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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 7
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Reiter, Joseph: Noch einige Bilder der Immaculata
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0084

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der grünende Stab Aarons, das betaute
nnd das trockene Blies; Gedeons, das
Wölklein des Elias, die leichte Wolke bei
Jsaias („Siehe der Herr setzet sich ans
eine leichte Wolke ltnb kommt nach
Aegypten". Js. 19, 1, 19, 20), die
Sonnenuhr des kranken Königs Ezechias
n. s. n>. Verweilen wir einige Augen-
blicke bei dem letzteren Zeichen, das wir
bis jetzt noch nirgends abgebildet gesehen
haben. Der znm Tode erkrankte König
flehte zu Gott um Verlängerung seines
Lebens, ward erhört nnd erhielt von
Jsaias das Zeichen, das; der Schatten
an der Sonnenuhr, dem Zeitenzeiger, um
zehn Stufen znrückging (IV. B. der
Könige 20, 9—11 und Js. 38, 8). Dieses
wunderbare Zurückgehen des Schatten-
standes — wohl von der Tagesneige bis
zur Mittagshöhe — steht in tiefsinniger
Symbolik zur Bestimmung des Wahr-
zeichens. Denn auch das znm llntergang
neigende Leben des Königs führte des
Herren Huld zurück, gleichsam in die
Fülle der Kraft. — Die angewandte
Bedeutung!

Der ungläubige Vater des Ezechias hatte
es verschmäht, ein Zeichen zu fordern,
daß Davids Hans nicht ansgetilgt und
die ihm gewordene Verheißung des Messias
nicht vereitelt werde. Er war dafür auf
die wunderbare Geburt der Jungfrau
verwiesen worden. Sein gläubiger Sohn
sieht totkrank in seiner Person Davids
Hans erlöschen, aber er vertrant und
betet nnd nimmt freudig das gebotene
Zeichen an, das ihm die Genesung, dem
Hanse Davids den Fortbestand und zu-
gleich auf das herrlichste die wunderbare,
den Gesetzen der Natnr widerstreitende
Geburt des Messias ans der Jungfrau
verbürgt. Darauf wird in den kleinen
Tagzeiten der unbefleckten Empfängnis
Bezug genommen als ans ein Vorbild
der wunderbaren Geburt Christi ans der
Jungfrau, wenn zur Vesper der Gruß
erklingt: „Sei gegrüßt du Sonnenuhr,
an der zurückgegangen die Sonne um
zehn Linien, da du das Wort empfangen".
Soll nun aber der Vorgang bei Ezechias
zur unbefleckten Empfängnis selbst in
Beziehung gebracht nnd als ein Vorbild
von dieser bezeichnet werden können, dann
muß man wohl die Abweichung vom j

Gesetze — vom Gesetze der Sünde be-
tonen nnd sagen: wie die Versetzung des
Schattenstandes wunderbar gewesen, wie
die Geburt Christi aus der Jungfrau
wunderbar gewesen, so war auch wunderbar
die Bewährung Mariens vor der Erb-
sünde. —- Die anderen „Vorbilder" in
den Medaillons, welche Maria mit dem
Kinde zeigen, mag man insofern als
Vorbilder gelten lassen, als die seligste
Jungfrau um ihres Kindes und seiner
Verdienste willen vor jeder Makel behütet
wurde.

Noch ein Wort über die zwischen den
zehn Medaillons angebrachten Zeichen,
es sind dies je zwei ineinandergeschobene,
von Kreisen umschlossene Dreiecke. Pro-
fessor Raphael Grünnes, welcher die
Komposition entwarf, hat sicher seine
Gründe gehabt, warum er gerade diese
Figur wählte. Diese Gründe? Die
Vereinigung der beiden Dreiecke im sechs-
eckigen Stern bedeutet in der frühesten
Zeit das Ganze der geschaffenen Well,
nnd diese Bedeutung mag die Figur auch
jetzt noch bei den Freimaurern haben,
an deren Logen man dieselbe öfters er-
blickt. Bei dem Bilde der Immaculata
könnte sie Gedanken an die allerheiligste
Dreifaltigkeit wecken, sofern ja das gleich-
seitige Dreieck an sich als Sinnbild der-
selben betrachtet wird. Sollte aber das
Sechseck statt des Drudenfußes (Pen-
tangnlum) gewählt worden sein, dann
wäre daran zu erinnern, daß das Fünfeck
als Zauber gegen die Elementargeister
gebraucht wurde, nnd daß unter dieser
Voraussetzung die sechseckigen Sterne um
Maria herum verkündigen sollen: es
habe sich der böse Geist der erhabenen
Jungfrau nicht nahen dürfen, er habe
ihr nichts auhaben können, die Sünde sei
ihr so fern geblieben wie die aufspritzenden
Meereswogen von den Sternen, die
darüber leuchten.

O Jungfrau, o wie gnadenreich.

Dem Paradies nnd Himmel gleich,

O Gottes Haus, o Gottes Saal,

O Himmel hier im Jammertal!

O gnadenreiche Gottesstadt,

Die Gott sich selbst erbauet hat.

Von Gold nnd Perl' und von Demant,
Von Edelsteinen allerhand!
 
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