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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 23.1905

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Nr. 10
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Detzel, Heinrich: Die Ecksche Kapelle und die darin aufgedeckten alten Malereien in Mergentheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.15938#0106
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Leidens in c r k z enge Christi tragen.
Jin Mittelalter wurde das Bild des lei-
denden Heilandes oft mit einer größeren
Zahl von Marterwerkzeugen Christi, oft
auch mit den Porträts der bei seiner
Marter aktiv beteiligten Personen um-
geben; man heißt eine solche Darstellung
Waffen oder Wappen Christi (arma Christi,
onsheren wapenen). Die Einführung die-
ser Bilder hangt mit der Einführung jener
Feste zusammen, die zu Ehren einzelner
Leidenswerkzeuge Christi, wie z. B. der
Dornenkrone, der Lanze und der Nägel
n. s. in. seit dem 14. Jahrhundert ge-
feiert werden. Wir haben nun allerdings
hier nicht ein Bild des leidenden Heilan-
des, wohl aber tragen die Engel viele der
Marterwerkzeuge, welche ihn früher um-
gaben. An den Zwickeln der Gewölbe,
welche sich an die Wand anschließen, hal-
ten zwei Engel die Dorn e n k r o n e,
welche dem Heilande aufs Haupt gesetzt
war; weiter hält je ein Engel drei
N ä g e l, mit welchen seine Hände und
Füße durchbohrt waren, eine F a ck e l,
welche bei seiner Gefangennehmung ge-
tragen wurde, einen Geldbeutel, hin-
weisend auf den Verrat des Judas, das
G e w and, über welches das Los ge-
worfen ward, den Speer, mit welchem
am Kreuze seine Seite geöffnet wurde,
den Hahn, welcher krähte, als Petrus
Christum verleugnet hat, das Schwert,
mit welchem Petrus dem Malchus das
Ohr abgeschlagen hat, die Inschrift
1 bl R I, welche oben am Kreuze ange-
heftet war, den P n r p u r m a n t e l, der
dem Heiland zum Spotte angelegt war,
den 3) s o p st e n g e l als Träger des
Schwammes, der dem Heiland an das
(niedrig zu denkende) Kreuz hinanfgereicht
wurde, dann noch andere Attribute, da-
runter wohl Hammcr, Zange u. s. w.,
welche aber ausgelöscht sind. Die Zwickel
im Sterngewölbe des Chörleins haben
sechs Engel, welche folgende Leidens-
werkzeuge halten: die Säule, an
welcher Jesus gegeißelt wurde, die Ruten,
mit welchen er geschlagen wurde, die
Schüssel und den Krug, welche dem
Pilatus bei der Häudewaschung dienten,
die Geißel, mit welcher er an der
Säule geschlagen wurde und das Kreuz,
an welchem er gehangen ist. In einem i

viereckigen Gewölbefelde des Schiffes end-
lich sehen wir noch Veronika mit dem
Schweißtuche, welche selbes dem Herrn
auf seinem Todesgauge darreichte.

III. An den beiden Fensterpfeilern sind
zwei Heilige dargestellt, welche noch leicht
als die beiden Ritterheiligen St. Georg
und St. Michael zu erkennen sind. Sie
sind nach Komposition und Farbengebung
leicht zu restaurieren.

IV. Die Hauptbilder unserer Kapelle
befinden sich in den großen Gewölbefeldern
am Plafond des Schiffes, wo wir scenische
Darstellungen ans dem Leben Mariens
finden. Das Mittelfeld zeigt die Geburt
Mariens (nicht Christi Geburt, wie bis-
her angenommen wurde) und ist vollstän-
dig in allen Figuren und auch am besten
unter allen Bildern auch in der Farbe
erhalten; es wurde früher einmal restau-
riert und teilweise mit Oelfarben über-
malt, aber von tüchtiger Künstlerhand;
und eS braucht deshalb bloß gereinigt
und an einigen lädierten Stellen ausge-
bessert zu werden. Die Komposition ist
eine gewandte, reiche und würdige und
hat ausgezeichnet schöne Köpfe. Die Dar-
stellung zeigt die gewöhnliche Auffassung
deS Mittelalters: die hl. Anna liegt im
Bett, während von einer anderen Frau
und ihren Gehilfinnen Vorbereitungen
zum Baden des Kindes getroffen werden.
Das Bild hat die Umschrift: Nata recens
quantos o quantos anna per umbras
emittit claro radios virguncula vultu
(von einem Mergentheimer Philologen
also übersetzt: „Welch herrliche Strahlen
o Anna entsendet durch das Dunkel vom
leuchtenden Antlitz das neugeborene Mägd-
lein"). Es ist dies das einzige Bild,
welches schon früher sichtbar war, wäh-
rend alle andern Darstellungen wie auch
die zahlreichen Engelsgestalteu unter der
Tünche verborgen lagen.

Im rechtsseitigen Felde von dieser Dar-
stellung findet sich ein neu aufgedecktes
Bild, das schon weniger gut erhalten ist,
doch noch leicht zu erkennen ist und da-
her nach Komposition und Farbe eine
Herstellung vollständig ermöglicht. Es hat
die Darstellung Jesu im Tempel
(Fest Mariä Lichtmeß) zum Inhalt und
jeiijt ebenfalls eine lebhafte aber gute
und ikonographisch etwas eigene Kompo
 
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