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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 7
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Probst, Josef: Ueber die Fortschritte in der Kunstgeschichte des 15. Jahrhunderts
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Reiter, Joseph: Noch einige Bilder der Immaculata
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0081

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60

Allgäu, ein anderes Altärlein mit bem
Namen des Stifters und der Jahrzahl
1438, das aber wohl ohne Anstand ans
der gleiche» Werkstätte hervorgegangen sein
wird. In dem Katalog der Samnttnng
des Grafen Waldbnrg sind ferner ver-
zeichnet (nach Friedländer) zwei Gemälde
der Gebrüder Hans und Ivo Striegel
von Memmingen 1438, deren Verbleib
jedoch unbekannt ist. Zeit und Ort dieser
Werke sind wohl beachten, und wenn
man die in nur kleinerem Maßstabe anf-
genommenen Photographien von Zell und
Berghofen betrachtet, so ergibt sich als-
bald, daß hier keineswegs die Arbeit eines
hervorragenden oder nenernngssüchtigen
Talentes vorliege; dieselben repräsentieren
vielmehr den konservativen Stand-
punkt. Aber eben dadurch waren sie ge-
eignet, in ruhigen Bahnen sich bewegend,
dem Bedürfnisse der Besteller aus Stadt
und Land am besten entgegenznkommen
und manche anderweitige Gemälde, die
zwar noch der ersten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts zugehören mögen, aber das Talent
und die Energie eines Multscher und
Witz, Lochner oder Moser vermissen lassen,
könnten wohl am ungezwungensten provi-
sorisch hier nntergebracht werde».

Schließlich muß auch noch ein Blick ans
die Werke der Holzschnitzerei in der
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ge-
worfen werden, da dieser Knnstzweig mit
der Tafelmalerei gleichen Schritt hielt.
Um jedoch Wiederholungen zu vermeiden,
verweisen wir ans unsere im „Archiv für
christliche Kunst" schon früher veröffent-
lichten Abhandlungen im Jahrgang 1889,
S. 27, 39 und S. 80, 90, 99; ferner
daselbst in den Jahrgängen 1890, S. 90
und 1897, S. 9. Wiederholt möchte hier
ans die in der Sammlung Dnrsch, jetzt
in Noltweil befindlichen, aber ans Eris-
kirch am Bodensee stammenden vier Sta-
tuen von Jungfrauen die Aufmerksamkeit
gelenkt werden. Dieselben sind, was An-
lage und Ausführung anbelangt, ans einer
sehr leistungsfähigen Werkstätte hervor-
gegange», und ihnen schließen sich die
Statuen von Bronniveiler bei Nentlingen,
jetzt in Stuttgart, sehr nahe an.

Reliefs ch n i tz e r e i e n ans der Zeit »in
die Bütte des 15. Jahrhunderts und vor-
her sind selten. Ich kenne nur zwei Tafeln

in der Sammlung Dnrsch in Noltweil,
ans Markdorf stammend, Nr. 59 und 71
des Katalogs, und eine Anbetung des
Jesuskindes aus Mietingen, OA. Lanp-
heim, jetzt in der Pfarrkirche in Metten -
berg, OA. Biberach. Letztere Darstellung
erweckt besonders dadurch Interesse, daß
die umgebende Landschaft des Hinter-
grundes als Gemälde behandelt ist.
In dem Mittelpunkt dieser Malerei be-
findet sich eine große, gotische Kirche; der
nicht ansgebante, sondern in der Gegend,
woselbst das Achteck beginnt, unvollendete
Turmrumpf, ist deutlich ans hellfarbigem
Werkstein erbaut, die Kirche selbst aber,
wie auch Mauern und Häuser der Stadt,
aus rötlichen Ziegelsteinen. Wenn man
sich in die Zeit znrückdenkt, in welcher
diese Malerei (ans der Kehrseite eines Ge-
mäldes der Krenzschleppnng) entstand, und
anderseits sich den Stand des damaligen
Münsterturmbanwesens in Ulm vergegen-
wärtigt, so drängt sich der Gedanke stark
ans, daß der Meister wirklich beabsichtigte,
eine in die Ferne gerückte flüchtige Abbil-
dung des Ulmer Münsters zu geben, womit
auch der Charakter der Landschaft har-
moniert. Damit wird nicht zu viel be-
hauptet sein, nachdem anerkannt ist, daß
auch K. Witz in seinem Genfer Werke
von 1444 die Landschaft am Genfersee
in den Bereich seiner Darstellung vom
wunderbaren Fischzug ausgenommen hat.

Aus allem dürfte hervorgehen, daß der
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts für
den Aufschwung der bildenden Kunst eine
große Bedeutung znkonlint und daß der
Anteil, den die südwestliche Gegend Deutsch-
lands an diesem Wettbewerbe nahm, immer
deutlicher hervortritt.

Noch einige Bilder der Imma-
culata.

Von Pfarrer Reiter.

Wir glauben ans die Nachsicht der
Leser des „Archivs" rechnen zu dürfen,
wenn wir es ivagen, noch einmal einige
Bilder zu entrollen, entworfen zu Ehren
derjenigen, welcher der Herr im Anfänge
„statt des Schnldsiegels das leuchtende
Siegel der Gotteshnld anfgedrückt hat".
Auch diese Bilder müssen in ihrer Art
 
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