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9. Bedeutun fl.
Das Verlange», ein dem levitischen Ephod
analoge» Ornatstück »nd ei» Gegenstück z»m erz-
bischöflichen Pallium zu haben, hatte dem Nationale
daS Dasein gegeben. Als eine ehrende Aus-
zeichnung erscheint es auch in de» päpstlichen
Urkunden. Besondere Rechte aber sind nicht damit
verbunden. Auch hierin unterscheidet es sich
wesentlich von dem Pallium; denn dieses ist ein
Symbol der bischöflichen Bollgcivalt. Solange
der Metropolitan das Pallium nicht erhalten hat,
darf er weder Kleriker ordinieren, noch Kirchen
einweihen, »och Bischöfe konsekrieren. Zudem
wird es dem Erzbischof persönlich verliehen
für sein Bistum; indem der Papst es ihm über-
sendet, lässt er de» Erzbischof gewissermasten an
seiner Macht partizipieren. Weil dem Träger
persönlich übergeben, verliert cs mit dessen Tode
seine Bedeutung und wird ihm mit ins Grab
gegeben?) Sticht so das Nationale. Wie Ring
und Stab ist es eine blosie Jnsignie, die sich der
Bischof selbst anfertigen lasst. Weil aus kostbarem
Material hergestellt, wurde es dem Bischof nicht
mit ins Grab gegeben, es vererbte sich vielniehr
von einem Bischof auf den ander», und so blieb
dasselbe Nationale in einer Kirche oft Jahrhun-
derte lang im Gebrauch. In den ältesten Zeiten
mag man übrigens in einzelnen Kirchen den
Bischof nach seinem Tode doch mit dem Nationale
bekleidet haben; so würde sich wenigstens der
häufige Wechsel der Form mit Leichtigkeit er-
klären. Sicherheit in dieser Frage könnten nur
die Gräber selbst geben.
Wie allen Kültgewündern, so wurde auch bcm
Nationale von den mittelalterlichen Liturgikern
eine s y m b o l i s ch e Bedeutung beigelcgt. Am
kürzesten ist dieselbe ausgesprochen teils in dem
Gebete, unter dem der Bischof es anlegt, teils
in den Inschriften und Darstellungen, womit eS
verziert wurde. Nach der Missa Flacci lllyrici
ans dem Ende des >0. Jahrhunderts betete der
Bischof: Da nobis, Domine, veritatem firmiter
relinere et doctrinam veritatis plebi tuae är-
mster aperire.-) Diese» Worten zufolge ist also
das Nationale ein Symbol der Wahrheit, die der
Bischof soivohl selbst allzeit treu bewahren, wie
auch dem Volke unverfälscht verkünden soll. Diese
älteste Symbolik ist eigentlich selbstverständlich,
wenn man den Ursprung des Nationale berück-
sichtigt. Wie das alttestamentliche Nationale die
Worte trug „Lehre und Wahrheit", welche „die
Wissenschaft und Heiligkeit sinnbildete», die der
Hohepriester besitzen sollte",") so mahnte auch das
ecclesiarum infra tuam parochiam necnon etiam
ordinationibus clericorum, in anniversario de-
dicationis l’adelburgensis Ecclesiae et in fac-
ti vitate Sancti Liborii. M i g n e, 1’. L. 1175, 18(5.
*) Caeremoniale Episcoporum 1. I c. 1(5 (ed.
1902) p. 73. Wenn der Erzbischof innerhalb
seiner Provinz stirbt, wird es auf die Kasel ge-
legt, wenn außerhalb, unter das Haupt.
2) Martine, De antiquis Ecclesiae ritibus
1. I c. 4 art. 12 ordo 4; (ed. Anlwerp. 1736)
1. 493.
3) Exod. 28, 30. Vergl. Allioli zu dieser
Stelle.
nentestamentliche Nachbild den Bischof zunächst
zum treuen Festhalten an der Wahrheit, dann
aber zum eifrigen Streben »ach Vollkomnienheit.
Diese doppelte Bedeutung erklärte Honorius von
Autun und nach ihm Sicard von Creinona mit
folgenden Worten: Das Nationale mahnt den
Bischof, durch Verstand hervorznragen, durch
Weisheit, Einsicht und Geduld Christo nachzu-
streben, und durch Lehre und Wahrheit sich aus-
zuzeichnen; sodann aber auch den Glanz der
Tugenden zu verbreiten, in der Heiligkeit Nach-
folger der Apostel zu sein und das gesamte
Noll beim heiligen Opfer dem ewigen Vater
zu empfehlen.') Der Quell aber, aus den, so
edles Streben hervorsprudelt, zugleich die schönste
Blüte des christlichen Lebens, sind die drei gött-
lichei, Tugenden, zumal eine glühende Liebe;
manifestieren muß ein Vorgesetzter den Unter-
gebenen gegenüber seine Vollkommenheit besonders
durch Hebung der vier Kardinaltugendcn, nament-
lich durch eine gleichmäßige, vorurteilsfreie Be-
handlung aller. Und so wird das Nationale ge-
radezu zu einem Symbol dieser Tugenden; denn
die Worte: „Lehre und Wahrheit" finden wir
auf dem Nationale zu Krakau, Eichstätt und Pader-
born. Auf dem Eichstätter sind außerdem noch
genannt die vier Kardinaltngenden und die drei
göttlichen Tugenden, auf dem Paderborner ge-
staltet der Räum nur die -Eides- und »Carstas«
zu nennen. Der Bischof von Krakau bittet beim
Anlegen des Nationale, daß er mit Gottes Hilfe
stets Billigkeit und Gerechtigkeit üben möge.
»Circumda nie Domine fulei arinis, ut ab iiii-
quitatum sagillis erutus valeain aequitatem et
iustitiam custodire. Per Christum!«
Die Krone aller Tugend und das „Band aller
Vollkommenheit" bildet die göttliche Liebe; die
Liebe bleibt auch im Himmel, wenn das Glauben
sich in Schauen verwandelt, das Hoffen in Be-
sitzen. Achnliche Gedanken veranlaßten wohl zur
Anbringung der herrliche» Allegorie auf de»
Nationalien zu Bamberg, Negensburg und MUn-
chen, deren Darstellung und Erklärung wir oben
bereits angeführt haben. Irren wir nicht, dann
liegt der Darstellung aber auch eine symbolische
Bedeutung zu Grunde, indem der Bischof er-
mahnt wird, die schönste aller Tugenden eifrig
zu üben und durch die Liebe die ihm anver-
trauten Seelen de», göttlichen Lamme znznführen,
mit dem die geretteten Seelen dereinst im himm-
lischen Jerusalem Hochzeit feiern werde». Ist ja
doch die Liebe nach einem schönen Worte Bossnets
nicht nur das Kennzeichen jener wohltätigen Hand,
ans der wir alle hervorgegangen sind, sondern
zugleich auch das vorzüglichste Mittel, um andere
Menschen zu gewinnen für uns und für Christus.
Zur Erklärung jener Darstellung können wir uns
wohl an keinen bessern halten, als an Honorius
') Gemma aniinae 1. I c. 213. Migne 1.
c. col. 008: Monet autem rationale pontifiam
ratione vigeie, auro sapientiae, hyacintho spiri-
tual i s intelligentiae, purpura patientiae in
Christum (qui coelum palma mensurat) lendere
liebere, doctrina et veritate radiare, gemmis
virtutum coruscare, duodecim apostolos sancti -
täte imitari, totius populi in sacrificio rc-
cordari,
9. Bedeutun fl.
Das Verlange», ein dem levitischen Ephod
analoge» Ornatstück »nd ei» Gegenstück z»m erz-
bischöflichen Pallium zu haben, hatte dem Nationale
daS Dasein gegeben. Als eine ehrende Aus-
zeichnung erscheint es auch in de» päpstlichen
Urkunden. Besondere Rechte aber sind nicht damit
verbunden. Auch hierin unterscheidet es sich
wesentlich von dem Pallium; denn dieses ist ein
Symbol der bischöflichen Bollgcivalt. Solange
der Metropolitan das Pallium nicht erhalten hat,
darf er weder Kleriker ordinieren, noch Kirchen
einweihen, »och Bischöfe konsekrieren. Zudem
wird es dem Erzbischof persönlich verliehen
für sein Bistum; indem der Papst es ihm über-
sendet, lässt er de» Erzbischof gewissermasten an
seiner Macht partizipieren. Weil dem Träger
persönlich übergeben, verliert cs mit dessen Tode
seine Bedeutung und wird ihm mit ins Grab
gegeben?) Sticht so das Nationale. Wie Ring
und Stab ist es eine blosie Jnsignie, die sich der
Bischof selbst anfertigen lasst. Weil aus kostbarem
Material hergestellt, wurde es dem Bischof nicht
mit ins Grab gegeben, es vererbte sich vielniehr
von einem Bischof auf den ander», und so blieb
dasselbe Nationale in einer Kirche oft Jahrhun-
derte lang im Gebrauch. In den ältesten Zeiten
mag man übrigens in einzelnen Kirchen den
Bischof nach seinem Tode doch mit dem Nationale
bekleidet haben; so würde sich wenigstens der
häufige Wechsel der Form mit Leichtigkeit er-
klären. Sicherheit in dieser Frage könnten nur
die Gräber selbst geben.
Wie allen Kültgewündern, so wurde auch bcm
Nationale von den mittelalterlichen Liturgikern
eine s y m b o l i s ch e Bedeutung beigelcgt. Am
kürzesten ist dieselbe ausgesprochen teils in dem
Gebete, unter dem der Bischof es anlegt, teils
in den Inschriften und Darstellungen, womit eS
verziert wurde. Nach der Missa Flacci lllyrici
ans dem Ende des >0. Jahrhunderts betete der
Bischof: Da nobis, Domine, veritatem firmiter
relinere et doctrinam veritatis plebi tuae är-
mster aperire.-) Diese» Worten zufolge ist also
das Nationale ein Symbol der Wahrheit, die der
Bischof soivohl selbst allzeit treu bewahren, wie
auch dem Volke unverfälscht verkünden soll. Diese
älteste Symbolik ist eigentlich selbstverständlich,
wenn man den Ursprung des Nationale berück-
sichtigt. Wie das alttestamentliche Nationale die
Worte trug „Lehre und Wahrheit", welche „die
Wissenschaft und Heiligkeit sinnbildete», die der
Hohepriester besitzen sollte",") so mahnte auch das
ecclesiarum infra tuam parochiam necnon etiam
ordinationibus clericorum, in anniversario de-
dicationis l’adelburgensis Ecclesiae et in fac-
ti vitate Sancti Liborii. M i g n e, 1’. L. 1175, 18(5.
*) Caeremoniale Episcoporum 1. I c. 1(5 (ed.
1902) p. 73. Wenn der Erzbischof innerhalb
seiner Provinz stirbt, wird es auf die Kasel ge-
legt, wenn außerhalb, unter das Haupt.
2) Martine, De antiquis Ecclesiae ritibus
1. I c. 4 art. 12 ordo 4; (ed. Anlwerp. 1736)
1. 493.
3) Exod. 28, 30. Vergl. Allioli zu dieser
Stelle.
nentestamentliche Nachbild den Bischof zunächst
zum treuen Festhalten an der Wahrheit, dann
aber zum eifrigen Streben »ach Vollkomnienheit.
Diese doppelte Bedeutung erklärte Honorius von
Autun und nach ihm Sicard von Creinona mit
folgenden Worten: Das Nationale mahnt den
Bischof, durch Verstand hervorznragen, durch
Weisheit, Einsicht und Geduld Christo nachzu-
streben, und durch Lehre und Wahrheit sich aus-
zuzeichnen; sodann aber auch den Glanz der
Tugenden zu verbreiten, in der Heiligkeit Nach-
folger der Apostel zu sein und das gesamte
Noll beim heiligen Opfer dem ewigen Vater
zu empfehlen.') Der Quell aber, aus den, so
edles Streben hervorsprudelt, zugleich die schönste
Blüte des christlichen Lebens, sind die drei gött-
lichei, Tugenden, zumal eine glühende Liebe;
manifestieren muß ein Vorgesetzter den Unter-
gebenen gegenüber seine Vollkommenheit besonders
durch Hebung der vier Kardinaltugendcn, nament-
lich durch eine gleichmäßige, vorurteilsfreie Be-
handlung aller. Und so wird das Nationale ge-
radezu zu einem Symbol dieser Tugenden; denn
die Worte: „Lehre und Wahrheit" finden wir
auf dem Nationale zu Krakau, Eichstätt und Pader-
born. Auf dem Eichstätter sind außerdem noch
genannt die vier Kardinaltngenden und die drei
göttlichen Tugenden, auf dem Paderborner ge-
staltet der Räum nur die -Eides- und »Carstas«
zu nennen. Der Bischof von Krakau bittet beim
Anlegen des Nationale, daß er mit Gottes Hilfe
stets Billigkeit und Gerechtigkeit üben möge.
»Circumda nie Domine fulei arinis, ut ab iiii-
quitatum sagillis erutus valeain aequitatem et
iustitiam custodire. Per Christum!«
Die Krone aller Tugend und das „Band aller
Vollkommenheit" bildet die göttliche Liebe; die
Liebe bleibt auch im Himmel, wenn das Glauben
sich in Schauen verwandelt, das Hoffen in Be-
sitzen. Achnliche Gedanken veranlaßten wohl zur
Anbringung der herrliche» Allegorie auf de»
Nationalien zu Bamberg, Negensburg und MUn-
chen, deren Darstellung und Erklärung wir oben
bereits angeführt haben. Irren wir nicht, dann
liegt der Darstellung aber auch eine symbolische
Bedeutung zu Grunde, indem der Bischof er-
mahnt wird, die schönste aller Tugenden eifrig
zu üben und durch die Liebe die ihm anver-
trauten Seelen de», göttlichen Lamme znznführen,
mit dem die geretteten Seelen dereinst im himm-
lischen Jerusalem Hochzeit feiern werde». Ist ja
doch die Liebe nach einem schönen Worte Bossnets
nicht nur das Kennzeichen jener wohltätigen Hand,
ans der wir alle hervorgegangen sind, sondern
zugleich auch das vorzüglichste Mittel, um andere
Menschen zu gewinnen für uns und für Christus.
Zur Erklärung jener Darstellung können wir uns
wohl an keinen bessern halten, als an Honorius
') Gemma aniinae 1. I c. 213. Migne 1.
c. col. 008: Monet autem rationale pontifiam
ratione vigeie, auro sapientiae, hyacintho spiri-
tual i s intelligentiae, purpura patientiae in
Christum (qui coelum palma mensurat) lendere
liebere, doctrina et veritate radiare, gemmis
virtutum coruscare, duodecim apostolos sancti -
täte imitari, totius populi in sacrificio rc-
cordari,