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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 9
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurierte Kirchen, [29]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0109
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phicus anderseits enthielten und ans der
kgl. bayerischen Hofglasmalerei van Fr.
X. Zeltler iii M » n ch e n stammen.
Würde man jedoch in Herstellung der
übrigen Fenster im Schiffe in dieser Weise,
das; je ein Fenster zwei, dazu noch von
farbigen Bordüren eingerahmten Scene-
rien enthielte, fortgefahreu sein, so würde
im Schiffe die gefürchtete Dunkelheit einge-
treten sein. Wir haben schon bei Besprech-
ung der neuen Glasgemälde in der Kirche
zu Dischingen („Archiv" l903 S. 117)
hervorgehoben, daß betreffend die An-
bringung von Glasmalereien in den Kirchen
der Späistile verschiedene Ansichten und
Befürchtungen herrschen. Erst neuerdings
ist deshalb bezüglich „Anbringung
von Glasgemälden in Kirchen
späterer Stil Perioden" seitens des
Kgl. bayer. Kultusministeriums folgende
Entschließung ergangen: „In neuerer Zeit
mehren sich die Versuche zur Anbringung
von Glasgemälden in Kirchen späterer
Stilperioden. Der zur Wahrung der
künstlerischen Eigenart der Jnnenränme
solcher Kirchen und im Interesse der Denk-
nialspflege gebotene Widerstand gegen der-
artige Versuche führt nicht selten zrr
unliebsamen Differenzen. Um hier auf-
klärend zu wirken, hat das Generalkonser-
vatorinnr der Knnstdenkmale und Alter-
tümer Bayerns ein Gutachten über die
in Betracht konnnenden prinzipiellen Fragen
ausgearbeitet. Dieses Gutachten wurde
auf Grund mehrfacher Beratungen der
Neferenten des Generalkonservatoriums
der Knnstdenkmale und Altertümer Bayerns
festgestellt und bildet den Ausdruck der für
das Generalkonservatorium in dieser Frage
maßgebenden Grundsätze, welchen sich auch
die Kgl. Oberste Baubehörde angeschlossen
hat. Da die Sache weitere Kreise inter-
essieren dürfte, geben wir aus dem Gut-
achten nachfolgend die entscheidenden Aus-
führungen:

„Bei der Restanration von Kircheuge-
bändeu und Kirchenausstattnngen ans
früheren Jahrhunderten richtet sich der
höchst anerkennenswerte Stiftersinn der
Gemeindeangehörigen in der wohlmeinenden
Absicht, zur Verschönerung des Gottes-
hauses beizutragen, sehr häufig ans die
Ausschmückung der Fenster im Chor wie
im Langhaus durch Glasgemälde. Nicht

immer findet dabei eine sachgemäße Er-
wägung statt, ob dieser Schmuck mit dem
wieder zur Geltung und zn erneuter
Wirkung zu bringenden künstlerischen
Charakter der Architektur und der übrigen
inneren Ausstattung des Raumes im Ein-
klang steht. Es wird nicht genügend be-
achtet, daß die Glasmalerei nach ihrer
Ausbildung und Anwendung eine mittel-
alterliche Kunstgattung ist, welche schon
während der Stilepoche der Renaissance
außer Gebrauch gesetzt wurde und den
späteren Stilrichtungen, dem Barock, "Ro-
koko und Empire völlig fremd war.

Wenn nun in Kirchen, die mit ihrer
Architektur oder doch mit ihrer inneren
Ausschmückung und Einrichtung diesen
letzteren Stilrichtuugen angehören, die
Fenster mü Glasgemälden ausgestaltet
werden, so tritt ein fremdartiges Element
hinzu, welches die Harmonie des Ganzen
empfindlich stört und die Wirkung der
einzelnen Ansstattungsteile abschwächt und
beeinträchtigt.

Sprechen hienach schon allgemeine
Gründe gegen die Anbringung von Glas-
gemälden in Kirchen der genannten Stil-
perioden, so sind noch einige störende
Nebenwirkungen nicht außer Betracht zu
lassen. Während in den reich ausge-
statteten Kirchen deS 17. und 18. Jahr-
hunderts die Fenster lediglich der Licht-
zufuhr dienen, drängen sich Glasgemälde
durch ihre schlagenden Farbeneffekte ans
und lenken den Blick von den übrigen
bedeutsameren Teilen der Ausstattung ab;
cs wird Unruhe in das Gesamtbild ge-
tragen und seine Harmonie zerstört; das
dem Altar und den Deckengemälden wie den
Stuccaturen nötige Licht wird geschmälert
nnd letzteren wird hiedurch, wie auch bei
Anwendung von Kathedralglas, die zur
plastischen Wirkung erforderliche Schatten-
bildnng entzogen. Endlich entstehen störende
Wirkungen, indem die Glasgemälde und
Buntverglasungen farbige Reflexe ans die
Gemälde und Architekturteile werfen; bei
der beliebten grünlichen Verglasung erhält
die Vergoldung an den Einrichtungsstücken
und Architekturteilen den minderwertigen
Anschein von Messing.

Es ist aus allen diesen Gründen wün-
schenswert nnd sollte zur Richtschnur dienen,
daß bei der Restauration oder der Ver-
 
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