Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

DOI Heft:
Nr. 2
DOI Artikel:
Detzel, Heinrich: Ein neues Mosaikbild in der Liebfrauenkirche zu Ravensburg
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0024

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
17

Ei» neues Rlosaikbild in der iieb-
franenkirche 311 Ravensburg.

Im November des letzten Jahres wurde
in der Frauenkirche zu Ravensburg
ein Bildwerk fertiggestellt, das als ein
Kunstwerk ersten Ranges, als eine musivische
Arbeit monumentalen Charakters bezeichnet
werden muß, nämlich ein großes Ai 0 saik-
b i l d am Tympanon, dem Raume über beut
Chorbogen der Kirche. Wir sehen hier
in majestätischer Gestalt Christus, von
einer großen Mandorla umgeben und die
Hände weit ausbreitend. Er trägt ein
weißes Gewand in groß angelegtem Falten-
wurfe, an seinen Händen sieht man die
Wundmale, sein Hanpt ist von einem
goldenen Kreuzesnimbus umgeben und
auf seinem Angesichte prägt sich der Cha-
rakter göttlicher Hoheit und Würde aus.
Als fürbittend zu seiner Rechten kniet die
hl. Jungfrau in blauem Gewände, zu
seiner Linken der hl. Johannes der Täufer.
Das die ebenso einfache als großartige
Komposition, wie sie Meister Gebhard
Fuge! entworfen hat.

Diese Art der Darstellung wird ge-
wöhnlich mit dein Namen „Jüngstes
Gericht" bezeichnet und es seien zur
näheren Erklärung dieses Bildes folgende
ikonographische Bemerkungen gestattet: Im
vierten Jahrhundert finden wir ans den
Katakombensarkophagen und auf Elfen-
beinen vielfach die Darstellung des Herrn,
wie er inmitten seiner Apostel thront. In
der nachfolgenden Zeit wurde dieser Dar-
stellung das Motiv der Erdkugel und der
Iris (Regenbogen), später der Mandorla
hinzugefügt und so sehen wir denn in
dieser Zeit und auch das ganze Mittel-
alter hindurch den Erlöser, wie er ent-
weder ans der Erdkugel oder auf bem
Regenbogen thront, während die Apostel
dann nicht mehr neben, sondern unter
den Herrn gesetzt wurden. Es war diese
Darstellung weitaus eines der beliebtesten
Sujets der christlichen Kunst gewesen. Es
wurde in dieser Gestalt der Erlöser als
der Rex gloriae bezeichnet, als der in
seiner Majestät thronende, von einem
Strahlenkranz umflossene oder von der
die himmlische Glorie versinnbildlichenden
Mandorla umgebene K ö n i g. Diese Maje-
stas Domini, wie sie auch genannt wird,

i begegnet uns in den Portalgiebelfeldern
und in den Chornischen der Kirche, auf
Buchdeckeln und Elfenbeinplattcn, auf
Sarkophagen und in Handschriften, und
überall bezeichnet diese Gestalt das Sym-
bol der herrschenden Kirche, überall ist sie
der freudige Ausdruck der siegreichen Kirche
gleichsam für den Artikel ihres Credo:
»Ascendit ad coelum, sedet ad dex-
teram Dei«. Schon zu Ende des vierten
Jahrhunderts hatte der hl. Hieronymus
die symbolische Bedeutung des Rex gloriae
sehr eingehend in seinen Kommentaren zu
Jesaias, Ezechiel, Daniel, Matthäus n. s. w.
erörtert: alle Elemente der späteren Dar-
stellungen der Majestas Domini, das
Sitzen auf dem Throne, bezw. auf den:
Regenbogen, die Umgebung u. s. w. treten
hervor (z. B. Com. in Dan. c. 7 : »vesti-
[ mentum ejus candidum quasi nix et
capilli ejus quasi lana munda. Thronus
ejus flamma ignis, rotae ejus ignis ac-
census, fluvius igneus rapidusque egre-
! dietur a facie ejus.«); er hat auch den
Ausdruck Gloria Dei sive majestas (in
Ezech. c. 10).

Im Laufe der Jahrhunderte nun, wohl
schon vom tt. Jahrhundert an, wurden
diese Darstellungen erweitert und wir sehen
jetzt nicht bloß den Apostelchor, bald als
Lämmer, bald in menschlicher Gestalt,
unter der Majestas Domini erscheinen,
sondern wir finden schon Scenen ausge-
nommen, die Beziehungen zu dem Jüngsten
Gerichte haben, so z. B. die Auferstehung
der Toten, wo dann die Guten zur Rechten
des Herrn, die Bösen zur Linken ge-
ordnet werden. Wir haben dann den
weitern Satz des Glaubensbekenntnisses:
unde venturus est judicare vivos et
mortuos. Im 8. Jahrhundert kommen
daun zu dieser Scene die zwei Posaunen-
engel (irisches Manuskript von St. Gallen),
während im 0. Jahrhundert eine Elfen-
beinplntte (im Museum zu London) dazu
die Inschrift hat: venite benedicti patris
mei pcipite regnum vob’ (Matth. 25, 34).
Ganz neue Motive zum Jüngsten Gerichte
bringt dann die gewaltige Darstellung dieses
Gegenstandes aus dem 12. Jahrhundert
im Dome der Insel T o r c e l l o bei Venedig,
wo rechts von Christus die hl. Jung-
frau, links der hl. Johannes der
Täufer, beide die göttliche Milde für
 
Annotationen