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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 7
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Kleinschmidt, Beda: Das Rationale in der abendländischen Kirche, [5]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0089

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68

runde Verzierung, in Fori» einer Agraffe.') Ich
möchte darin eine Art des Pektorale sehen, das
uns in alten Jnventarien begegnet; so ermähnt
ein Nekrologiüi» der Kirche von Chartres ein
Pektorale „aus reinstem Golde und mit kostbaren
Gemmen"?) Ob mir ein solches Pektorale nicht
auf vielen mcstfälischeu Siegeln vor uns haben?
In einzelnen Fallen, mie bei Bischof Bernhard III.
(1239) von Paderborn, muß man allerdings
wohl ein Nationale annehmen; hier ist es eine
viereckige, mit kostbaren Steinen gezierte Brust-
platte, von der zwei kleine Quasten herabhüngen;
anscheinend ist sie mit dem Amikt in Verbindung
gebracht. Anders mie bei den Bischöfen lag die
Sache bei den Erzbischöfen; sie trugen das Pal-
lium, wenn sie dazu noch das metallische Nntio-
nale als Auszeichnung wünschten, so ist das wohl
erklärlich. Tatsächlich verlieh denn auch Papst
Johannes XIX. (f 1033) dem Patriarchen Poppo
von Aquilega außer dem Pallium den Gebrauch
des Rationale. Daß es sich hier um zwei ver-
schiedene Ornatstücke handelt, geht aus der päpst-
lichen Bulle deutlich hervor; denn Johannes
gestattet dem Patriarchen, das Nationale an
ebendenselben Tagen zu tragen wie das Pallium.")

Hiermit dürfte die Liste jener Bistümer und
Erzbistümer erschöpft sein, in denen sich das
Rationale bis jetzt Nachweisen läßt. Lokalfor-
schungen worden vielleicht »och manche Monu-
mente hinzufügen, auf denen Bischöfe auf der
Brust eine agrasfenartige Verzierung tragen. So
lange aber nicht literarische Zeugnisse hinzu-
kommen, wird man nicht leicht in solchen Ver-
zierungen sofort ein Nationale vermuten dürfe»;
denn cs scheint tatsächlich doch nur in sehr
wenigen Kirchen üblich gewesen zu sein. Auf-
fallend ist das seltene Auftreten des Nationale
in Italien; hier ist cs überhaupt bis jetzt nur
nachweisbar in Aquilega, während wir das Super-
humerale dort gar nicht Nachweisen können.

6. M o n u m e n t e.

Haben sich in den anderthalb Dutzend Bis-
tümern, in denen das Nationale im Gebrauch
war, aus dem Mittelalter auch einige Monu-
mente bis ans unsere Tage hiuübergercttel?
Ein metallisches Nationale ist uns nicht erhalten
geblieben; das ist bei der Seltenheit dieser Jn-
signie und bei dem materiellen Werte derselben
auch nicht zu verwundern. Glücklicher war das
minder kostbare Supcrhumerale daran, cs reizte
weniger die Habgier und so sind denn glücklicher-
weise einige Exemplare bis auf uns gekommen.

>) Siehe Rohault de Fleury, La Messe, pl.
500. 512. 518. 546. 550. 576. 604. 635. 640.

a) Vergl. Ducange, Glossarium s. v. pecto-
rale; ebendaselbst ist die Rede von runden
Pektoralien >nit Goldsäumen. Ducange 1. c.

B) Joan. XIX. Ep. ad Popponem: De ratio-
nali antem idipsum praecipimus, ut in ceteris
festivitalibus Mo mini, quemadmodum et de
pal 1 io.

Wir können sie unterscheiden in solche, die noch
gegenwärtig int liturgischen Dienste verwendet
werden, itub in solche, die man heule als ehr-
würdige Monumente einer vergangenen Zeit in
Museen oder Kirchenschätzeu aufbewahrt. Beginnen
wir mit den letzteren.

(Fortsetzung folgt.)

Literatur.

Das bischöfliche Nationale. Seine
Entstehung und Entwicklung. Von Dp.
tlieol. Ludw. Eise» hofer, Prof, am
bischöfl. Lyzeum in Eichstätt. Mit!) Abbild.
München, Lentersche Buchhdlg. 1904.49 S.
kl. 8°.

Eisenhofers Broschüre handelt über Verbrei-
tung und liturgischen Gebrauch, ttber Ursprung und
Formentwickluug des Nationale. Um so manche
hier in Betracht kommende Frage glücklich lösen zu
können, mangelte dem Verfasser anscheinend die
etivas weit zerstreute Literatur; so hat er die
französischen Arbeiten über diesen Gegenstand
offenbar nur zum geringen Teile einsehen können;
selbst Barbier de Montault ivird nur nach der
Studie i>. Brauns über das Nationale in der
„Zeitschrift für christl. Kunst" (1903) zitiert.
Derselben Arbeit ist vielfach das statistische Ma-
terial entlehnt. Hier wäre manches nnchzutragen
bezw. zu modifizieren. Wo sich Verfasser auf
eigene Füße stellt, geht er nicht immer glücklich
voran. So wenn er mit Berufung auf die von
Fleury beigebrachten Abbildungen der Verbrei-
tung des Nationale in Frankreich weitere Grenzen
ziehen will, als Braun es getan. Fleury ist fast immer
ein unzuverlässiger Führer, aber vielleicht niemals
mehr als in seiner Materialiensammlung über das
Nationale, dessen Entwicklung ihm offenbar nicht
recht bekannt war. Noch mehr dürfte Verfasser mit
seiner These über den Ursprung des Nationale
fehl gegangen sein; daß man auch nach Lünings
Untersuchungen über den 6. Kanon des Konzils
von Macon von einer Fiktion des gallika-
n i scheu Palliums reden darf, beweist die hoch-
bedeutsame Geivandstudie Wilperts Du capi-
to 1 di stori a del vestiario, die von Eiseuhofer
zwar einmal zitiert, aber wohl nicht genauer
eingesehen wurde. Was über den Zusammen-
hang des Nationale mit dem Gabelkreuz der
Kasel unter Berufung auf einige alte Autoren
gesagt ivird, muß man ebenfalls ablehnen, bis
es besser bewiesen ist; eine Art Gabelkreuz findet
sich schon auf sehr alten Pänulen, wo au eine
Erinnerung an das Pallium gar nicht ztt denken
ist. Eine Erklärung des reichen Bilderschmuckes,
die sich allerdings bei Braun noch nicht findet,
die ich aber inzwischen im „Kircheuschmuck" (1904)
gegeben habe, hätte eigenlich nicht fehlen dürfen.
— Auf weitere Einzelheiten kann ich mich an
dieser Stelle nicht weiter einlasseu; unsere Kennt-
nis über die geschichtliche Entwicklung und Ver-
breitung des Nationale ist durch Eisenhofers
Arbeit nicht wesentlich gefördert worden.

Rom. P. Beda Kleinschmidt O. F. M,

Stuttgart, Vuchdrnckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt*.
 
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