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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0031

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24

eine Schar schwarzer Teufel ohnmächtig empor. >
Cherubim, welche zu beiden Seiten von Marias
Füßen in Reihen aufgestellt sind, halten ihnen
kristallene Schilde entgegen. Die rechts und
links vom Kopfe der Jungfrau schwebenden Engel
tragen Ketten von aneinander gereihten Bildchen,
auf ivelchen noch sinnbildliche Bezeichnungen
Marias angebracht sind. Also immer noch das
schwerfällige Beiwerk. „Aber jetzt näherte sich die
religiöse Begeisterung der würdigen Form für ihr
Ideal, ivenn sie auch i» einzelnen Punkten zu
sehr mit der künstlerischen Ueberlieserung brach.
Es genügte ihr das Bild der über alles Irdische
erhaben dastehenden Jungfrau. Selbst die ans
der geheimen Offenbarung stammenden Zeichen
treten sehr zurück. Nur der Mond zu ihren
Füßen bleibt, während die Schlange höchstens in
der Tiefe ohnmächtig dräut. An die Sonne
erinnert nur mehr der goldfarbige Lichtton, von
dem sich aber die noch hellere Gestalt in weißem
Gewände leuchtend abhebt. Das Himiuelsgewölbe
»in die Jungfrau herum wird von den Engeln
ohne symbolische Beigaben belebt. Das ist die
Darstelluugsform von Murillo (><i18—lk>82), in
dessen Geist so viele Bilder des 19. Jahrhunderts
gemalt sind."

Wir haben den Inhalt dieses Abschnittes etwas
genauer angegeben, weil wir aus diese Weise
nnsere früheren Artikel über die Bilder der un-
befleckten Empfängnis noch ergänzen zu können
glaubten. Ueberhaupt habe» wir ans dem Buche
sehr viel gelernt; dasselbe dürfte sich namentlich
als Geschenkbaud für Geistliche sehr gut eignen.
Vollmnringen. Reite r.

Die XIV Stationen des heiligen
Kreuzwegs nach K o >np o s iti o n e»
der Maler schul c des Kl o st ers B eu-
r o n , mit einleitendem und erklärendem Text
von vr. Paul Wilhelm v. Keppler,
Bischof von Rottenbnrg. Vierte Ausl.
Frciburg, Herder. Halblwd.-Mappe Mk.l2.
Daß eine künstlerische Publikation wie die vor-
liegende in vierter Auflage erscheinen kann, ist
ein ehrenvolles Zeugnis sowohl für den inneren
Wert des Gebotene» als für den Geschmack
unseres christlichen Volkes. Die Benroner Malerei
scheint zunächst sehr wenig danach angetan, sich
die Gunst eines Publikums von heute zu ge-
winnen. Ihre Werke haben nichts Einschmeicheln-
des, sie bestechen die Phantasie des Beschauers
nicht durch originelle Einfälle, das Auge nicht
durch den Schmelz der Farbe. Kühn bewegte
Gestalte» oder den gemütvolle» Zauber der
Idylle, oder das Derb-Populäre mittelalterlicher
Passionsbilder darf man in ihnen nicht suchen.
Ja, wer sein Auge an den äußerlich und technisch
so vollendet gemachten Werken der Modernen
geschult hat, dem wird an den reliefartig neben-
einander gestellten Benroner Gestalten manches
Steife, manche Härte in Zeichnung und Kompo-
sition nicht entgehen. Der ästhetisierende Schön-
geist, der bloß künstlerischen Genuß sucht, ivird
in dieser Art von Malerei keine volle Befriedigung
finde». Dagegen fühlt der gläubige Christ, mag
ihn auch manches anfangs etwas fremdartig be-
rühren, je länger er diese ernsten Gestalten be-

! trachtet, umsomehr eine verwandte Saite in seiner
Seele mitklingen. Diese Darstellungen der ein-
zelne» Scene» des Leidensweges Christi sind ganz
geboren aus Gebet und Betrachtung und suchen
nicht das Gefallen des Beschauers sondern seine
Erbauung und Andacht zu wecken. Es ist, wie
der hochwürdigste Bischof Keppler in seiner fein-
sinnigen Erklärung ausführt, eine echt „movastische
Kunst". Ei» unnennbar keuscher Hauch liegt
über diesen Schöpfungen, es spricht ans ihnen
der Geist klösterlichen Friedens, klösterlicher Ord-
nung und Entsagung, der bei aller inneren
Strenge doch wieder so liebenswürdig anmutet.
Wir möchten keineswegs wünschen, daß etwa
nnsere gesamte religiöse Kunst diese Bahnen be-
träte, eine N a ch a h m u n g der Benroner wäre
eine unerträgliche Geschmacklosigkeit, aber wir
können es wohl verstehen, wenn der katholische
Stuttgarter, der sich aus dem Gewühle des über-
feinerten Grohstadtlebens in seine Marienkirche
flüchtet, vor diese» Stationen sich in eine Atmo-
sphäre himmlischen Gottcsfriedens erhoben fühlt
und daß ihm dieselben vielleicht gegen eine
Galerie „moderner" Meisterwerke nicht feil wären.

Unter den verschiedenen christlichen „Pracht-
werken" können wir das vorliegende mit gutem
Gewissen immer noch als eines der gediegensten
empfehlen.

B. D.

Klassiker der Kunst in Gesaintaus-

gaben. IV Dürer. Stuttgart, Deutsche

Verlagsanstalt. Alk. 10.

Ein Stück grauen Theoretikers steckt jedem
Deutschen im Blut, die Welt, auch die der Kunst,
inöchte er am liebsten aus Büchern und gelehr-
te» Abhandlungen kennen lernen. Und doch ist
eine einzige, selbständig an den Werken eines
Meisters gemachte Beobachtung für dessen Ver-
ständnis mehr wert als alle aus kunstwissen-
schaftlicher Literatur zusammengelesene Kenntnis.
Nun haben wir auch unseren Dürer in einer
prächtigen und dazu recht billigen Gesamtausgabe,
die unseres Erachtens in der Bibliothek jedes
gebildeten Deutschen stehen müßte. Der Text
des Buches ist mehr Nebensache, doch bietet er,
von vr. Scherer geschrieben, in aller Kürze das
Wichtigste aus des Meisters Leben und Schaffe».
Wir schlagen die Bilder auf, in 447 trefflichen
Reproduktionen ziehen die Gemälde, Kupferstiche,
Holzschnitte an uns vorüber, darunter viele, denen
wir hier zum erstenmal begegnen. Da tritt er
uns entgegen; der ganze Dürer, ehrlich-bescheiden,
treuherzig, manchmal unbeholfen und fast spieß-
bürgerlich und dann wieder so tiefsinnig und
gedankengewaltig, — das rechte Abbild des
Deutschen. Möge der vorliegende stattliche Band
der großen Gemeinde der Dürer-Verehrer recht
viele neue Freunde und Anhänger werben.
Dem rührigen, opferwilligen Verlag sei schließlich
»och eine Bitte vorgelegt. Bei der Dürer-Aus-
gabe fanden auch Stiche und Holzschnitte Berück-
sichtigung. Wie wäre es mit einem Ergünzungs-
band zu „Rembrandt": „Stiche und Radierungen"

Hiezu eine Kunstbeilage:

Weissenau: Maria im Aehrenkleid.

Stuttgart, Buchbrnckeroi der Alt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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