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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 6
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Kleinschmidt, Beda: Das Rationale in der abendländischen Kirche, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0075

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54

mile sicher bezeugt in Bamberg, Wurzburg, Regens-
burg und Eichstätt.

5. Von Bambergs Bischöfen empfingen Hart-
wig 1. im Jahre 4053 von Papst Leo IX. und
später Egilbert von Jnnocenz ll. duS Privileg des
Palliums, jeder indes nur für seine Person;
auf den Grabdenkmälern tritt es wiederholt ent-
gegen. Sie bedienten sich aber auch des Natio-
nale. Bamberg darf sich sogar des ältesten Ratio-
nale rühmen, das aus dem Mittelalter auf uns
gekommen ist. Das; es fleißig benutzt wurde,
zeigen die in den Kustodierechnungen wiederholt
angemerkten Reparaturen des Schultergewandes;
der letztere derartige Vermerk stammt aus dem
Jahre 1626; da das erhaltene Nationale aus
den Tagen Kaiser Heinrichs II. zu stammen scheint,
so ist der Gebrauch uuserer Jnsignie in Bamberg
durch volle sechs Jahrhunderte bezeugt.

6. Auch die Würzburger Bischöfe haben das
Rationale durch ein halbes Jahrtausend an fest-
lichen Tagen getragen. Zuerst erscheint es auf
ciuem Siegel des Bischofs Heinrich I. von Nothen-
burg (995—1018) und zwar als breites Schul-
terband mit breitem Pendants) Das Siegel, an
einer offenbar falschen Urkunde befestigt, ist
jedoch ebenfalls eine Fälschung; schon das Pek«
toralkreuz, womit der Bischof geschmückt ist, ver-
rät die Fälschung, denn zur Zeit Heinrichs I.
trugen die Bischöfe »och kein Pektoralkreuz. Das
älteste Würzburger Bischofssiegel mit einem Na-
tionale ist wohl dasjenige Einhards, Grafen von
Rothenburg (1088—1104), aus dem Jahre 1098 ;
es hat die Form eines breiten Schulterbandes
mit Brustbehaug; auffallend sind zwei runde
Ansätze auf der Brust, die fast Frauenbrüsten
gleichen. Auch auf manchen andere» Siegeln
sehen wir es. Bei Bischof Emmerich von Li-
mingeu (1125—1146) erscheint es als Medaillon
(Heffner Nr. 18), bei Gebhard von Heuneberg
(1150—1154) als Schulterband mit vorderem
Behang bis an den Rand der Käses (H. 24), bei
Herold von Höchstein (1165-1172) als Schulter-
band mit kurzen gezackten Ansätze» auf Brust
und Schultern (H. 29), bei Jring von Neinstein
(1264—1266) wieder als Schultcrband mit drei
gefransten Pendants auf der Brust und medail-
louartigen Verzierungen auf Brust und Schultern;
letztere Verzierung tritt schon auf bei Hermann 1.
von Loddeburg (f l 254). Das mittlere Medaillon
zeigt das Lamm Gottes. Auf den Siegeln trägt
es zuletzt Bischof Johann 11. von Brunn (ch 1440)
in Form des Palliums mit vier runden Schil-
den; in ähnlicher Form erscheint es später noch-
mals auf dem Siegel des Vikariats v. I. 1579.
Beinerkenswert ist die Erscheinung, daß derselbe
Bischof teils mit, teils ohne Nationale dargestellt
ist. Auf de» 127 von Heffner besprochenen Bischoss-
bezw. Vikariatssiegeln sieht man es ungefähr
dreißigmal. Im allgemeinen herrscht, wie später
auch auf den Grabdenkmälern, die Form des
Schulterbandes mit Brustpendaut vor; jedoch

') Abbild, der Siegel siehe bei Heffner,
Fränkisch-Würzburg. Siegel in: Archiv des histo-
rischen Vereins von lluterfrauken und Aschaffen-
burg XXI. 3. Würzburg >872. Mit 17 Taf.
Vergl. ferner Himmel stein, Würzburg 1856,
mit Abbild, der Bischofsdenkmäler.

läßt sich ivie auch in anderen Kirchen ein fort-
währender Wechsel beobachten, der in Würzburg
aber nicht so stark ist, wie z. B. in Eichstätt oder
Toul. Die Grabdenkmäler zeigen unsere Jnsignie
zuerst bei Mangold von Aschhausen (ch 1393)
und zuletzt bei Julius Echter (ch 1617); es ist
eine stattliche Reihe von Monumenten, auf welchen
dem Besucher des Domes sofort die mit Namen
verzierten Rationalien in die Augen fallen.

7. Eichstätt hat das Nationale nach der Tra-
dition seit den Tagen des hl. Willibald, sicher
aber seit dem 12. Jahrhundert bis auf heute
bewahrt. Auf Siegeln, Grabmäleru, Miniaturen
hat Eichstätter Kunst die Bischöfe wiederholt mit
dieser Jnsignie dargestcllt. Das Pontifikale
Gundekars liefert eine köstliche Reihe solcher Dar-
stellungen, wie sie wohl keine andere Kirche auf-
weisen kann. Es war bereits oben davon kurz
die Rede. Wegen seiner Bedeutnug für die Ge-
schichte des Nationale möge hier noch einiges
nachgeholt werden. Diese Miniaturen zeigen fol-
gende Formen: gegen Ende des 12. Jahrhunderts
ist es ein Schulterbaud mit Behang, der bis
unter die Brust herabgeht, im erste» Viertel des
13. Jahrhunderts ein schmaler Schulterkragen
(bei Bischof Friedrich, 1226', im dritten Viertel
desselben Jahrhunderts wieder Schulterband mit
drei Behängen, auf Schultern und Brust, zuletzt
trägt es in dieser Form (auf Bild 9) Hildebrand
von Möhren (ch 1279); im Anfang des 14. Jahr-
hunderts kehrt nochmals die ursprüngliche Form
zurück; Bischof Konrad von Pfeffenhausen (ch l 305)
trägt ein Nationale, das aus einem Schulter-
band mit langem Brustbehang besteht. Es weicht
von der älteste» Form insofern ab, als der Be-
hang gradlinig abschließt und mit kleinen Glöck-
chen verziert ist; außerdem ist es mit Kreuzen
und Perlen ausgestaltet. I

Es ist das erste und letztemal, daß uns diese
Form im 14. Jahrhundert begegnet. Bereits der
Nachfolger Konrads, Bischof Johann von Dirb-
heim, trägt ein Nationale, das sich der zweit-
ältesten Form nähert; es ist ein schmales Schulter-
band mit zivei kurzen Brustbehängen; die Ver-
bindungsstelle ist mit einem runden Schild bedeckt.
Diese Form wurde seitdem mit mehr oder minder
größeren Abänderungen beibehalten. So fehle»
auf der Darstellung Marguards l. von Hageln
(ch 1324) die Schilde, die Behänge sind etwas
breiter und länger. Seine nächsten Nachfolger
tragen das Nationale nicht, erst bei Friedrich 11.
von Oettingcu (ch 1415) erscheinr es wieder. Am
schönsten tritt es »ns auf dem letzten und besten
Bilde des Pontifikale entgegen: Gabriel v. Epb
weiht Veit Truchseß von Pommersfeldeu zum
Bischof von Bamberg 1501; hier ist es bereits
eine Art Schulterkragen mit zwei breiten, kurzen
Behängen und runden Schilde» auf de» Achsel».")
Doch mit diesem Bilde sind wir bereits in eine
Zeit gelangt, wo wir die Gestalt des Rationale
in Eichstätt nicht mehr an Miniaturen zu studieren
brauchen, wir können die Originale selbst sehen.

') Diese kostbaren Miniaturen wurden zum
erstenmal publiziert in dem Buche „Eichstätts
Kunst".

") Farbige Abbild, in Eichstätter Kunst (Pon-
tific, Giindec. Bild 20).
 
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