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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 1
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Detzel, Heinrich: Maria im Aehrenkleide, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0013

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ältesten Darstellungen, ganz kurz erscheint.
Ein schmales Gürtelband hängt
meistens über die ganze Länge des Ge- j
mandes herab. Oben um den Hals ist
das blaue Gewand mit einem breiten
Zierkragen versehen, der meistens in
Spitzenfvrm oder auch in einen Strah-
lenkranz anslänft. Endlich ist allen
diesen Bildern noch gemeinsam, daß die
jugendliche Gestalt jungfräulich aufgelöste,
am Rücken lang und voll abfal-
lende Haarflechten trägt. Wie wir
aus verschiedenen Inschriften an solchen
Bildern sehen werden, wollen alle diese
Darstellungen die Gottesmutter noch als
Teinpeljnngfran von Jerusalem
abbilden. Die Apokryphen erzählen näm-
lich über die Kinderjahre Mariens, daß
sie als kleines Mädchen von ihren Eltern
Joachim und Anna infolge eines Gelüb-
des in den Tempel nach Jerusalem ge-
bracht worden sei, damit sie dort dem
Herrn als Tempeljnngfrau diene. Die
älteste diesbezügliche Darstellung fand man
auf einer Marmorplatte eingraviert in der
Krypta des hl. Maximin bei Tarascona
in der Provence. Wir sehen hier nach
den Abbildungen ') eine stehende Mädchen-
figur mit aufgelösten, auf die Brust herab-
fallenden Haaren, die Arme zum Gebet
ausbreitend, lieber der Tunika, deren
Aermel an der Handwurzel sichtbar sind,
trägt sie ein faltiges Obergewand mit sehr
weiten Aermeln. Eine Inschrift sagt:
Maria, die Jungfrau, Tempeldienerin zu
Jerusalem. Das Monument wird dein
vierten, spätestens dein fünften Jahrhundert
zugeschrieben. Diese Darstellung wäre
wohl die älteste Borlänierin unserer spätern
„hl. Jungfrau in: Aehrenkleide" und wie
Graus meint, „der rechte mittelalterliche
Vorläufer der spätnüttelalterlichen Jmma-
culatabilder."

Wir wollen nun zuerst die hauptsäch-
lichsten Mariendarstellungen dieser Art,
wie sie sich in der oben bezeichnelen Lite-
ratur finden, hier anführen und einige
weitere Exemplare solcher Bilder, die wir
seitdem getroffen, anfügen. Es muß die
Gruppe dieser Aehrenkleidmadonnabilder
noch ziemlich groß sein und wenn auch
an vielen Orten solche Gemälde aits den

Kirchen verschwunden sind, mögen noch
manche in den Museen oder im Privat-
besitze anzntreffen sein. Ihre Standorte
sind, wie die Aufzählung zeigen wird, be-
sonders der Hauptstraße nahe, welche
von Süddeutschland nach Oberitalien führt,
hauptsächlich im Gebiete der Salzburger
Erzdiözese und in Bayern. Was in
Steiermark sich treffe, meint Graus, dürfte
von Salzburg hergekommen sein, für die
Fundstätten, Budweis, Brünn n. s. w.
wäre ein direkter Verkehr mit dem mai-
ländischen Gebiete anzunehmen.

Das älteste dieser Bilder nun wäre
das in Straßengel bei Graz.') Die
Kirche dort, eine Stiftung des Zisterzienser-
klosters Nein, stammt aus der Hochblüte
der Gotik nnb wurde 1355 eingeweiht.
Dieser Zeit des Kirchenbanes gehört auch
wohl das Bild an, das jetzt den Hoch-
altar ziert. Die heilige Jungfrau erscheint
auf diesem Bilde, einer Holztafel, in auf-
fallend kindlicher Gestalt, angetan mit
einem überlangen Kleide von blauer Farbe,
besät mit Goldähren, eines gerade ab-
schließenden Faltenwurfs, das in eine lange
Schleppe ausläuft tmd mit einem schmalen
Gürtelband hoch unter der Brust aufge-
gürtet ist. Ein eigentümlicher Spitzen-
kragen umfängt den Hals. Die gelösten
Haare wallen daran herab. Die in engen
Aermeln steckenden Arme sind zum Gebet
gefaltet. Eine Kopie von diesem Bilde
befindet sich in einem Flügelaltärchen von
c. 1470 zu Köslach bei Graz. Daszweit-
älteste Bild wäre in Gelbersdorf bei
Moosburg in Bayern; es wird von vr.
Sighart in die Zeit vor 1400 verlegt
und trägt eine erklärende Randschrift, die
nach Sighart (Mitteilungen der k. k. Zentral-
kommission 1896) die kürzeste wäre unter
den Inschriften, welche viele dieser Bilder
tragen, und also lautet: „Das ist die
Jungfrau am Tag, wo sie vermählt war".

Ein weiteres solches Bild befindet sich
in der Marien- jetzt Redemptoristenkirche
in Budweis, das ein Bürger Wenzel
1410 von Beuna im Piemontesischen da-
hin gebracht haben soll. Die erklärende
Inschrift lautet hier (nach einem Büchlein

') S. die Abbildung. Die Klischees zu diese»
und den vier folgenden Abbildungen verdanken
wir der Güte der Verlagsbnchhandlnng Styria
in Graz.

') Bei Lehne r, Taf. VIII, 77. Liell, S. 174.
 
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