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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 8
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Reiter, Joseph: Kümmernisbild in Kentheim?
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Beck, Paul A.: Beck. Das Meßpult (Missalpult)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0095

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84

schaumig gebracht wird. Wir habe» näm-
lich die Beobachtung gemacht, daß bei
bildliche» Darstellungen aus dem Mittel-
alter heilige Märtyrer oder Märtyrinneu
öfters als au eine Art Kreuz augebuudeu
oder augeheftet erscheine». So ist z. 81.
das Martyrium der hl. Katharina in
einem aus dem 14. Jahrhundert stammen-
den Seiteuschiffsfeuster des Münsters zu
Freiburg in ähnlicher Weise abgebildet
wie in Keutheim. Die gekrönte Heilige
hat den Oberleib entblößt; ihre Hände
sind mit Stricken augebuudeu. Rechts
vom Kreuze sind zwei Figuren, von welchen
die gekrönte einen drohenden Gestus macht,
während die Figur auf der linken Seite die
Rechte zum Schlage erhoben hat (Zeitschrift
„Schauiusland" Jahrg. 1902 S. 120).

Beck Das Aleßpull (lNissalpult).

In der vom 20.—27. Oktober v. I. zur Ver-
steigerung gebrachten berühmten Sammlung der
Gebrüder Bourgeois zu Köln, bczw. in deui
von dem Kunstauktionsinstitut der Gebr. I. M.
Heberle (H. Lempertz'Söhne) ausgegebenen Pracht-
katalog (Köln a. Rh. 1904. Druck von M. Dumont-
Schauberg) erregte unter den „Antiquitäten" ein
6,5 cm hohes, 31 cm langes, 27,3 c„> breites silber-
nes Mestpültchen mit Ziselierung und Vergol-
dung das besondere Interesse des kunstliebenden
Publikums, welchem der Kat. (S. 88/89) folgende
Beschreibung leider ohne Beigabe einer Abbildung
widmet: „Bier an de» Enden angebrachte Füße
in Form doppelter Löwenpranken tragen den
profilierte» Sockel der Leibung. Ilm diese zieht
sich friesförmig eine edelstilisierte, schwungvolle
Welleurauke. Darin auf der Vorderfläche ein
Wappenschild in Grubenschmelz: 2 Rosetten im
oberen Felde auf weißem, im unteren auf rotem
Grunde. Den Nahmen überragt ein Zinnenkranz.
Die zur Aufnahme des Buches bestimmte, auf-
stellbare Platte zeigt im Flachrelief ausgeschnitten
eine Krönung der Maria: auf gotischer Bank
sitzt links Maria, der ein fliegender Engel die
Krone aufsetzt, rechts Christus, sie segnend. Die
Darstellung ist unter einen doppelten, dreigetoil-
teu Bogen postiert, dessen Zwickeln Vierpässe;
unter der Darstellung her zieht sich ein Fries
mit durchbrochenenVierpässcn.in denen kreuzförmige
Rosetten sind." Dieses aus einer alten belgischen
Familie stammende, dann in den t880er Jahre»
in die Alb. v. Oppenheimsche Sammlung in Köln
ttbergegangene, und zuletzt wieder an Bourgeois
zurückgelangte Paradestück hat bereits eine ganze
Geschichte beziehungsweise Literatur hinter sich.
Nachdem ihm der bekannte Kölner Kunstkenner,
Domherr Dr. Alex. Schnütgen in den „Jahrb.
des Vereins von Altertumsfreunden im Rhein-
land", 84. Band, Bonn bei Ad. Marcus 1887,
S. 127—177 eine eigene Abhandlung: „Ein
silbernes Meßpult des 13. Jahrhunderts" mit

einer sehr schätzbaren Einleitung über die ver-
schiedenen kirchlichen Pnltformeu des Mittel-
alters, nämlich über bewegliche und unbewegliche
Lesepulte und eigentliche Meßpulte nebst Ab-
bildung auf Tafel V »och ohne Zweifel an seiner
Echtheit gewidmet, nachdem es bei Rohault <le
Fleury, La Messe, VI Vol. I'I. 193, Paris 1888
als „Denkmal von unvergleichlichem Reichtum
und größter Eleganz" gepriesen wii d, nachdem es
noch 1888 auf der Ausstellung in Brüssel ge-
prangt (Neusens Kat., 1888/ Pabst, Kunstge-
werbcbl.), sollte der hinkende Bote nur zu bald
hintendrein kommen. In einem Artikel: „Ge-
fälschte Kunstwerke" (von Beissel?) in den
„Stimmen aus Maria-Laach", -79. Bd., Jahrg.
1890, S. 280 wurde das famose Meßpultchen
geradezu direkt für falsch erklärt. „Der Gold-
schmied, ivclcher cs verfertigte, war ohne Zweifel
ein guter Arbeiter, aber kein ebenso geschickter
Fälscher." Ilud — auf der i. 1.1902 zu Düsseldorf
stattgehabten Ausstellung galt die Fälschung unter
den Sachverständigen für ausgemacht, auch der
das „Kunstwerk" betreffende Passus im Aus-
stellungskat. ließ sehr zwischen den Zeilen lesen. Das
tat aber alles dem Puttchen keinen Eintrag.
Dasselbe, welches nach dem Ausspruch eines
erprobten Fachmannes einen Wert von nur etwa
4000 M. hat, wurde um den riesigen Preis, den
höchsten, der bei dieser Versteigerung für „Anti-
quitäten" erzielten, von 48500 33!. durch den
Pariser Antiquitätenhändler I. Selig mann
ersteigert. So wäre denn das Prachtstück glücklich
wieder im Kunsthandel und nach der ihm ge-
wordenen Degradation wieder glänzend rehabili-
tiert. Welchen Preis wird dereinst der Lieb-
haber, den es findet, dafür anlege», wenn ein
Händler eine solche Summe dafür zahlt?! Auch
der „Kunstmarkt" ließ sich durch den kolossalen
Preis in seine», Urteil nicht beirren und meldet
in seinem Auktionsbericht etwas einsilbig: „Pult
Nr. 433, ein vielbesprochenes Werk frübgotischcu
Stils, das bei seinem ersten Austauchen i», Kunst-
Handel vor 15—20 Jahren allgemein bewundert
und mehrfach publiziert wurde. Später wurde
es mit kritischeren Augen angesehen und in den
letzten Jahren war das Vertrauen zu seiner Ur-
sprünglichkeit sehr geschwunden." Und — auch
trotz des fabelhaften Preises wird es — wie die
„Laacher Stimmen", 08. Bd., 1905, S. 126 in
einer Notiz „zum Kap. Antiquitätenhandel" mit
Recht meinen — immer »och „Leute genug geben,
die in ihre» Zweifeln so verstockt sind, daß
sie nach wie vor nicht geneigt sind, sich zu be-
kehren und belehren zu lassen."

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