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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 3
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Gageur, Oskar: Maria vom Blute: ein italienisches Gnadenbild im Schwabenland
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0039

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ist dieselbe: Ritrato della Imagine . . . .
de Re ... •

Offenbar ist demnach die Verbreitung
des Bildes in unsere Gegend nicht von
Re selbst ausgegangen, sondern von Klat-
lan, nachdem sich dort das Blutivunder
wiederholt hatte.

Für Bergatrente ist diese Annahme ver-
bürgt. Aach einer Aotiz des Herrn Dekans
Eggmann wurde das dortige Bild im
Mai 1686 (also schon ein Jahr nach jenem
Wunder) dem damaligen Pfarrer Joh.
Michael Weitinger von dessen Schwager,
dem Klattauer Bürgermeister und Orga-
nisten Joh. Jakob Teplitz zngesandt. Der
Pfarrer baute dann die Kirche dem Bild
zu Ehren um.

Das Dillinger Bild wurde 1607 von
einer fremden Bauersfrau zuerst einem
Bräuhausverwalter verkauft, der es nach
einenr Traume dem im Bau begriffenen
Kapuzinerkloster schenkte. (S. das Gnaden-
bild .... in Dillingeu, Verlag von Aller,
Donanwörth 1880 S. 24.) Schon die
Jahreszahl legt es nahe, daß auch dieses
Gnadenbild der allmählich sich ansbreiten-
den Verehrung des Klattauerbildes seinen
Ursprung verdankt, obwohl in dein Wall-
fahrtsbüchlein nur von Re, nie aber von
Klattan die Rede ist. Die vollständige
Gleichheit (abges. von der goldenen Krone)
mit dem Klattarrerbild und Verschiedenheit
von dem photographischen Bild von Ne
schließen vollends jeden Zweifel ans. Die
Bemerkung in dein Dillinger Wallfahrts-
büchlein S. 24 und 39, das Bild sei
„eine ganz treue Kopie des ursprünglichen
Gnadenbilds in Ne" bedarf also der Re-
striktion ans das Wesentliche.

Das Pragerbüchlein über das Klattauer-
bild (jedenfalls nicht vor 1712, der spä-
testen darin datierten wunderb. Heilung)
enthält auf seinem Titelblatt auch eine
„interpretatio literarum super imagine
cruenta“.

Danach bedeuten die Initialen auf dem
Mantel der Madonna:

Virgo

Virginum, Maria
Ave
Ave

Paradisus

Voluptatis.
Ave, Honor
Virginitatis.
Jesu Mater
Virgo
Ave.

Da die Abkunft des Klattauer Bildes
und der von ihm abstammenden deutschen
blutende» Madonnenbilder vom Gnaden-
bild in Ne historisch feststeht, scheint die
starke Differenz zwischen diesem und jenen
noch eine Erklärung zu fordern. Nach
dem Prager Büchlein hat der erste Besitzer
des Klattauer Bildes, bald nachdem er es
ans Ne empfangen, einige Aenderungen an
demselben vornehmen lassen, indem er sich
„knyend auf einer Seithen, ans der andern
aber sein Eheweib abmahlen" ließ, „in-
gleichen die rechte Brust der Mutter Gottes,
so entblößet war (gleichwie das Bild int
Welschland gcmahlet wird) verstreichen"
ließ. Letztere Notiz erscheint nicht recht
glaubhaft, da weder am Klattanerbild eine
Spur einer solchen Uebermalnng, noch am
Original in Re eine Spur jenes „welschen
Brauches" wahrzunehmen ist, — dieser
auch in eine solche Madonnendarstellnng
sehr schlecht Hineinpassen würde.

Eines aber wird dieser Notiz zu ent-
nehmen sein und zur Erklärung der Dif-
ferenzen dienen können: zweifellos ivnrde
das Blutbild zu verschiedenen Zeilen man-
cherlei Umbildungen unterworfen. Die
vielen mit mehr oder weniger Kunst ge-
fertigten, mehr oder weniger getreuen
(vielleicht auch zuweilen an andere alle
Marienbilder sich anlehnenden) Kopien
halfen auch mit, den ursprünglichen Stil
und Charakter zu verändern.

Das Fehlen der erhobene!: Rechten mit
der dreifachen Rose erklärt sich durch das
aus Seite 29 angebrachte Volivporträt,
das unter dein Mantel Schutz finden
sollte. Auch unseren schwäbischen Bildern
fehlen die zwei Porträts, aber die
Klattauer Stellung ist sonst unverändert
geblieben.

Vorstehendes mag Anstoß geben zu
weiteren Nachforschungen über dieses ike-
nographisch und legendarisch interessante
Marienbild, welches einst auch im schwä-
bischen Volke wohl bekannt war, im Laus
der Zeiten aber samt seiner Legende fast
ganz in Vergessenheit geriet. Auch die
Andachtsbilder haben ihre Geschichte.
 
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