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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 5
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Büöler, Franz Johann: Ein Gang durch restaurierte Kirchen, [30]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0064

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Entwürfe zu der ganzen Restauration,
welche dann Herr Zeichenlehrer und Archi-
tekt S t e t t e r hier in natürlicher Größe
zeichnete, wonach dann hiesigen Meistern
die Ausführung übertragen werden konnte.

Bildhauer Binder in Ehingen fertigte
den neuen Hochaltar aus Eichenholz samt
Beschlag (ohne Figuren) für 1140 Mark.
Die Bemalung und Vergoldung desselben
übernahm Maler Münch hier wie auch
die der Nebenaltäre.

Eingerechnet die brillante Wiederher-
stellung der beiden in die Stadtpfarrkirche
zurückversetzten Nebenaltäre belaufen sich
die Gesamtkosten auf annähernd 9000 M.
Ersammelt und gestiftet wurden etwa
5704 Mark; 150 Mark wurden für den
alten Hochaltar ohne die Figuren erlöst.
Die Stiftung des neuen Hochaltars und
die Restauration des Spethfchen Altars
übernahm Stadtpfarrer Ströbele auf seine
Kosten im Betrag von 2641 Mark.

Der Hochaltar hebt sich jetzt wirkungs-
voll von einem Teppich ab, dessen Rot mit
der Vergoldung schön harmoniert und einen
warmen Grundton für das Ganze abgibt.
Die Predella bekam einen Tabernakel für
alle künftigen Eventualitäten, die Haupt-
nische darüber enthält die alte Haupt-
gruppe des früheren Hochaltars. Martinus
(Kirchenpatron) mit dem charakteristischen
Federhut, einen Armen mit der Hälfte
seines Mantels bekleidend; links und rechts
stehen die beiden Apostelfürsten, lieber
dein Baldachin steht Martinus als Bischof
mit dem Bettlerchen; diese Figur, un-
zweifelhaft auch ans dem ursprünglichen
Altar stammend, war bisher auf einem
Tisch am Chorbogen aufgestellt. Auch
St. Martin mit der Gans fehlt nicht;
ein Glasgemälde hinter der Rückwand
des Marienaltars liefert diese ikono-
graphische Vervollständigung.

Die Renaissance-Kassettendecke des Chors
stört den einheitlichen Eindruck nicht; sie
ersetzt ein Netzgewölbe und ist jetzt in
wohlgestinnnten Tönen gefaßt. Die Teppiche
am Sockel der Seitenwände sind grün
gemalt. Der Helle Grundton darüber ist
Creme. Die Schilder mit Brustbildern
zeigen den hl. Joseph und den Namens-
patron des Restaurators, den hl. Missions-
bischof und Märtyrer Maximilianns. Ein
Goldgrund würde diesen Figuren weit

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besser anstehen als der trübe blaue, und
zum Rot des Teppichs besser stimmen —
er soll diesen Sommer auch wirklich an-
gebracht werden.

Den: aufmerksamen Beobachter wird
die Helle Beleuchtung des Chores auffallen.
Diese rührt von einer im Schiffe unsicht-
baren Lichtguelle her, nämlich zwei Fenstern,
welche hinter der Rückwand der Seiten-
altäre sehr praktisch verborgen sind. Fenster
im Chore bewirken ja sonst meist das
Gegenteil von dem, wozu sie angebracht
sind. Altar und Rückwand erscheinen
dunkel im Vergleich mit den strahlenden
Fenstern selbst.

Treten wir nun zurück ins Schiff, so
ist es unzweifelhaft, daß die drei n> o n u -
mentalen Gemälde Kolbs es sind,
welche der e i g e n t l i ch e n B e st i m m u n g
der Gottesackerkapelle ihren richtigen
Ausdruck geben.

lieber dein sehr einfach gehaltenen
Marienaltar (nur Leuchterbank und Nische
für die thronende Mutter mit dem Himmels-
kinde) sehen wir die im Geschmacke Burgk-
meiers oder Holbeins (entsprechend bem
Zeitalter des Kirchenbaus: Nebergang der
Spätgotik in die Renaissance) meisterhaft
gemalte Kreuzabnahme.

Der durch den Glauben geläuterte
Schmerz der heiligsten Mutter und der
Freunde Jesu wird in dieser Darstellung,
den vielen Leidtragenden, welche sich nach
den Beerdigungen zu einigen Minuten
stiller Sammlung in die Kapelle begeben,
teilnahmsvoll znm Herzen reden. Eine
stumme, aber beredte Trostpredigt hält
ihnen sodann das herrliche Auferstehungs-
bild über dem Josephsaltar, in ihm ist
die feste Zuversicht ausgesprochen: „Ich
weiß, daß mein Erlöser lebt und ich
werde am jüngsten Tage auferstehen."
An diesen Tag erinnern zwei Engel,
welche über dem Chorbogen mit der
Posaune die Toten ans ihren Gräbern
zum Gerichte rufen. Es ist in sichere
Aussicht gestellt, daß im Anschluß an diese
Engel friesartig oben eine Auferstehung
der Toten gemalt werden soll, etwa wie
sie Meister Führich in seinen Kompositionen
zur Nachfolge Christi dargestellt hat.

Sehr praktisch ist unter der Emporen-
brüstung jetzt ein eisernes Gitter ange-
bracht, nun kann die Kapelle nicht bloß
 
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