresheim, im Jahre 1855, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0039

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18

tu Schnitztverk. Die bemalten Flügel
zeigen zwei Bischöfe, außen die Berkündi-
guug. Auf den Außenseiten der großeit '
Flügel kleine Darstellungen ans der Le-
geude des heil. Georg. An den Seiten
größer die heil. Katharina ttnd die heil.
Barbara. In der Behandlung dem Altar
von Wasseralfingen ähnlich, aber weniger
sorgfältig behandelt.

Der kl. ältere Altar ist unbedeutend
und hat sehr gelitten."

Die mit 58 Unterschriften bedeckte Ein-
gabe vont 18. April 1855 lautet:

Königliches gemeinschaftliches Oberamt
Neresheim-Aalen.

Jtt unserer dem heil. Georg geweihten
Kirche zu Oberdorf wurde vor mehr als
300 Jahren ein Altar mit Darstellungen
ans der Legende des heil. Georg und der
Heil. Geschichte in Gemälden und ge-
schnitzten Bildcrtt gestiftet, der — ein
Eigentum der Skt. Georgipflege — bis
jetzt wohl erhalten in letzter Kirche sich
befand und von Kunstkennern als beson-
ders schön erklärt wurde, wie er auch in
der Sammlung von Denkmalen des Alter-
tums und alten Kunst im Königreich
Württemberg 1843 Nr. 152 sich aufgeführt
und als wertvoll bezeichnet findet. Ebenso
legte die Gemeinde selbst auf dieses Kunst-
werk und Zierde ihrer Kirche, das viele
Fremde anzog, stets großen Wert.

Umsomehr mußte es Erstaunen und
Aergernis erregen, als dieser Altar fast
ganz verschwunden war und, wie man
bald ersehen, in der letzten Woche ver-
kauft und um geringes Geld an einen
Händler abgegeben worden war.

Indem wir uns erlauben, hievon nn-
verweilt Anzeige zu machen, und hierüber
zu beschweren und zu bitten, die geeig-
neten Schritte zum Rückgängigmachen
dieser Veräußerung und Wiederherstellung
des alten Zustandes in möglichster Bälde
zu tun, glauben wir zur Unterstützung
unserer Beschwerde und Bitte anführen
zu sollen:

1. Daß sich sehr fragen wird, ob die-
jenigen, welche diese Veräußerung
vornahmen, überhaupt hiezu kom-
petent waren und rechtsgültig ver-
äußern konnten, indem sie nicht
einmal den Stiftnugsrat unserer

evangelischen Gemeinde bilden, in-
dem aber:

2. auch der vollständig besetzte Stif-
tnngsrat ohne Genehmigung- der
hohen Behörde umsoweniger eine
solcheVeräußernng vornehmen könnte,
als hiezu infolge einer vor mehreren
Jahren erlassenen Verordnung Denk-
male und Kunstwerke erhalten werden
sollen.

3. Jedenfalls gelte auch beim Eigen-
tum einer Stiftung die Vorschrift,
daß nur in öffentlicher Versteigerung
verkauft werden darf; und bei dem
Verkauf um 100 fl. liegt außerdem
noch eine enorme Verletzung vor,
indem nach früheren Urteilen Sach-
verständiger das Kunstwerk gegen
800 fl. Wert habe, was natürlich
der Händler, der sich einen Profit
znwenden will, den verkaufenden
Personen nicht kund tat, sondern sie
in Unkenntnis ließ.

4. Außerdem aber dürfte alle Berück-
sichtigung verdienen, daß Stiftungen
nicht angetastet werden sollen und
solche Vorgänge der Mißachtung
sehr abschreckend wirken, wie z. B.
auf solche von uns, welche für
Kirchenzwecke, für Herstellung der
Orgel, für Anschaffung eines Kelches,
— Kanten u. s. w. noch in letzter
Zeit Stiftungen machten. —

5. Wird sich diese Entfremdung und
rohe Zerstörung dieses kirchlichen
Kunstwerks umsoweniger rechtfertigen
lassen, als nicht nur die Gemeinde
nicht um ihre Ansicht befragt wurde,
sondern diejenigen, welche diesen
Verkauf beliebten, alle Gelegenheit
gehabt hätten, die mißbilligende
Stimmung der Gemeinde zu er-
fahren, welche, während andere Ge-
meinden und Korporationen wegen
Erhaltung oder Anschaffung von
Knnstschätzen gerechte Anerkennung
finden, nun durch einen ärmlichen
Verkauf um ihre Altertümer und
Kunstwerke, um die Zierde ihrer
Kirche kommen und sich dem — be-
reits begonnenen Spott anderer ans-
gesetzt sehen würde.

Es erging am 13. August 1858 fol-
gender Ministerialerlass:
 
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