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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 8
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Beck, Paul A.: Ueber die sogenannten "Livres d'heures", [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0090

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fürstlichen Bibliotheken sowie auch in
einzelnen Klöstern erhalten, die natur-
gemäß von Anfang an geschont und be-
wahrt wurden und heutzutage als unbe-
zahlbare Schätze gehütet werden.

Das Berliner Knpferstichkabinett allein
ist an solchen geschriebenen und gedruckten
Gebetbüchern (so nur aus der ehemaligen
Hamiltonschen Sammlung 25 Stück) sehr
reich. Ebenso weist die gräflich Stol-
bergische Bibliothek zu Wernigerode eine
stattliche Anzahl, meist französischer Her-
kunft, auf.

Gewöhnliche Exemplare finden sich da-
gegen selten mehr vor, da solche stark be-
nützte, abgegriffene Stücke längst dem
Zahne der Zeit 511111 Opfer fiele». Eine
Katalogisierung zunächst all der zahlreichen
heutzutage in den Bibliotheken zerstreuten
»IXvres d’heu res« wäre ein für die
Geschichte der Miniaturknnst verdienstliches
Unternehmen, um dann auf Grund der-
selben eine Untersuchung und Beschreibung,
insbesondere unter Berücksichtigung des
etwaigen Unterschieds in den Ausgaben
der einzelnen Länder, geben zu können.
In Frankreich sollen im abgelaufenen und
gegenwärtigen Jahrhundert immer noch (in
Lille rc.) gedruckte »livres d’heures« bezw.
Nachahmungen von solchen in modernisier-
ter Form mit Zuhilfenahme feinen Far-
bendruckes heranskomme». In Deutschland
ist es aber eine Seltenheit, wenn so etwas
nur aus Liebhaberei hergestellt wird; so
ließ der kunstsinnige König Ludwig II. von
Bayern in den 1860er Jahren zwei kost-
bare handschriftliche altdeutsche Gebetbücher
mit wundervollen Miniaturen von den
Kunstmalern Fleschütz und v. Lossow in
München für sich fertigen. Eines derselben,
das von Meister Fleschütz hergestellte Exem-
plar, wurde nach dem Ableben des unglück-
lichen Königs vom „Britischen Museum"
in London um 37 000 M. nngekauft
(„Rottenburger Past.-Bl." VIII, 1890,
Nr. 5, S. 20). Gedrucktes dieser Art gab
einiges der in den 1880er Jahren f, um
altdeutsche Reproduktionen verdiente Re-
dakteur und Verleger Dr. Alois Hnttler
in Augsburg heraus. So reich die Lite-
ratur über Miniaturmalerei an sich ist, so ist
doch dieselbe in Bezug ans diese hvres
d’heures noch nahe beisammen. Da sie
bloß der Privatandacht dienten, fehlen

sie in den systematischen Arbeiten über
die offiziellen liturgischen Bücher; so
erwähnt Bä um er in seiner Geschichte
des Breviers (Freiburg bei Herder,
1885) ihrer gar nicht. Einiges ist in
der vortrefflichen Abhandlung von Karl
Gielow über „das Gebetbuch Ka iser
Maximilians I.", welches im „Jahr-
buch der Kunstsammlungen des österreichi-
schen Kaiserhauses" XX (1899), S. 30 ff.,
101 ff. zu finden ist, welches indes kein
hvre d’heures im eigentlichen Sinne des
Wortes ist. Dieses Maximiliansche Gebet-
buch ganz eigener Art hatte seinerzeit
Schönsperger in Augsburg mit aller
Erlesenheit seiner Typenknnst für den ge-
nannten Fürsten im Jahre 1514 hergestellt.
Die einzelnen Exemplare desselben wurden
durch die erfindungsreiche und gewandte
Hand Dürers und Cranachs (in der
Münchener Bibliothek) sowie durch Hans
B a l d u n g Grien (Bibliothek von Be-
faiigoit) mit den mannigfaltigsten Rand-
verziernngen in Federzeichnung ausgestattet.
Die einzige uns bekannt gewordene iu-
struklive Abhandlung über diesen Zweig
der Miniaturknnst findet sich im „Jahrbuch
der preuß. Kunstsammlungen" V (1884,
Berlin, Weidmannsche Buchhandlung,
S. 128—145) und Vl (1885, S. 22 - 38):
„Die gedruckten illustrierten Ge-
be t b üch e r des 15. und 16. Jahrhunderts
von W. v. Seidlitz" (s. übrigens auch: „Ein
Augsburger Wiegendrucker — Erhard R a-
t 0 ldt — " von Beck im „D.-A." IV, 1886,
Nr. 7/8). Kürzlich hat der bekannte Kunst-
schriftsteller P. Stephan Beissel, S. J.,
in der „Zeitschr. f. christl. Kunst" von
Dr. A. Schuütgeu, XVIII (1905), Heft 2
und 3, S. 33—70 und 65 — 70, eilte
Arbeit über „Das Gebetbuch des Fürsten zu
Salm-Salm in Anholt", mit Abbildungen
von acht Miniaturen, veröffentlicht und
damit das Augenmerk wieder auf diesen
Zweig der Miniaturmalerei gelenkt.

Diese »hvres d’heures« wurden, wenn
sie auch schon der Zeit vor der Buch-
druckerkunst angehören, anch nach der-
selben im Drucke hergestellt und die Ver-
zierungen, bezw. Illustrationen (Vignetten,
Ränder und Figürliches) meist in Metall-
schnitt, weniger in Holzschnitt gegeben,
welche dann nicht selten mit der Hand
anfgemalt wurden. Im ersten Augenblick
 
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