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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 6
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Detzel, Heinrich: Die Schweizer Scheiben im Kloster Wettingen bei Baden, [1]
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Büöler, Franz Johann: Ein Gang durch restaurierte Kirchen, [31]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0070

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59

Throiius zeigt vollständig romanische Orna-
mentik. Es ist ein wunderbar zartes Bild-
chen, ein Motiv voll niittelalterlicher Innig-
keit und Lieblichkeit.

Die zweite Darstellung (bl III 16) ist
in eine SechSpaßrosette hineinkomponiert
und es thront auch hier die heilige Jnng-
fran mit dem Kinde auf einem romani-
schen Sitze. Sie hat hier blaues Ober-
nnd gelbes Untergewand, während das
weißgekleidete Kind ebenfalls auf ihrem
Knie steht und einen iveißen Krenzesnimbns
trägt. Es scheint hier ein ähnliches Aiotiv
wie bei dem ersten Bildchen vorzuliegen,
jedoch bei einer Neuverbleiung eine Ver-
änderung gemacht worden 311 sein. Bor
dem Bilde kniet ein betender Mönch, wie
der „Führer" meint, vielleicht Abt Volker,
unter dessen Negierung (1278-1304) im
Jahre 1294 die zweite Einweihung der
inzwischen in allen Teilen ausgebauteu
Abtei stattfand. Da ihm aber der Abt-
stab fehlt, sind wir eher geneigt, in dem
Mönch den Glasmaler des Klosters zu
sehen. Dieser Frühzeit der Glasmalerei
gehören ferner »och zwei Dreipaßfenster
mit den Brustbildern Christi und Mariens
in Madaillonformen an (bl VII48 und 49).
Christus trägt den goldenen Kreuzesnimbus
und blaues Ober- und rotes Untergewand,
die heilige Jungfrau rotes Ober- und gel-
bes Untergewand und weißen »opfschleier.
Man steht ans den Bildchen, daß der
Glasmaler keine Gewandtradition der
Farbe nach kennt, sondern unr nach glas-
malerischen Prinzipien verfährt.

Was die technische Behandlung dieser
frühesten Scheiben anlangt, so ist sie noch
eine ganz mosaikartige, es sind nur Hütten-
gläser verwendet und auch die gelbe und
rote Farbe ist, wenn ich recht erkennen
konnte, nicht silbergelb, respektive lleber-
fangglas, sondern wir haben nur in der
Fritte gefärbte Gläser. Bei den Figuren
ist von jeder plastischen Behandlung und
fast von jeder Modellierung abgesehen;
sie sind nicht plastisch abgerundet, springen
nicht hervor und treten nicht gleichsam
körperlich ans dein Hintergründe heraus;
in Fleisch und Gewandung wirkt nur der
schwarze Zeichnungsstrich, der je nach der
Bedeutung, die ihm znfüllt, sich in größerer
oder geminderter Stärke bewegt. Auch das
Blattwerk ist streng stilisiert, weder Blätter

noch geometrische Ornamente sind model-
liert, überall mir Flachmalerei.

Schon einer weiter vorgeschrittenen Tech-
nik gehört eine kleine viereckigeScheibe
an im neunten Fenster (bl IX 65), die
nur in Grisaille mit Silbergelb behandelt
ist und zeigt, wie Abt Rudolf Wülfinger
(1434—1445) den hl. Bernhard verehrt.
Der Heilige mit goldenem Nimbus und
in schwarzem Habit kniet mit einer An-
zahl seiner Ordensgenossen vor einem Kruzi-
sixus, der seine Hände von den Kreuzes-
armen losgelöst hat und im Begriffe ist,
den Heiligen zu umarmen, ein Sujet, das
uns in den Glasgemälden zu Wettingen
öfter begegnet. Das Kreuz ist aus Silber-
gelb wie auch der Nimbus des Heilandes,
während der Korpus desselben weiß ist.
Rechts kniet der Donator, betend den Abt-
stab haltend und mit dem Spruchband
versehen: domne miserere mei, vor sich
sein Wappen mit einem Wolf (Wülfinger).
Der Hintergrund des Ganzen ist weiß und
mit Blattornament damasziert. Diese
Scheibe bildet technisch und zeitlich gleich-
sam den Uebergang zu der zweiten Gruppe.

(Fortsetzung folgt.)

Ein Gang durch restaurierte Airchen.

27.Gottesacke rkapellezuSt.M artin
bei Ehingen.

Von Professor B ü ö l 0 r in Ehingen,
f Schluß.)

Der Vorstand des Diözesanknnstvereins,
unser jetziger hochw. Bischof Paul Wilhelm
v. Keppler, war es, welcher 1888 diese
Perle entdeckte und an der oben zitierten
Stelle weitere Kreise ans den Fund auf-
merksam machte. Leider unterblieb die
dort in Aussicht gestellte Wiederherstellung
bis 1902. Auch dieses Kunstwerk wider-
legt die Behauptung, daß die echte deutsche
Renaissance vorwiegend bunte Farben zur
Dekoration verwendet habe. Als Maler
Münch dahier den Spethschen Altar genau
untersuchte, zeigte sich zunächst, daß die
sichtbare Fassung eine Uebermalung der
ursprünglichen war; sie war zum Glück
nicht kompakt anfgetragen, d. h. der Altar
war nicht zuvor gereinigt und abgeschliffen
worden; auch hatte man nicht mehrere
dünne Farbenaufträge, welche besser haften.
 
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