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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 7
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Kleinschmidt, Beda: Das Rationale in der abendländischen Kirche, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0085

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Das Rationale in der abendländischen
Kirche.

Von Beda Kleins ch in i d t O. F. M. in
Amaseno (Italien).

(Fortsetzung.)

Man hielt in Regensburg die alte Jnsignie
manches Jahrhundert in Ehren; daß sie noch
gegen Ende des 17. Jahrhunderts von dein
Bischöfe benutzt wurde, bezeugt das um diese
Zeit voii Weihbischof Albrecht Ernst von Wnrten-
berg angefertigte Nationale, welches sich heute
im Nationalinuseiun in München bcfiiidet und
das nach der älteren Vorlage tut Domschatze
zu Negensburg angefertigt wurde.

!>. Im Inventar des St. Veitsdomes zu Prag
voiii Jahre 1387 werden mehrere Rationalien
erwähnt, eins war mit Perlen besetzt und wurde
von Erzbischof Ernest von Pardubitz (13-13 bis
I3G1) erneuert, ein zweites war ebenfalls mit
Perlen und mit schwarzen Kreuzen verziert; es
war der Kirche durch einen Kaiser (Karl IV. ?)
geschenkt worden.') Welcher Art diese Nationalien
waren, läßt sich aus der kurzen Beschreibung
des Inventars nicht ersehen; wahrscheinlich
waren sie stoffliche und eine Art Schulterkragen.")

10. Die Existenz und Vernichtung eines wahr-
scheinlich metallischen Rationale im Domschatze
zu Salzburg wurde bereits erwähnt. Ich
möchte noch Hinweisen auf die Malereien einer
Kirche zu Gurk (Diözese Salzburg) aus dem
19. Jahrhundert, auf denen drei Bischöfe dar-
gestellt sind, welche ein dem Nationale ähnliches
Ornatstück über der Kasel tragen, das bei allen
gleiche Form hat, nämlich Schulterband mit rund-
lichem Ansätze auf der Brust; wenngleich es viel-
leicht nur eine Verzierung der Kasel ist, so sei
doch der Malerei hier gedacht. Ferner trägt
Erzbischof Eberhard von Salzburg auf dem Siegel
vom Jahre 1232 ein Ornatstück, welches dem
Rationale des Bischofs Hartwig von Negensburg
nicht unähnlich ist. In dem Jahre, aus welchem
dieses Siegel stammt, erhielt Erzbischof Eberhard
die Auszeichnung eines päpstlichen Legaten und
die Erlaubnis, den Gebrauch der Pontifikalien
einzelnen Prälaten zu verleihen.3)

') Primo rationale de perlis, pretiosis,
quod ex antiquo restauravit dominus Arnetus
archiepiscopus pragensis. Item: aliud rationale
cum perlis plenum et cum crucibus nigris,
donatum per imperatorem, in quo deficiunt
multae perlae.

") Beim Besuche des germanischen Rational-
mnsenms zu Nürnberg fiel mir der Abguß eitles
Grabsteines auf, auf welchem ein Erzbischof über
der Kasel eitle dem Rationale nicht unähnliche
Verzierung (Schulterkragen) trägt; mit einiger
Mühe konnte ich ihn als Grabstein des Erz-
bischofs voti Prag, Johann von Jsenstein (1379
bis 1396), fcststcllen.

') Vergl. Kirchenlexikon s. v. Salzburg. Pal-
lium (wenn nicht vielleicht Nationale) trägt Erz-
bischof Rudolf auf einem Siegel v. I. 1286
und Erzbischof Konrad auf einem Siegel v. I.
1291. Abbild, der Gurker Malereien iu: Mit-
teilungen der k. k. Zentralkommission X 11 (1871).
Taf. III.

11. Wir wenden uns jetzt nach Westen, ivo
gleichfalls eine Anzahl Kirchen im Besitze des Ra-
tionale waren. Jtu Vorübergehen seien zwei Mo-
nutuente erwähnt, die durchaus die Forni deS Na-
tiotiale zeigen, das erste im Dome zu Mainz,
das ztveite atis Augsburg. Jtti Dottie zu Mainz
trägt Erzbischof Konrad von Weinsberg
(1390 bis 1396) eilt Ornatstück in Gestalt eines
Schulter- tind Brustbandes, das vott der damaligen
Form des Palliums durchaus abiveicht: cs hat
reiche ornamentale Verzierung uttb vier runde
Agraffen. ') Trotzdem werden wir hier nicht das
Rationale, sondern das Pallitttn vor nn§ haben,
das der Künstler reich nusgestattet hat. — Das
Nntionalmnseum ztt München besitzt ausAugs-
b u r g den Grabstein des hl. Simpertus, Bischofs
von Augsburg (f 807), der im Jahre 1450 von
Papst Nikolaus heilig gesprochen wurde, aus
dieser Zeit stammt auch der Grabstein. Der
Heilige ruht in vollem Ornat: Kasel, Mitra, Stab,
Buch, mit dem Kopf ans einem Kissen, die Füße
stehen auf einein Wolf, der ein nacktes Kind im
Nachen hält. Um die Schultern legt sich ein
schönes Nationale in Fortti eines breiten Bandes
uttt kurzem Ansatz auf der Brust itttb runden
Schildern auf Brust utid Schultern.') Den Ge-
brauch des Natiotiale seitens der Augsburger
Bischöfe faitit das schöne Monument natürlich
nicht beweisen. — Auch einem vott Schannnk
mitgeteilten Inventar des Dymschatzes von
Spei er, worin eines Nationale Erwähnung
geschieht, kann nicht viel Geivicht beigelegt werde».
Bischof Arnulf (?) fand nämlich nach dem alten
Berichte bei seiner Thronbesteigung im Domschatze
vor: ztvölf Chorkappen, vier Korporalien, ein
Kelchvelume, bischöfliche Chirothecen utid ein mit
Gold und Perlen verziertes Rationale.') Es
dürfte sich hier um ein stoffliches Orttatstück
handeln; sicheres läßt sich aber nicht feststellen?)

12. Metz erhielt das Nationale, wie schon
erwähnt tvurde, unter Bischof Adalbero». Es hat
die Jnsignie manches Jahrhundert bewahrt. Das
schöne Siegel des Bischofs Bertram votti Jahre
1194 zeigt ttns die Form, welche es gegett Ende
des 12. Jahrhunderts hatte: Schulterkragen mit
drei kurzen Ansätzen auf Schultern und Brust.
Der mittlere Ansatz ist mit drei Glöckchen ver-
ziert. Höchst interessant ist eine Büste des
hl. Adolf mit unserer Jnsignie, deren Abbilditng
von Barbier de Montault reproduziert wurde.
Diese Büste ivtirde zu Metz aufbewahrt und
stammte aus der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts und stattd auf einem 100 Jahre jüngeren

’) Abbild. Bock, Liturgische Gewänder II
Taf. XXVI, 2.

') Abbild. Katalog des Baherischen National-
museums VI. Fig. 311.

') Scliannat, Vindemiae litlerarie I (Fuldae

1723) p. 10. Arnulf wird als 31. Bischof er-
wähnt; cs ist wohl Arnold 1. (1' 1056) gemeint.

'*) Ein Temperagemälde im Dom zu Worms
(1180—1250) zeigt auf der Kasel eines Bischofs
reiche Halsverzierung, auf der Brust ein eigen-
tümliches Ornatstück, ein von einem Ringe um-
gebener Behang, wohl ein Phantasiestück des
Künstlers. Abbild. Hefner-Alteneck, Trachten I
(2. Ausl.) Taf. 105.
 
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