Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Literatur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0065

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
44

b e u N ii nt e n C h o u n r a d » s f ü h r t e n. Der
dritte Abschnitt bezeichnet uns als ersten dieser
Männer den ,,Ldounra<lu8 scriptor et ciistös“,
dein die mal. veih., der Flavins JosephnS und
die hist. scol. zngeschrieben werden. „Es ist der
Typus jener fleißigen klösterliche» Bücherschreibcr,
die unverdrossen jahrelang Tag uni Tag in der
stillen Zelle mit Schreibpulte saßen und Zeile an
Zeile reihten." Der vierte Abschnitt stellt uns
den ,,Cliounradus pictor11 dar, von Dem alle
figürlichen Malereien des lib. mal. mit Ausnahme
des Marienlebens, der „Bann: Jesse" int Fl.
Josephus und die Initialen dos lib. mat. stammen,
die alle eine echte Künstlernatur, ja in seiner
Zeit den bedeutendsten Künstler Bayerns zeige».
Dem dritten Konrad, dem „Chounradus aübas",
wird zugeschrieben: der ganze Zyklus aus dem
Marienleben, die ornamentalen Umrahmungen
zur Madonna und den beiden Schutzheiligen so-
wie die Initialen, die sich hauptsächlich von
Fol. 407 dosMetutinalbnchcs an finden. „Inden
drei besprochenen Konradeu des Klosters Scheyern
treten uns somit ebensoviele verschiedene Cha-
raktere und gerade in ihrer Gegenüberstellung
hochinteressante Typen von Künstlern ihrer Zeit
entgegen. Wir sehen den geschäftig-fleißigen ans
mehreren Gebieten nicht ungeschickten, aber nichts
weniger als bedeutenden und tiefen scriptor und
custos, wir sehen den tüchtigen, tatkräftigen Abt,
einen Mann von feiner Bildung, der neben den
Geschäften seines Amtes noch literarisch tätig ist
und sich auch in der Buchmalerei versucht, sie
beide aber überragt der schlichte lrater Choun-
radus pictor, in dessen Werken die gleichzeitige
deutsche Buchmalerei ihren Höhepunkt erreicht
hat". Der sechste und letzte Abschnitt gibt eine
ikonographischo Abhandlung über die Konradus-
Codiees, in denen wir eine nicht unwichtige
Quelle für die Kenntnis der spätroinnnische»
Kunst finden. Detzcl.

Die Klosterkirche zu Ebrach. Ein
tunst- und kulturgeschichtliches Denkmal aus
der Blütezeit des Zisterzienserordeus. Bon
Df. Johannes Jäger. Mit 127 Ab-
bildtuigen, Details und Plänen. Würz-
burg. Stahelschc Perlagsanstalt, K. Hof-
und Universitäts-Verlag Oskar Stnhcl.
1603. Preis: geh. 15 M.

Die ehemalige Klosterkirche Ebrach, im Steiger-
walde zwischen Bamberg und Würzburg gelegen,
heute eine staatliche Strafanstalt, ivar das älteste
und zugleich durch alle Zeiträume hindurch be-
deutendste Zisterziensterkloster des ganzen Franken-
landes. Da bis ans den heutigen Tag der ganze
Komplex der Klostergebäude noch so gut wie
vollständig erhalten ist, so verdient solch ein
doppelt interessantes und belehrendes Denkmal
einer alten Klosterherrlichkeit gewiß eine ein-
gehende Monographie. Der gelehrte Verfasser ist
Geistlicher an der Strafanstalt tind hat sich seit
12 Jahren mit der Vergangenheit dieses ehe-
maligen Zisterzienserklosters und besonders mit
der Baugeschichte der Klosterkirche eingehend be-
schäftigt; sein jahrelanger Aufenthalt in Ebrach

— das erkennt man sofort aus dem Werke —
machte ihn wie keinen anderen vollkommen ver-
trant mit allen dortigen Gebäulichkeiten und lo-
kalen Verhältnisse». Die, .Klosterkirche zu Ebrach
wurde' bisher als Baudenkmal in der .Kunst-
geschichte viel zu wenig beachtet und es ist ein
nicht geringes Verdienst des Verfassers, durch
sein mühevoll beigebrachtes Material das Bau-
denkmal der allgemeine» Kenntnis und Würdi-
gung zugänglich gemacht zu haben und die Mittel
zu bieten, um demselben in der Kunstgeschichte
die Stellung anzuweisen, die ihm gebührt. Diese
Stellung kennzeichnet der Verfasser selbst mit
folgenden Worten: „Kaum an einem anderen
Bauwerke des I I. Jahrhunderts tritt die Mischung
verschiedenartiger Elemente, welche in der kirch-
lichen Baukunst Deutschlands den liebergang
von der r o m a n i s ch e n z n r g o t i s ch c n B n n
weise kennzeichnet, so wahrnehmbar hervor, wie
an der Klosterkirche in Ebrach. Zu der für einen
früheren Zistcrzienserbau naturgemäß den Aus-
gang und die Grundlage bildendci: burgundischcn
Weise gesellen sich Einzelforme» deutschromani-
scher Tradition und nordfranzösischer Frühgotik.
Um 1200 begonnen, dürfte der Bau in Ost-
franken das erste Beispiel des Rippengewölbes,
dieses Hauptmerkmals des gotischen Stils, bieten,
welches schon am ältesten östlichen Teile erscheint.
Weiter kommt diesem Bane eine besondere Be-
deutung zu vermöge seiner maßgebenden
Beziehungen zu einigen der vornehm-
sten B a u st ä t t e n O st f r a n k e n s. Der Einfluß
der Ebracher Bauhütte ist am Bnmbergcr Dom
bereits an mehreren Stellen seines östlichen Teiles
wahrnehmbar; am Querhaus und den unteren
Teilen des Westchorcs und seiner Türme wird
er dominierend, und wir begegnen hier neben
denselben Formen auch denselben Steinmetz-
zeichen wie in Ebrach. Durch Vermittlung der
Bambergcr Dombauhütte gelangte dieser Einfluß
nach der benachbarten Reichsstadt Nürnberg, n>o
er sich in der St. Scbalduskirche, dem ältesten dor-
tigen Bauunternchnien, bekundet, durch daS der
monnmentale Sinn des aufblühenden bürgerlichen
Gemeinwesens Ausdruck gewann."

Mit der knnstgcschichtlichen Darstellung hat
der Verfasser fortwährend auch Ausblicke ans die
gesamte Geschichte des Klosters und seiner Aebte
verbunden. Die Ausstattung des Werkes ist eine
vorzügliche: das beigcgcbcne reiche Abbildnngs-
niaterial besteht aus 127 Darstellungen, ivelche
zum Teil neu gefertigt, zum Teil aus bereits
vorhandenem zerstreuten Material ausgewählt
und dem Zwecke der Schrift entsprechend zu-
saminengestetlt sind. Wir finden Handzeichnnngen
und photographische Ausnahmen nach der Natur,
zeichnerische und photographische Wiedergabe alter
Abbildungen, mitunter auch alter Kupferstiche.
Zum erst c n male ivird hier auch der vollständige
Grundriß der Kirche gegeben und in Schnitten,
Aufrissen und Detailaufnahmen, photographische
Außen- und Innenansichten ein möglichst voll-
ständiges Bild doS Bauwerkes gewährt. Möge
ihm von nun an auf solcher Grundlage auch die
ihm gebührende Stelle i» der Kunstgeschichte zn-
erkännt werden. Detzel.

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.--Ges. „Deutsches BolkSblatt*.
 
Annotationen