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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Die Schweizer Scheiben im Kloster Wettingen bei Baden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0087
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76

Capittel der löblichen S. Verena Colegiat
St ift Zurzach“ hat 1624. Die größere»
Abteien schenkten Doppelscheiben, ähnlich
wie die Stände im Jahre 1579, wovon
die eine das Wappen, die andere eine
Darstellung ans dem Leben Ai a r i ä
enthält, angefangen mit „Joachim und
Anna unter der goldenen Pforte" bis
„Mariä Krönung". Die Inschrift ist durch-
gehend ; bei den einfachen Scheiben findet
sich das Klostermappen dagegen neben der
Inschrift. In technischer Beziehung sind
die Bilder fast ganz mit Schmelzfarben
gefertigt, nur hie und da findet man noch
blaues, violettes oder grünes Hüttenglas,
man sieht nicht mehr den Farbenschmelz,
die Pracht und den Zauber des früheren
Farbenspiels, auch macht sich mitunter
eine ziemlich rohe Buntheit bemerkbar und
in den Fleischteilen sieht man fast überall
das bräunliche Not.

Schließlich möchten >vir noch die Frage
beantworten, welche Stellung zu r
christlichen Kunst unsere Cchweizer-
scheiben im Klostergange zu Wettingen
einnehmen. Alan hat eigentümlicherweise
die Entwicklung der Schweizer Klein-
malerei als eine Art Ablösung der kirch-
lichen Glasmalerei, als eine vollkommene
Trennung von letzterer, dieselbe gewisser-
maßen als eine der Herkunft und de»l
Endzweck nach rein iveltliche Kunst hinzu-
stellen gesucht und dieselbe vielleicht nicht
zum wenigsten um dessentwillen gepriesen.
Allein die Schweizer Glasmalerei kann
ihren kirchlichen Ursprung durchaus nicht
verleugnen, wenn auch zugegeben werden
muß, daß sie späterhin vorherrschend zu
weltlichen Zwecken verivendet wurde. Zeigen
doch schon, wie Dr. Oidtmann weiter be-
merkt, die aus der zweiten Hälfte des 15.
Jahrhunderts stammenden Schiffenster der
Kirche zu Hiltersingen am Thnner
See in der Hauptsache die ausgesprochene
Technik der zu einem bestimmten Begriff
gewordenen Schweizer Glasmalerei.

„Aber auch später ist sie zum großen
Teil ihrem ganzen Wesen nach eine christ-
liche Kunst geblieben. Ohnedies bildeten
seit Beginn der Schweizer Glasmalerei
bis zu ihrem Verfall Arbeiten für Kirchen-
fenster, ich will nicht behaupten den vor-
wiegenden, aber gewiß einen sehr beträcht-
lichen Bruchteil der Gesamtleistungen,

Stuttgart, Vuchdrullrret der 31

welche ich in ihrer malerischen Anordnung
inmitten einer Hellen Verbleiung der heu-
tigen, manchmal recht nüchternen, bald
buntscheckigen Bleiverglasung vorziehen und
zur Nachahmung warm empfehlen möchte.
Nicht nur daß die frühesten Scheibenwid-
mungen in Kirchen wanderten, selbst später,
nachdem die eigentlich monumentale Glas-
malerei mit dem spätgotischen Chorfenster
zu Hindelbunk (bei Bern) ans dem
Jahre 1519 und mit dem Renaissance-
Fenster von 1530 in St. Saphorin
(am Genfer See), zum Abschluß gekommen
war, wurden unzählige Wappen und Bild-
schenknngen in „Schweizer" Malweise in
Kirchen eingesetzt." ')

Daß unsere Wettinger Fenster einen
durchaus christlichen Charakter zeigen, sehen
wir aus bem Inhalt ihrer Darstellungen,
ivie auch ans den Personen der Geschenk-
geber und -Nehmer. Es sind ja Klöster
und kirchliche Stiftungen, deren Kreuzgänge,
Refektorien und Kapitelsäle den gläsernen
Fenjterschmnck erhielten, umgekehrt sind
Aebte und Aebtissinnen, Prälaten und
Stiftsherrn mitsamt der übrigen Geistlich-
keit als Geschenkgeber ausgetreten. Nicht
minder war es aber auch der fromme
Sinn des Bürgertums, welcher den gleichen
christlichen Zug in der Schweizer Glas-
malerei bekundete. Wo immer wir in
Wettingen Stände »nd Städte ihre Ehren-
schilde schenken sehen, wo Zünfte und
Einzelpersonen dort als Stifter anf-
tretcn, da finden wir auch christliche An-
klänge, sei es in den Schildhaltern und
Zwickelbilderu der Wappen oder in den
Einfassungen der Nnndscheiben. Welch
herrliche Heiligenbilder sehen wir nur allein
in de» Staudesscheiben der 13 Orte von
1579; es sind immer die Landesheiligen
und Schutzpatrone der betreffenden Städte
auf den Wappen oder Fignrenscheiben an-
gebracht als Zeugen christlichen Sinnes
der betreffenden Geschenkgeber. Die herr-
lichen Wettinger Scheiben allein schon be-
weisen, daß in der Schweizer Glasmalerei
ein Zug echt christlichen Gefühles liegt
und daß sie daher auch vom Standpunkte
der christlichen Kunstgeschichte aus höchste
Beachtung verdienen.

') Sr. Di bt ui an it, Geschichte der Schweizer
Glasmalerei, S. 1(J.

t.-Ges. „Deutsches BolIäDlatl“.
 
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