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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 5
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Osterritter, Theodor: Alte Brunnen mit kirchlichen Beziehungen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0060

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50

ftutiic von MoseS, das Wasser aus beut
Felsen schlagend.

Frankreich besitzt in der Fontaine
Louis XU. in Blois ein hervorragendes
gotisches Brnnuenwerk, daS jetzt leider
nach einer ganz gehörigen Wiederher-
stellung, welche dem ehenials so malerischen
und echten alten Kunstwerk die ganze
Patina des Alters raubte, das Auge des
empfindenden Beschauers nicht mehr so
recht erfreuen will. Der Brunnen baut
sich, mit der Rückwand an eine Mauer
gelehnt, in verschiedenen Abstufungen ans.
lieber den mittleren Teil des Brunnens
zieht sich eine Blendgalerie aus Drei-
pässen, über den oberen Teil eine reiche
Maßwerkgalerie mit dem Lilienwappen der
Bourbonen. In der Mitte des Oberbaues
und als Krönung des Brunnens ist eine
mit schönem Baldachin versehene Nische
angebracht, unter der die Figur der hei-
ligen Jungfrau stand. An den beiden
Ecken des Brunnens standen in Doppel-
nischen unter reichen Baldachinen die
Figuren von Heiligen.

Ein reizender Brunnen ans dem 16. Jahr-
hundert befindet sich in Saint-Jean-du-
Doigt in der Bretagne. Ein dreistufiger
Unterbau trägt das schön profilierte Becken,
das an seinem oberen Rande Masken als
Verzierung trägt. Inmitten des Beckens
erhebt sich die schöne Brunnensäule, welche
eine mit Masken als Wasserspendern ver-
sehene Schale trägt, aus der sich ein
reizender Aufsatz entioickelt. Dieser Auf-
satz ist in seinem unteren Teile mit kleinen
Heiligenfiguren umgeben und trägt zwei
kleine, sich übereinander ansbauende, fein
gearbeitete Schalen, die ringsum dicht mit
Köpfchen als Wasserspendern verziert sind.
Als Abschluß dieses Aufsatzes ist oben die
Figur eines segnenden Heiligen angebracht.

Ronen besitzt noch verschiedene inter-
essante alte Brunnen, darunter auch die
1861 wiederhergestellte Fontaine de la
Crosse, welche in eine Wandnische ein-
gebaut ist und von einer trefflichen Statue
der heiligen Jungfrau überragt wird.

Im Städtebild der alten Stadt in
Deutschland spielte der Brunnen eine
wesentliche Rolle, nicht allein wegen seiner
Bedeutnng einer guten. Wasserversorgung,
sondern er bildete in vielen Fällen durch
seinen künstlerischen Schmuck eine Zierde

der Stadt. Auch untren die Brunnen
außerdem gewöhnlich die Sammelpunkte
kleinbürgerlichen Lebens. Beint Brunnen
wurden die Neuigkeiten des Tages er-
örtert und Hymen spann dort ihre Fäden.

Vielfach begegnen wir bei beit Brunnen
in Deutschland kirchlichen Reminiszenzen.
So gleich bei einem der ältesten Monn-
mentalbrunnen Deutschlands, dem Schönen
Brunnen in Nürnberg, au dem 1385
bis 1306 gearbeitet wurde, und an dem
Heinrich der Palier tätig gewesen sein
soll. Aus der Mitte des achteckigen
steinernen Unterbaus steigt die achteckige,
filigranartig durchbrochene Steinpyramide
ans. Zierliche, in schlanken Fialen
endende Strebepfeiler, leichte, mit zart
durchbrochenem Maßwerk geschmückte Wim-
perge, schlanke Spitzbogenöffnnngen und
der anmutige Helm geben dem ganzen
Werke ein überaus zartes und feines Aus-
sehen. Dazu kommt noch der reiche
Figurenschmuck des Brunnens. Unten die
sieben Kurfürsten und die Figuren von
neun Helden aus der Geschichte, oben
Moses und die sieben Propheten. Diese
letzteren Figuren sind ganz hervorragende
Arbeiten von bedeutendem Kunstwert. An
dem Brunnen selbst ist nur noch weniges
im Original vorhanden, was bei der
Wiederherstellung entfernt wurde, kam in
das Germanische Museum.

Noch älter als der Nürnberger Schöne
Brunnen ist der Brunnen ans dem
Hradschiu in Prag, der auf Veran-
lassung des kunstsinnigen Karls IV.
1373 von Georg und Martin von
Clussenbach in Bronze hergestellt wurde.
Dieser Brunnen zeigt als Bekrönung das
Reiterstandbild des hl. Georg, wie er dem
Drachen die Lanze in den geöffneten Nachen
bohrt. Die Neiterstatue des Heiligen in
halber Lebensgröße ist von einer Lebendig-
keit, einer Feinheit und Sorgfalt der Aus-
führung bis in die kleinsten Einzelheiten,
die wohl von keinem andern Kunstwerk
jener Zeit erreicht wird.

Braunschweig besitzt einen Brunnen
aus dein Anfang des 15. Jahrhunderts,
der das Gegenstück zum Schönen Brunnen
in Nürnberg bildet. Gilt dieser mit Recht
als der schönste gotische Monumental-
brunneu Süddeutschlands, so ist jener der
schönste gotische Monumentalbrunnen Nord-
 
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