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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 4
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Munz, Michael: Ein Gang durch restaurierte Kirchen, [27]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0053

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32

Niederwangun schon 856 als znmArgengan
gehörig urkundlich genannt. Das; auch die
Kirche in Niederwangen sehr alt ist, geht da-
raus hervor, das; nach de»;hi sigenJahrtags-
verzeichnis der Edle Osivald v. Schom-
bnrg im Jahr ]244 in die hiesige Pfarr-
kirche einen Jahrtag stiftete, der heute
noch gelesen wird. Herr Architekt Endes
in Stuttgart spricht sich folgendermaßen
aus: „Nach einigen spärlichen Ueberresten
zu schließen, datiert die Kirche in Nieder-
wangen augenscheinlich bis zum Anfang
des XII. Jahrhunderts zurück; hat aber
in; Laufe der Zeit viele Umwandlungen
erfahren, so das; aus der frühesten Periode
nur noch der Turm mit starkem Tonnen-
gewölbe erhalten ist. Der übrige Bau
mit noch gotisch profilierten Fenstern ge-
hört ohne Zweifel dem 16. Jahrhundert
an. Aus dieser Zeit sind noch 3 gotische
Heiligenstatnen vorhanden(Ottilie, Magnus
und Bischof Remigius) und der nun als
Weihwasserkessel benützte gotische Taufstein.
Die 2 Seitenaltäre bei guten Proportionen
schön profiliert und im mäßigen Barock-
stil gehalten, stammen wohl aus dem Ende
des 17. Jahrhunderts. Das Ornament
ist etwas schwülstig und 3—4 Figuren
von talentlosen Künstlern gefertigt, sind
wilde Leistungen der Zopfperiode. (Diese
sind jetzt entfernt und durch neue ersetzt.)
Der Hochaltar dürfte um dieselbe Zeit
entstanden sein und darf vermöge seiner
edlen Verhältnisse und feinen Gliede-
rungen den besten Arbeiten der damaligen
Zeit an die Seite gestellt werden." So
Endes. Dazu darf wohl auch der Sebastians-
altar gerechnet werden, der als 4. an der
Turnrseite angebracht ist. Der Turm
reicht nämlich in die Kirche herein, so daß
der Chor dadurch auf die Seite nach Süden
geschoben ist und die Verhältnisse der
Kirche verschoben sind.

Bei einer Weite von 12,60 Nieter hatte
das Schiff der Kirche nur eine Höhe von
6,40 Meter. Dieser Uebelstand sowie
auch der allgemeine prekäre Zustand der
ganzen Kirche veranlaßte im Jahr 1868
den damaligen Pfarrer und Schnlinspektor
A. Braun, das Schiff der Kirche restau-
rieren zu lassen. Diese Restauration wurde
nach dem Plane des Architekten Endes in
Stuttgart vorgenommen. Das Decken-
gebälk wurde ausgeschnitten und ver-

mittels durchgehender Biige und Zangen
und einer segmentbogeuförinigen Ver-
schalung mit Deckleisten das Schiff der Kirche
entsprechend erhöht; der Boden der ganzen
Kirche mit Saargemünder Platten neu
belegt, die Kirchenstühle neu aufgestellt,
die Wände mit Dekorationsmalerei ver-
sehen, so daß das Schiff ein würdiges
Aussehen bekam. Da der Dachstuhl und
die südliche Seitenwand neu hergestellt
werden mußten, so kam diese Restauration
einschließlich des neuen Chorgestühles samt
Wandbekleidnng ans Eichenholz und 5
neuen Fenstern im Chor ans Kathedral-
glas auf ca. 30 000 M.

Durch diese Restauration des Schiffes
kam der Chor ins Mißverhältnis zu
diesem und zwar äußerlich und innerlich.
Aeußerlich: durch die Erhöhung des

Schiffdaches kam Chor- und Schiffdach
in eine häßliche Stellung zu einander uub
bilden die Figur eines sog. Andreas-
kreuzes. Innerlich: der Chor war niederer
als das Schiff und mit einer armseligen
flachen Gipsdecke versehen. Decke und
Wände schwarz und rauchig. Es han-
delte sich also darum, den Chor höher
zu legen und das Ehordach gleichlaufend
mit dem Schiffdach zu machen und inner-
lich dem Chore die erforderliche Höhe zu
geben durch ein Gewölbe: Stein-Lariz-
oder Holzgewölbe. Steingewölbe war
ivegen der schivachen Mauern nicht wohl
möglich und bei letzteren entschied das
Bischöfliche Ordinariat für eine kassettierte
Holzdecke, die durch eine Wölbung aus
Gips mit den Mauern verbunden werden
sollte. Die technische Ausführung dieser
Arbeiten übernahm nach voransgegaugenen
längeren schriftlichen Verhandlungen Herr
Regiernngsbanmeister Pohlhammer in
Stuttgart, der seine Aufgabe in aus-
gezeichneter Weise löste, äußerlich durch
die bei dem verschobenen Chore schwierige
Gleichlegung des Daches und besonders
innerlich durch prächtige Zeichnung der
Kassette, die von Bildhauer Metz in
Gebrazhofen ebenso schön ansgeführt
wurde. Die Chorwände wurden um
80 Zentimeter erhöht und die Kassette durch
eine Wölbung und ein Hauptgesims aus
Gips mit den Wänden verbunden. Da-
durch erhielt der Chor dem Schiffe gegen-
über eine entsprechende Höhe uub machte
 
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