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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 22.1904

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Nr. 9
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Kleinschmidt, Beda: Das Rationale in der abendländischen Kirche, [7]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15937#0116

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Bischof. 1865 bestieg Lavigerie, der spätere be-
kannte Kardinal, den Bischofsstuhl von Nancy-
Toul; er wandte sich nach Nom um Bestätigung
des alten Privilegs und erhielt sie auch, obwohl
er sich zur Begründung seiner Petition nur auf
die angebliche traditionelle Verleihung des Super-
humerale durch Papst Leo IX. berufen konnte.
Für das neue, jetzt in Nancy gebrauchte Super-
humerale diente als Vorlage ein Monument des
hl. Mänsuetus in der Krypta des Domes zu
Toul aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts.
Es ist ein runder, seidener Schultcrkragen mit
Goldstickerei, der über der Kasel getragen und
vorn durch eine goldene Spange zusammengehalten
wird. Der innere Rand des Kragens ist a jour
gearbeitet und wird bedeckt durch ein schinnles
Band, das die Worte trägt: l’ater et Filius et
Spiritus Sanctus. An diesem schmalen Bande
befinden sich zwei halbkreisförmige Schulterblätter;
diese ivie auch der äußere Aland sind mit Gold-
sransen besetzt. An dem äußeren Rande sind
außerdem noch vier kurze Behänge angebracht,
je zwei auf Brust und Rücken. Die ganze Arbeit
ist mit Blumen und Ranken in Goldstickerei sowie
mit Edelsteinen verziert.')

Zum Schluß könnte man noch die Frage auf-
werfen: durfte Bischof Menjoud von Toul-Nancy
das Nationale nach der langen Unterbrechung
ohne vorhergehende Erlaubnis von Nom wieder
trage» ? Dürften also z. B. die Bischöfe von
Würzburg und Negensburg, ohne eine päpstliche
Konzession einzuholen, sich wieder mit der uralten
Jnsiguie ihrer Kirche zieren ? Praktisch hat man
in Toul-Nancy die Frage durch den tatsächlichen
Gebrauch entschieden und zwar, ivie es scheint,
auf Grund des hohen Alters dieses Vorrechtes.
Tatsächlich begründet ja auch die lange Dauer
des Gebrauches ein Recht, das selbst durch zeit-
weise Verzichtleistuug der Ausübung des Rechtes
nicht verloren geht. Es würde also nach unserer
Meinung nichts im Wege stehen, daß die Bischöfe
von Würzburg und Regensburg von ihrem ur-
alten Vorrechte wieder Gebrauch machen und sich
mit der ehrwürdige» Jnsiguie schmücken.

Unter den bischöflichen Jnsigien ist das Ratio-
nale zwar eine der jüngsten, aber wohl die in-
teressanteste. Entstanden unter dem Einfluß der
liturgischen Bestrebungen zur Zeit der Karolinger
und durch das Verlangen einzelner Bischöfe, ein
dem erzbischöflichen Pallium und dem levitischen
Ephod analoges Ornatstück zu schaffe», hat es
eine nur geringe Verbreitung und nur äußerliche
Aehnlichkeit mit dem Pallium erlangt. Zwar
wurde es wie jenes nur in der feierlichen Messe
und an bestimmten Tagen gebraucht, aber es
war und blieb bloßer Schmuck, während das
Pallium für den Erzbischof das Symbol der
Vollgewalt ist. Erfreulich aber ist es, daß die
altehrwürdige Jnsiguie nicht gänzlich aus der
bischöflichen' Kultgewandung verschwunden ist,

i) S. Abb. in meiner Studie über das Ratio-
nale zu Toul in „Zeitschrift für christl. Kunst"
XVI, 275.

sondern noch heute gewissermaßen als Erinnerung
an eine für den Glanz und die Pracht des
äußern Kultus hochbegeisterte Zeit sich wenigstens
an einigen Orten erhalten hat.

Literatur.

Das Nitllale von St. Florian ans
dein zwölften Jahrhundert mit Einleitung
und Erläuterungen, herausgegeben von
Ad. Franz. Freiburg. Herder. 8 M.
Gegenüber dem lebendigen Interesse, das z. B.
in England und Frankreich der Erforschung der
mittelalterlichen Liturgie entgegengebracht ivird,
ist in Deutschland seit M. Gerberts, des gelehrten
Fürstabtes von St. Blasien Zeiten, kein mittel-
alterliches handschriftliches liturgisches Auch mehr
veröffentlicht worden.

Mit der vorliegenden Publikation macht der
bekannte Verfasser der „Messe im deutschen Mit-
telalter" den Anfang zur Beseitigung jener Rück-
ständigkeit. Das Rituale von St. Florian (Ober-
österreich) hat er gewählt, iveil dieses in vortreff-
licher Weise den Typus der Ritualien des zwölften
Jahrhunderts repräsentiert. Besonders interessant
ist der Umstand, daß aus-demselben Chorherren-
stifte auch ein Rituale des 14. Jahrhunderts vorliegt,
so daß ivir in der Lage sind, die int Grund ge-
nommen geringen Wandlungen der Liturgie durch
zwei Jahrhunderte genau zu verfolgen.

Für den Kulturhistoriker besonders wichtig sind
die alten Benediktionsformeln des kalten und
heißen Wassers, des Feuers :c. bei der Vornahme
der Ordnlien. Aber auch der Kunsthistoriker findet
feilte Ausbeute in ven fünf trefflich ansgeführten
Farbendrucktäfeln, die dem Buche beigegeben sind.
Dieselben bieten uns hochinteressante Miniaturen
aus einem Lambacher Rituale des zwölften Jahr-
hunderts. Da sehen wir dargestellt die Bene-
dictio peregrinorum, die Kindertaufe, die Probe
des kalten Wassers und des glühenden Eisens,
die Vorsegnung einer Wöchnerin und deren feier-
liche Wiedereinführung in die Kirche. All diese
religiösen Genrebildchen sind in ziemlich sicheren
Strichen im allgemeinen gut gezeichnet, ja der
Gesichtsansdruck ist einigemal vorzüglich, so der
des Schreckens und der Angst bei dem Unglück-
lichen, der seine Hand nach dem dargebotenen
glühenden Eisen ausstrecken muß. Die Technik
ist die damals namentlich im eigentlichen Bayern,
aber auch teilweise in Oesterreich vorherrschende
Federzeichnung in Schwarz und Rot.

Die vorliegende Publikation ist nicht nur eine
Tat auf dem Gebiete der Geschichte der mittel-
alterlichen Liturgie, sondern wegen der beige-
gebenen Tafeln auch vom Standpunkte der Kunst-
geschichte freüdigst zu begrüßen.

B. __ D.

lsiczn eine Knusibeilage:
Glasgemälde in der Kirche zu Lförbranz.

Der/ganzen Auflage liegt ein Prospekt der
CS I tu e r t scheu ll n i v.-B n ch h a n d l u n g in M a r-
burg bei, betr. Statuen der hl. Elisabeth
a u s d e r S t. E l i s a b c t h k i r ch c i n 2)i a r b u r g.

Stuttgart, Buchdnaterei der M.-SK „2>cuiM)e3 SottäMatt",
 
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