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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 6
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Kleinschmidt, Beda: Das Rationale in der abendländischen Kirche, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0077

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56

wuM, so liegt die Versuchung nahe, hier an die
älteste Form des Rationale zu denke». Ich wage
zwar nicht, die Abbildung direkt als Nationale
anzusprechen, möchte sie hier aber doch nicht un-
erwähnt lassen; wäre hier das Nationale darge-
stellt, so würde der Kodex aus St. Emmeran
uns die älteste Abbildung des Rationale bieten,
die wir bis jetzt habe». Sehen wir von diesen
beiden Miniaturen ab, so tritt uns das Ratio-
nale in Regensburg zum erstenmal entgegen iin
Jahre > 105 auf dem Siegel des Bischofs Heinrich,
und zwar in Form eines breiten Schultorbandes
mit Brustbehang. Auf dem Siegel des Bischofs
von Stachowitz voni Jahre >321 sieht man statt
des einen bereits zwei Behänge; ähnlich tritt es
uns auf verschiedenen Grabmälern entgegen,
nämlich als breites Schulterband oder als Schul-
terkragen mit zivei breiten Behängen auf Brust
(und Rücken). Leider sind die älteren Grabdenk-
mäler bei der 1834—1838 erfolgten Restauration
des Domes zu Grunde gegangen, weshalb es ver-
hältnismäßig spät auf den Monumenten beobachtet
werden kann; zuerst bei Heinrich von Alsberg
(s- 1492) im nördlichen Seitenschiffe. Ferner
sieht man es ans den Grabdenkmäler» der Bischöfe
Rupert von der Pfalz (f 1507), Pankraz von
Sinzenhofen (s- 1548), Marschall von Pappen-
heim (f 1563), Vitus von Frauenberg (ch 1567)
und David Kölderer von Burgstall (f 1579).
Die wesentliche Form ist auf allen Denkmälern
dieselbe, die Verzierungen sind verschieden, diese
Verschiedenheit geht indes ans de» Künstler, nicht
auf das Original zurück. Außer auf Siegeln
und Grabdenkmälern ist in Regensburg besonders
das frühe Auftreten des Rationale in den alten
Glasgemälden des Domes zu bemerken, die aus
dem Ende des 13. und dem Anfänge des 14. Jahr-
hunderts herrühren; auch hier ist die Form nicht
konstant geblieben.

(Fortsetzung folgt.)

Lileralur.

K u >i stgeschi ch t e von Dr. M axSchmid,
O. Professor der Kunstgeschichte an der
Königs. technischen Hochschule zu Aachen,
nebst einem kurzen Abriß der Geschichte
der Musik und Oper von Dr. Clnrece
Sherwood, Berlin. 411 Abbildungen tut
Text. 10 Tafeln in Schwarz- und Farben-
druck. stk e u d a in in. Verlag von I. stkeu-
mnn». Preis 7 M. 50 Pf.

Diese „Kunstgeschichte" können wir ihrer bild-
lichen Ausstattung wegen nicht empfehlen. Sie
bildet den vierzehnten Band des großen Sammel-
werkes „Hausschatz des Wissens" und will eine
populäre Darstellung im besten Sinne des Wortes
geben; es soll deshalb nicht der wissenschaftliche
Apparat, sondern das Bestreben in den Vorder-
grund treten, die einzelnen Epochen in ihrem
kulturgeschichtlichen Zusammenhang anschaulich zu
machen, „es soll vor allem ein Lehrbuch sein",
— also doch wohl in erster Linie in die Hände

der Jugend kommen. Es ist aber „des Ver-
fassers Absicht nicht so sehr auf Vermehrung des
Wissens als auf Belebung der Anschauung und
Empfindung gerichtet". Dieser Zweck ist gewiß
ein löblicher, aber ihn zu erreichen wären in erster
Linie auch gute Abbildungen nötig. Hieran
aber fehlt cs. Mit Ausnahme einiger Tafeln
in Schwarz- und derer in Farbendruck sind fast
alle photographischen Reproduktionen rußig und
verschwommen, manche von den in den Text ge-
druckten Abbildungen so mangelhaft, daß man
sie kaum vollständig erkennen kann. Wie ganz
anders stehen die Abbildungen in „K u h n s
Allg. Kunstgeschichte" (Einsiedeln. Benziger) oder
in „Dr. Fähs Geschichte der Bildenden Künste"
(Freiburg. Herder) auf der Höhe der Zeit! Auch
die verschiedenen Venus-Abbildungen tragen in
einem Buche für das „große Publikum" nicht zu
dessen Empfehlung bei. Das Bild aber auf
S. 30 „Im Bildhaueratelier" ist schamlos und
berechtigt allein schon, vor der Verbreitung dieser
„Kunstgeschichte" namentlich unter der studierenden
Jugend zu warnen. R

Frauen leben, herausgegeben von Hans

v. Zobeltitz. Band 3. Ä n g e l i k a K a n f f -
mann von Ed. Engels. 3 Al. Leipzig.

Belhagen n. Masing.

Eine ungemein anziehende und fesselnde
Schilderung des reichbewegten Lebensganges der
liebenswürdigen Vorarlberger Künstlerin! Ein-
zelne Kapitel, wie z. B. das von der abenteuer-
lichen unglücklichen Verheiratung lesen sich n>ie
aus einem Roman. Wiewohl eS — dem Zweck
dieser Monographiensammlung entsprechend —
nicht in erster Linie die Künstlerin ist, die uns
vor Augen geführt werden soll, so hat doch auch
diese Seite ausreichende Berücksichtigung ge-
funden. Ihren Platz in der Kunstgeschichte weist
Engels der Künstlerin ganz richtig nicht unter
den Klassizisten an. Angelikus ganzes Wesen
und ganze Kunst wurzelte vielmehr in dem hei-
teren anmutigen Rokoko. Allerdings wurde ihr
das für jeden Künstler so traurige Geschick zu
teil, sich selbst zu überleben, sie, die einst so Ge-
feierte, geriet noch bei Lebzeiten bei der Welt
in Vergessenheit. In rührender Fürsorge suchten
ihre Freunde der Gealterten, aber noch im Alter
kindlichen Frau, diese schmerzliche Tatsache zu
verbergen. Am 7. November trug man in Rom
unter großer allgemeiner Teilnahme die sterb-
liche Hülle der feinsinnigen Künstlerin zu Grabe,
die immer das treuherzig-religiöse, bescheidene
Kind ihrer Heimat geblieben war, obwohl cs ihr
gegönnt gewesen, in Nom mit den größten
Geister» ihrer Zeit, einem Göthe, Herder u. a.
freundschaftlich zu verkehren. Sowohl Inhalt
als die reizende Ausstattung machen das Buch
sehr geeignet zu Geschenkzwecken, namentlich für
die Damenwelt. Die beigegebenen Kunstdrucke
sind sehr fein ausgeführt, namentlich wird nie-
mand ohne Wohlgefallen auf Angelikas Selbst-
porträt in Bregenzer Landestracht sein Auge
ruhen lassen.

B. D.

Stuttgart, Vuchdruckerci der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt*.
 
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