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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 8
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Beck, Paul A.: Ueber die sogenannten "Livres d'heures", [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0088

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tscrausgegeben und redigiert von Pfarrer Dctzel in St. Lbristina-Raveusbiirg.

Verlag des Rotteuburger Diözesaii-Auiistvereiiis;
Rvmiiiifsionsverlaa von Friedrich Alber in Ravensburg.

Jährlich 12 Nummern. Preis durch die Post halbjährlich M. 2.05, ohne
lm* O Bestellgeld. Durch den Buchhandel sowie direkt von der Verlagshandlung
•*'*' * Friedrich Alber in Ravensburg pro Jahr M. 4.10. ' ^'

Beck, lieber die sogenannten
»Livres d heures«.

Unter beit Miniaturen des Mittelalters
nehmen die unter dem Namen Livres
d’heures (Horaria, Horarien, Stnnden-
luicher, Tageszeitbücher ec.) bekannten An-
dachtsbücher eine hervorragende Stelle ein.
Den Namen auf die Stunden (horae)
fuhren sie, weil sie die ans die „sieben
kanonischen Stunde n" (liorae cano-
nicae) Prima (Sonnenaufgang, etwa um
6 Uhr nach unserer Zeitrechnung), Tertia
(nach Verfluß des ersten Tagesviertels,
also ungefähr um 9 Uhr), Sexta (nach Ab-
lauf des halben Tages, mithin um 12 Uhr),
Nona (wenn drei Viertel des Tages vor-
über sind, sonach annähernd um 3 Uhr),
Vespera (um Sonnenuntergang), das
Completorium (mit 9 Uhr abends), die
Matutina et I.audes (beim Tagesanbruch,
also noch vor der Prim) vorgeschriebeneu
Gebete enthalten. Es sind also Nachbil-
dungen des Breviers (Zeitbuchs) der Geist-
lichen, beziehungsweise ein Auszug aus
demselben, eine Art Laienbrevier, welche
aber — im Gegensatz zum eigentlichen
Brevier — die Gebete auf die einzelnen
Tageszeiten etwas kürzer und unter Aus-
schluß der Matntin nebst Landes sowie
der Vesper und Complet, welche nicht zu
den eigentlichen Stnndengebeten zählen,
das sogenannte kleine Offizium, dabei fast
immer das der Gottesmutter geben; das
Horarium wird oft geradezu mit dem
Namen »officium B. Mariae Virg.« be-
zeichnet. Ihre Entstehung wird in das
14. Jahrhundert, wenn nicht noch früher,
zu setzen sein; ihre Blütezeit fällt in

die zwei folgenden Jahrhunderte. Sie
kommen in fast allen damaligen Knltnr-
ländern vor, also nicht bloß in Deutsch-
land , sondern auch in den Nieder-
landen, Spanien, Italien, England
und vor allem in Frankreich. Bis zur
Erfindung der Buchdrnckerkunst und noch
über dieselbe hinaus, bis Ansgang des
15. Jahrhunderts waren sie mit der
Feder sauber geschrieben und gezeichnet,
beziehungsweise verziert. Die Sprache
war, vornehmlich in der ersten Zeit ihres
Erscheinens, die lateinische als Kirchen-
sprache; in der Folge tritt aber an deren
Stelle immer mehr die jeweilige Landes-
sprache; manchmal ist die Sprache ge-
mischt, d. h. es kommen zwischen den la-
teinischen Gebeten auch solche in der je-
weiligen Landessprache vor. Den An-
fang macht in der Ziegel der K a l e n -
der, in welchem gewöhnlich jeder Mo-
nat nach den bezeichneten Festen und
Heiligcntagen nebst einer Erklärung der
Monatszeichen und Monate, in Versen
Gesnndheits- und Verhaltungsregeln, die
sogenannten „ M o n a t s r e g e l n " ent-
hält. Dergleichen Regeln und Ratschläge,
zur Kunst gehörig, das menschliche Leben
zu erhalten und zu verlängern, im Ge-
schmacke der sehola Salernitana, schrie-
ben zu damaligen Zeiten Mönche und
Kalendermacher nach Belieben und gerne
vor. Solche Kalendarien waren, wie ich
bereits in einer früheren Arbeit in
diesen Blättern, XII. Jahrgang, 1894,
S. 67/68 über „schwäbische Miniatur-
maler" dargetan habe, schon im 12. und
13. Jahrhundert den damaligen Psalterien
und Brevieren häufig beigegeben.
 
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